Wie war das Treffen in Lindau, wurde ich gestern gefragt? Es war ja keine wissenschaftliche Konferenz im eigentlichen Sinne. Das Meeting hatte für mich und für viele Teilnehmer einen anderen Zweck: Es diente der Kommunikation, auch mit Autoritäten, und es war eine Anerkennung der eigenen Leistung.
Ich war die ganze letzte Woche in Lindau auf dem Nobelpreisträgertreffen als Blogger. Wer es nicht mitbekommen hat, unten sind meine Beiträge auf dem Nobelpreisträgerblog noch mal gelistet, die vielen anderen dort sind auch lesenswert.
Ich wurde gestern, zwei Tage nach Ende des Treffens gefragt: “Wie war es denn in Lindau?” Gut wars. Es hat Spaß gemacht so zu tun (und so tun zu müssen, der gelben Bandfarbe meines Teilnehmerausweises sei Dank) als sei man Journalist, obwohl man eigentlich doch Wissenschaftler ist.
Während der letzen Tage der Tagung habe ich eine seltsame Art der Distanz zu den Teilnehmern gespürt, die doch wie ich auch Vollzeit in der Wissenschaft tätig sind. Fragen waren nicht mehr von persönlichem Interesse motiviert, sondern von journalistischem, dokumentatorischen Interesse. Ob das Ausdruck eines Mangels an Empathie nach etlichen Gesprächen ist, oder Einbildung dass so ein Journalist denken würde, ist mir nicht klar.
Es war jedenfalls alles wieder vertraut, als ich am letzten Tag die Insel Mainau im Bus verließ, zufälligerweise zusammen mit einem jungen dänischen Wissenschaftler, der ebenfalls auf dem Weg zum Bahnhof in Konstanz war. Wir unterhielten uns über seine Forschung; der Ausweis mit dem gelben Band war da schon in meiner Hosentasche verschwunden.
Ich habe persönlich zwei Nobelpreisträger interviewt. Ich war davor sehr aufgeregt, fühlte mich unvorbereitet und danach war mein Körper spürbar mit Adrenalin geflutet. Die Interviews mit den wissenschaftlichen Autoritäten glichen also Prüfungsituationen.
Während ich bei meiner ersten Vordiplomsprüfung noch eine Stunde vor dem Termin vor Aufregung ins Klo gekotzt habe, war ich in meiner letzten, der Promotionsprüfung, entspannt und konzentriert. Man lernt also mit solchen Situationen umzugehen.
Das geht mir dann hoffentlich so bei weiteren Interviews mit Koryphäen, und das geht jenen teilnehmenden Studenten, die möglicherweise ebenfalls Probleme im unverkrampften Umgang mit Autoritäten haben, hoffentlich auch so.
Das war also der erste Zweck des Meetings: Der Abbau von Barrieren und die Kommunikation zwischen den Generationen.
Ich war erfreut, als ich vor ein paar Monaten in einer kurzen Mail gefragt wurde, ob ich nach Lindau auf das Nobelpreisträgertreffen fahren wollte. Ich habe schnell und spontan zugesagt. Mir war dann im direkten Vorfeld der Tagung dennoch nicht wohl bei dem Gedanken, eine volle Woche nicht im Labor zu sein und stattdessen meinem Hobby, dem Bloggen, nachzugehen.
Ausschlaggebend für mein Erscheinen in Lindau war letztendlich die Anerkennung, die ich mir einbildete durch die Einladung zu erfahren. Vielleicht nicht die Anerkennung für eineinhalb Jahre WeiterGen auf ScienceBlogs, aber die für einige Blogposts, die mich als gute Wahl für diese Tagung erschienen ließen.
Die Teilnehmer der Konferenz mussten mehrere Auswahlrunden überstehen, bevor sie nach Lindau eingeladen wurden. Es gibt keine Möglichkeit, sich initiativ zu bewerben. Wer hin will, muss nominiert werden, und nominieren darf nur, wer selbst von den Veranstaltern nominiert wird.
Eine ausgesprochene Einladung ist also auch eine Anerkennung. Jeder Teilnehmer wird sich sein eigenes “warum ich” konstruiert haben. Sei es die eigene hohe Motivation bei der Doktorarbeit, früh schon außerordentliche Erfolge, oder generell gute Beziehungen zu einem Mentor. Die Möglichkeit nach Lindau zu fahren, dort sich mit intelligenten Menschen aus fast 70 Ländern inclusive 23 Nobelpreisträger zu treffen ist eine Anerkennung der eigenen Leistung, und das motiviert.
Persönliche Anerkennung ist etwas, das in der Wissenschaft nur sehr seltenen Momenten vorbehalten ist. Der Wert dieser Tagung ist daher für die Teilnehmer nicht hoch genug einzuschätzen.
Bei diesem Urteil sehe ich von dem marktschreierischen Werben der zwei südlichsten Bundesländer ab, die in Form des Bayerischen Wissenschaftsministers Wolfgang Heubisch beim letzten Abend in Lindau und eines mir nicht näher bekannten Moderators aus Baden-Württemberg auf der Fahrt zur Mainau, penetrant um die jungen Talente buhlten: “Did you know that without Baden-Württemberg, the movie “Texas Chainsaw Massacre” wouldn’t exist? Because we invented the chainsaw!”
Die Einträge von mir auf dem Nobelpreisträgerblog:
Die wahre Geschichte der Entdeckung von GFP
Audio-Interview mit Martin Chalfie – GFP: past, present and future
Robert Huber – Molekulare Mandalas
Interview mit Robert Huber – Neuland entdecken
Aaron Ciechanover – vom blinden Fischen zur personalisierten Medizin
Hartmut Michel – warum wir atmen, atomar gesehen
24 Stunden: Bayerischer Abend, Bier, Bootsfahrt, Mainau
Pictures from the Get Together Monday night
Beware! German Gastfreundschaft ends if you are not on time
Laptop, Kamera, Handy – Technische Vorbereitungen für Lindau
Oben: Osamu Shimomura (Nobelpreis 2008) mit Frau auf der Mainau
Mitte: Robert Huber (Nobelpreis 1988) beim Interview
Unten: Robert Grubbs (Nobelpreis 2005) vor seinem Foto