Letzte Woche haben sich im Vatikan Naturwissenschaftler, Philosophen, Wissenschaftshistoriker und Kleriker auf einer Tagung gegenseitig ihre Standpunkte zu Evolution und Glauben erklärt. Vor der Konferenz wurde von Kirchenseite deutlich gemacht, bewusst keine Vertreter des Kreationismus oder des “Intelligent Design” eingeladen zu haben. Was bleibt übrig, wenn Evolutionstheorie und Schöpfungslehre, Wissenschaft und Glauben aufeinander treffen?
Am Samstag Mittag ist im Vatikan eine Konferenz zu Ende gegangen. Das Thema war: Biological Evolution – Facts and Theories, ich habe hier schon darüber geschrieben. Die Konferenz verursachte erstaunlich wenig Medienecho, außer den regelmäßigen Blogbeiträgen aus Rom von Ulf von Rauchhaupt auf dem FAZ-Blog Planckton wurde fast nicht berichtet.
Ging es in Rom um die Rehabilitierung Darwins? Ging es um theologische Kabinettsstücken, wie Evolution und die Schöpfungslehre doch miteinander in Einklang zu bringen sind?
Nein. Die nicht eingeladenen Vertreter des Kreationismus und des “Intelligent Design”, sowie William Kardinal Lavadas Worte zu Beginn der Tagung machten deutlich: Es ging primär darum, den Kreationisten die kirchliche Rechtfertigung Ihrer wahnwitzigen Interpretationen zu entziehen. Mit dem Risiko einen Teil der Gläubigen zu verstören. Es ging darum, sich durch stille Duldung nicht noch weiter lächerlich zu machen und somit um Schadensbegrenzung von kirchlicher Seite.
So weit, so gut.
Während sich die Kleriker von Fachleuten darüber aufklären ließen, wie der Mensch tatsächlich entstanden ist, kann man sich förmlich vorstellen, wie sich für die Kirchenleute die Frage aufdrängte: Wenn die jetzt tatsächlich Recht haben, die Wissenschaftler, wozu kommt denn dann Gott überhaupt ins Spiel?
Der Dominikanerpater Jean-Michel Maldamé aus Toulouse weiß eine Antwort. Ulf von Rauchhaupt paraphrasiert seinen Vortrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 08.03.2009 auf Seite 61 mit den folgenden Worten (es geht um die Schöpfung):
[Maldamé machte] im Anschluss an Thomas von Aquin die Unterscheidung zwischen Anfang und Grund. Im Gegensatz zu Ersterem sei Letzterer nicht an einen bestimmten Moment geknüpft, sondern “eine dauerhafte Bedingung von allem, was es gibt, zu jedem Zeitpunkt”. Als solcher stehe der Grund außerhalb von Zeit, Raum und Materie und könne daher auch nicht Gegenstand einer naturwissenschaftlichen Theorie sein. Liest man das Wort, das in den ersten Zeilen der Bibel gewöhnlich mit “Anfang” wiedergegeben wird, als “Grund”, erhält man einen Schöpfungsbegriff, der viel besser zu einer Welt mit biologischer Evolution passt.
Ich sehe dann eher einen Grund, überhaupt nicht mehr von Schöpfung zu sprechen, sondern eben: Von chemischer und biologischer Evolution.
von Rauchhaupt weiter:
Alles kommt von Gott, und alles kommt von den Kräften der Natur”, sagt Maldamé, “und daher ist es auch so unsinnig, Gott dort zu suchen, wo die Naturgesetze etwas nicht erklären können.
Ah. Also wo die Naturgesetze etwas nicht erklären können ist kein Gott zu suchen. Wo sie etwas erklären können braucht es keinen. Wo dann suchen? In der Transzendenz, natürlich!
“Und insofern Leben nicht etwas ist, was seinen letzten Grund in sich selber trägt, bedarf es eines transzendenten Grundes”, so Maldamé – “und den nennen die philosophische Tradition und der christliche Glaube Gott”.
Der Glaube basiert auf einem transzendenten Grund, die philosophische Tradition ist sich da schon nicht mehr ganz so einig, und die Wissenschaft, man höre und Staune, kommt ganz ohne transzendenten Grund aus.
Die Zusammenfassungen der Vorträge kann man hier als
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Foto via flickr (cc).
Weiterer kritischer Blogbeitrag zur Tagung bei Begrenzte Wissenschaft.
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