Von elf Schülern einer Berufschulklasse aus Lübeck sind nur vier unversehrt von einer Klassenfahrt in die Türkei zurückgekehrt. Zwei Schüler liegen im Koma und einer ist tragischerweise an den Folgen einer Feier im Hotel gestorben. Es wird vermutet, dass die Schüler sich mit Methanol vergiftet haben. Hier die Erklärung, warum Methanol giftig ist.
Wir sind Partyveteranen. Trotz langjähriger Feiererfahrung haben jedoch weder ich noch eine meiner Partybekanntschaften, Freunde oder Trinkbrüder es jemals geschafft, sich ins Koma zu saufen. Das sah bei einer Berufschulklasse aus Lübeck jetzt ganz anders aus. Laut Angaben von Spiegel Online sind von elf Schülern auf Klassenfahrt in die Türkei nur vier unversehrt zurückgekehrt. Sechs Schüler liegen im Krankenhaus, davon zwei im Koma, und ein Schüler ist tragischerweise an den Folgen der Feier im Hotel in Antalya gestorben.
Alkoholexzess in Antalya: Während eine Reise in die Türkei betranken sich Schüler eines Lübecker Berufsbildungszentrums so heftig, dass einer von ihnen starb. Zwei weitere Beteiligte liegen noch immer im Koma. Lehrer, Ärzte und Ermittler suchen nun nach Ursachen.
Akute Todesfälle im Zusammenhang mit handelsüblichen Spirituosen sind eher selten. Die meisten Alkoholtodesfälle gehen entweder auf jahrelangen Konsum in rauen Mengen zurück und mit einer ruinierten Leber einher, oder es handelt sich um besoffene Unfallopfer. Hier jedoch ist ein 21-jähriger Junge über Nacht in seinem Bett gestorben.
Beides, der Todesfall und die Anzahl der Schüler, die ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, machen stutzig, und legen nahe, es kann sich nicht nur um reinen Wodka gehandelt haben, dem die Schüler in übermäßigem Maße zugesprochen haben. Während der türkische Hoteldirektor vermutet, dass andere Drogen im Spiel waren, wird in Lübeck von einer Methanolvergiftung ausgegangen:
Die Lübecker Schulleitung geht nun offenbar von einer Methylalkoholvergiftung der sieben betroffenen Schüler durch gepanschte Getränke aus. Nach Angaben von Eltern hätten türkische Ärzte eine Methylalkoholvergiftung bestätigt, sagte Knoll. Darauf deuteten auch die bei den Betroffenen aufgetretenen Sehstörungen hin.
Für mich scheint ebenfalls eine Methanolvergiftung als plausible Erklärung in Frage zu kommen. Methanol kann bei der Herstellung von Schnaps entstehen und sich bei unsachgemäßer Destillation anreichern. Methanol ist der einfachste Alkohol (siehe Abbildung rechts), und Methanol ist hochgiftig. Getrunken können rund 100 ml bereits tödlich wirken. Also Vorsicht vor allem Selbstgebrannten!
Warum ist Methanol giftig
Gewöhnlicher Ethanol, im Allgemeinen als Alkohol bezeichnet (siehe Abbildung unten) wird im Körper von zwei Enzymen abgebaut. Als erstes wandelt die Alkoholdehydrogenase Ethanol in Acetaldehyd um, die Acetaldehyd-Dehydrogenase sorgt dann dafür, dass Essigsäure aus dem Acetaldehyd entsteht. Essigsäure wiederum kann vom Körper relativ leicht abgebaut werden. Sie wird in den Zitronensäurezyklus eingeschleust und dient als Energielieferant.
Die gleichen Enzyme sind beim Abbau von Methanol ebenfalls beteiligt. Die Alkoholdehydrogenase bildet jetzt aber Formaldehyd, und die folgende Dehydrogenierung hat die Bildung von Ameisensäure zur Folge.
Ameisensäure jedoch ist ein durchaus potentes Zellgift, sie hemmt die Cytochrom-C-Oxidase und blockiert so die Zellatmung (mehr dazu in diesem Beitrag). Weiter sorgt die Bildung und Anreicherung von Ameisensäure für eine Übersäuerung des Bluts. Beides kann tödlich Folgen haben. Ameisensäure kann von einer Folatdehydrogenase zu CO2 abgebaut werden, davon haben wir jedoch nicht ausreichend um einer akuten Methanolvergiftung angemessen zu begegnen.
Es mag ironisch klingen, aber beste Gegenmittel gegen eine Methanolvergiftung ist die Gabe von Ethanol, also gewöhnlichem Schnaps. Die Alkoholdehydrogenase hat eine deutlich höhere Affinität zu Ethanol als zu Methanol, dessen Abbau wird also kompetitiv gehemmt. Das Methanol im Blut wird dadurch nicht mehr zur giftigen Ameisensäure abgebaut, sondern über die Nieren ausgeschieden.
Während die Ergebnisse der gerichtsmedizinischen Untersuchung und die Analyse der gefundenen Alkoholreste in dem Hotelzimmer noch ausstehen, melden sich erste Politiker zu Wort. Laut Spiegel Online findet es der Lübecker Oberbürgermeister Bernd Saxe “erschreckend, dass auf Klassenfahrten so viel Alkohol getrunken werden kann, dass anschließend Menschen sterben“. Wenn der von den Schülern getrunkene Alkohol mit Methanol gestreckt war, hatten sie so gut wie keine Chance.
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Bild oben via flickr (cc)
Strukturformeln von Wikimedia Commons.
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