In Spaniens Schulen wird zur Zeit eine großangelegte Impfaktion gegen HPV durchgeführt. Zwei Mädchen sind kurz nach der Impfung in Ohnmacht gefallen. Impfkritiker wie der Journalist Bert Ehgartner zweifeln die Sicherheit der HPV-Impfung an. Die Zwischenfälle in Spanien haben andere Ursachen.
Für die Impfaktion in Spanien wurde Gardasil, einer der zwei zugelassenen Impfstoffe eingesetzt, die vor Infektionen mit dem Humanen Papillomavirus (HPV), und damit vor Gebärmutterhalskrebs, den Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses (Zervixdysplasie) sowie Genitalwarzen schützen.
Der Impfstoff Gardasil enthält gereinigte Proteine von vier der gefährlichsten HPV-Subtypen 6, 11, 16 und 18, sowie etablierte Adjuvantien. Ein Adjuvans ist ein Trägerstoff, der den Antigenen bei der Bereitung des Impfserums zugegeben wird. Die Immunantwort wird dadurch verstärkt und so der Körper zur vermehrten Produktion von Antikörpern gegen die geimpften Proteine angeregt.
Bei der Impfaktion in Spanien mit 1 146 458 verteilen Dosen sind zwei 14- und 15-jährige Mädchen kurz nach der Impfung ohnmächtig geworden. Genaue Untersuchungen haben laut Paul-Ehrlich-Institut ergeben, dass eines der Mädchen eine Infektion des zentralen Nervensystems mit Herpes Simplex Virus und einen deutlich erniedrigten Kalziumspiegel im Blut hatte. Beides kann zu Ohnmacht führen.
Beim zweiten Mädchen ergab die Untersuchung des Kopfes mit einer Kernspintomographie eine deutliche Asymmetrie der Liquorräume im Gehirn mit Erweiterung des rechten Liquorraumes. Ein Zusammenhang mit der Imfpung wird vom Paul-Ehrlich-Institut in beiden Fällen als unwahrscheinlich bewertet.
Die spanische Regierung hat in Folge der Zwischenfälle trotzdem die entsprechende Charge von 76 000 Impfungen ausgesetzt. Die emeA (European Medicines Agency) rät mit den Impfungen fortzufahren. In Deutschland ist die betroffene Charge nicht auf dem Markt.
Ehgartners Aluminiummission
Der impfkritische Jounalist Bert Ehgartner, der einigen Lesern noch von seinem kurzen Intermezzo hier bei den ScienceBlogs bekannt sein dürfte, wittert einen Imfpskandal und wirft auf seinem Blog dem Paul-Ehrlich-Institut fehlerhafte und schlampige Arbeit vor.
Ehgartner kritisiert die Aussage des Instituts zu den Fällen in Spanien, dass kein biologischer Mechanismus bekannt sei, der das kurzfristige Auftreten der beobachteten Befunde erklären könnte, also den niedrigen Kalziumspiegel, die Herpesinfektion sowie die Asymmetrie der Liquorräume.
Er polemisiert:
Bleibt also die Frage, wann ein epileptischer Anfall, eine Bewusstlosigkeit oder ein plötzlicher Todesfall auftreten muss, um von diesen Gutachtern überhaupt als möglicherweise ursächlich anerkannt zu werden.
Ursächlich anerkannt werden kann nur etwas, das als Ursache in Frage kommt. Es ist aber ausgeschlossen, dass die Impfung die Ursache für die Befunde der zwei Mädchen ist. Bei über einer Million verabreichter Impfdosen ist es rein statistisch eben möglich, dass zwei Mädchen ins Krankenhaus müssen, die kurz zuvor geimpft worden sind.
Auf einer Informationsseite des Paul-Ehrlich-Instituts zur HPV-Impfung wird erklärt, was ein Placebo ist: Entweder dem Placebo fehlt der Impfwirkstoff (wie im Falle der HPV-Studie), oder es enthält einen anderen Impfstoff, so dass die Kontrollgruppe ebenfalls einen Nutzen von der Teilnahme an der Studie hat. Das Paul-Ehrlich-Insitut schreibt:
Beide Ansätze erlauben es, den Anteil an Nebenwirkungen, der auf das Impfantigen zurückzuführen ist, zu ermitteln, da das Impfantigen der einzige Unterschied in der Zusammensetzung von Testimpfstoff und Placebo ist.
Genau so und nicht anders wird wissenschaftlich gearbeitet: Alle Parameter bleiben gleich, nur der eine, den es zu untersuchen gilt, der wird geändert.
Und eben nicht so, wie Ehgartner fordert:
Das wissenschaftlich aussagekräftigste Placebo, nämlich eine Impfung mit einer neutralen Wasserlösung (saline) wird in der Aufzählung nicht einmal erwähnt.
Das wird es zurecht nicht, da eine neutrale Wasserlösung (eher physiologische Kochsalzlösung) einerseits nicht den Impfstoff, aber andererseits auch nicht die nötigen Adjuvantien des Impfstoffs enthält. Es ist also mehr als ein Parameter geändert und ist somit wissenschaftlich überhaupt nicht aussagekräftig.
Was Ehgartner hier versucht, ist seine an den Haaren herbeigezogene Kampagne gegen aluminiumhaltige Adjuvantien fortzusetzen.
Bild via flickr (cc): Histologisches Bild einer Zervikalen Intraepithelialen Neoplasie des Stadiums CIN2. Normales zervikales Gewebe der gleichen Person zum Vergleich hier.
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