Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner entscheidet nächste Woche über ein Verbot der transgenen Maissorte MON810. Aktuelle Studien schließen Sicherheitsrisiken sowie einen negativen Einfluss der Maissorte auf die Umwelt aus. Ein Verbot kann also nur politisch motiviert sein. Die Fronten verlaufen nicht unbedingt entlang der Parteigrenzen.
Es ist immer das gleiche, wenn um Gentechnik im Bundestag diskutiert wird. Aktuell ist die transgene Maissorte MON810 auf der politischen Agenda. Mon810 ist ein sogenannter Bt-Mais. Er produziert – gentechnisch verändert – ein Protein, dass spezifisch die Larven des Maiszünslers tötet. Mon810 ist seit zehn Jahren in Europa zugelassen. Letztes Jahr wuchs MON810 auf rund 3200 Hektar, das sind 0.15% der Gesamtanbaufläche für Mais in Deutschland. Weltweit wird auf 35 Millionen Hektar Land gentechnisch veränderter Mais angebaut.
Im aktuellen Fall entscheidet Ilse Aigner (CSU) in ihrer Funktion als Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz über das Verbot des Anbaus von MON810, dem einzigen in Deutschland zugelassenen transgenen Mais. Die Entscheidung wird wohl kommende Woche fallen. Ziel ist es vor dem Aussaattermin zu einer klaren Regelung zu kommen.
Ungeklärte Risiken von MON810
Hintergrund der aktuellen Debatte ist ein Verbot des Vertriebs von MON810 Saatgut aus dem Jahr 2007. Die Zulassung der Maissorte war nach zehn Jahren abgelaufen und musste erneuert werden. Der ehemalige Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) hatte den Vertrieb von MON810-Saatgut in Deutschland aufgrund angeblicher ungeklärter Risiken für die Umwelt vorsorglich untersagt.
Das Verbot wurde aufgehoben, nachdem sich Monsanto, die Herstellerfirma von MON810, zu einer Monitoringstudie verpflichtete, in dem mögliche Auswirkungen auf die Umwelt erfasst werden sollten. Die Einzelheiten des Programms wurden von dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit geprüft.
Diese
liegt nun vor. Darin wurde untersucht, ob der Anbau von MON810 einen Einfluss auf Wildtiere, Vogelvorkommen, Schmetterlingspopulationen, Bienen und Bodeneigenschaften hatte. Ausgewertete Fragebögen, sowie publizierte Studien zu den untersuchten Parametern wurden für die Beurteilung herangezogen. Bei keinem der untersuchten Parameter konnte ein Zusammenhang zwischen dem Anbau von MON810 und der beobachteten Variabilität gezeigt werden:
None of the five networks specifically mentioned MON 810 as an influencing factor in any observed variation in data. Furthermore, an analysis of the available information to determine if the data indicated any effects that may have been caused by the cultivation of MON 810 was conducted. While some fluctuations and variations in populations of game species, birds, butterflies, and honeybees were reported in the data; in no instances could any differences be explained as an effect of the planting of MON 810. In most instances, differences were attributed to the impacts of weather, land use, predators, land disturbance, expansion of agriculture and urbanisation into pristine areas, disease or pesticides.
Die Faktenlage scheint also klar, und die aktuelle Monitoringstudie bestätigt letztendlich nur, was sowieso die Voraussetzung für jede Zulassung transgener Pflanzen durch die EFSA (European Food Safety Authority) ist: Die veränderte Pflanze muss nach den Freisetzungsrichtlinen genau so sicher sein wie die vergleichbare konventionelle Pflanze.
Politik ohne Fakten
Was spricht also dagegen, die transgene Maispflanze erneut zuzulassen? Es sind keine Sicherheitsbedenken, es geht um Politik. Und auch hier, Analog zur Debatte um humane embryonale Stammzellen, verlaufen die Fronten nicht unbedingt Entlang der Parteigrenzen.
Auf der einen Seite stehen Ilse Aigners Parteifreunde aus Bayern, die ein Verbot des Bt-Mais fordern. So sagte Markus Söder (CSU, bayerischer Umweltminister) kürzlich im SPIEGEL Interview: “Wir wünschen uns ein Verbot der Aussaat.” Dies sei “letztendlich auch eine politische Entscheidung und nicht nur eine fachliche“.
Nach einer aktuellen
, die von einer gentechnikkritischen Organisation in Auftrag gegeben wurde, sind 77% der Bevölkerung in Bayern für ein Verbot von MON810. Aus welchen Gründen auch immer. Die Gründe spielen auch gar keine Rolle, wenn es um Wählerstimmen geht. Anfang Juni ist Europawahl, und die CSU versucht bei ihrer Klientel – konservative Bayern – durch die ablehnende Haltung zur Gentechnik und durch direkte Einflussnahme auf Ilse Aigner und damit auf die Bundespolitik zu punkten.
Auf der anderen Seite stehen zum Beispiel die Bundesministerin für Bildung und Forschung Annette Schavan und Angela Merkel, die nicht gerade für eine gentechnikkritische Haltung bekannt sind, sowie der CDU Politiker Peter Bleser.
Bleser hielt kürzlich vor dem Bundestag eine Rede zum Anbaustopp für gentechnisch veränderten Mais. Er wirft darin Renate Künast direkt vor, eine Kampagne durchzuführen, die mit der Verunsicherung der Menschen spielt um politische Ziele zu erreichen.
Wir befassen uns heute in diesem Haus zum 40. Mal seit Januar 2008 mit diesem Thema. Immer wieder die gleiche Leier! Ich frage Sie: Warum machen Sie das? Warum setzen Sie dieses Thema von Sitzungswoche zu Sitzungswoche auf die Tagesordnung? Gibt es noch Detailfragen zu klären? Nein. Gibt es gesetzlichen Änderungsbedarf? Nein. Selbst Sie sehen keinen. Es geht Ihnen also lediglich darum, eine Kampagne durchzuführen und mit der Verunsicherung der Menschen politische Ziele zu erreichen. Das ist Ihr Ziel und sonst gar nichts.
Bleser zitiert eine kürzlich publizierte Fütterungsstudie bei Kühen, in der über zwei Jahre untersucht wurde, ob der gentechnisch veränderte Mais einen Einfluss auf die Kühe hatten. Gentechnikspezifische Komponenten wurden zu keinem Zeitpunkt in der Milch gefunden. Weiter wurde keinerlei Einfluss der gentechnisch veränderten Nahrung auf die Tiergesundheit oder die Fruchtbarkeit der Kühe festgestellt.
Renate Künast wirft ein, ihre gentechnikkritische Politik würde bei den Bauern zu Beifall führen. Peter Bleser ist selbst Landwirt. Direkt an Renate Künast gerichtet macht er seine Meinung zu ihrer Politik deutlich:
Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, sonst hätte ich Ihnen berichtet, auf welchen Namen mein Sohn unsere schlechteste Kuh getauft hat.
Es geht nur noch um politische Grabenkämpfe, Chancen und Risiken der grünen Gentechnik sind längst geklärt. Kann hier noch von verantwortungsvollem Regieren gesprochen werden? In wie weit dürfen ideologische Meinungen bei politischen Entscheidungen berücksichtigt werden? Sollte MON810 verboten werden, kann sich die Bundesregierung jedenfalls auf Forderungen nach Schadensersatz in Millionenhöhe von Monsanto einstellen.
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Zur Monitoringstudie bei Transgen
Zur politischen Einflussnahme der CSU im Spiegel
Bilder via flickr (Mais cc, Bundestag cc)
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