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Frauen in Führungspositionen sind in der Wissenschaft stark unterrepräsentiert. Neben dem vom BMBF initiierten Professorinnen-Programm gibt es Datenbanken, in denen Forscherinnen mit ihrem Fachgebiet eingetragen sind. Die relativ neue Datenbank “WILS” speichert europaweit die Daten von Forscherinnen in der Molekularbiologie. Eine Art des Networkings und eine Ressource für Journalisten.

Es ist nicht einmal mehr ein offenes Geheimnis, dass Frauen in Führungspositionen in der Wissenschaft stark unterrepräsentiert sind. In den Naturwissenschaften sind etwa nur 10% aller Professorenstellen von Frauen besetzt.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat deshalb 2008 ein Professorinnen-Programm aufgelegt, nach dem im Zeitraum von fünf Jahren 200 neue Lehrstühle für Forscherinnen geschaffen werden sollen. Das Programm hat ein Volumen von 150 Millionen Euro.

Weiter gibt es ein Kompetenzzentrum für Frauen in Wissenschaft und Forschung, das als nationale Koordinierungs-, Informations- und Beratungsstelle für wissenschaftliche und politische Einrichtungen, Institutionen, Wissenschaftlerinnen sowie Unternehmen dient. Ziele sind ebenfalls die Erhöhung des Frauenanteils in den Führungspositionen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen und die Erhöhung der Effizienz der gleichstellungspolitischen Maßnahmen.

Ein zentraler Teil des Kompetenzzentrums ist die Datenbank “FemConsult“. Dort sind aktuelle, wissenschaftliche Profile von mehreren tausend Expertinnen aller Fachdisziplinen aus dem deutschsprachigen Raum gespeichert, die in Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie in Industrie und Wirtschaft tätig sind.

WILS – Women in Life Sciences

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Seit kurzem gibt es eine ähnliche Datenbank auf europäischer Ebene für die Lebenswissenschaften. Das Ziel der WILS (Women in Life Sciences) – Datenbank ist ebenfalls die Unterstützung von Gleichstellungsmaßnahmen. Europaweit soll die Sichtbarkeit von Frauen, die als Postdoc oder Gruppenleiter in der Forschung tätig sind erhöht werden:

The database aims to help scientists, universities, research institutions, political institutions, conference organizers and journal editors to identify appropriately qualified women scientists:

  • as candidates for professorships and other positions
  • to speak at conferences and in seminar programmes
  • to participate in advisory groups, on monitoring panels, committees and commissions
  • to review manuscripts, to write commissioned reviews and to serve on the editorial boards of journals.

582 Forscherinnen sind in der auf dem Server der Europäischen Molekularbiologie Organisation (EMBO) gehosteten Datenbank schon registriert. Man kann nach Position, Fachgebiet, Land und direkt nach Namen filtern und sich selbstverständlich selbst anmelden. Voraussetzungen sind der Doktortitel und mindestens eine Erst- oder Letztautorpublikation in den vergangenen drei Jahren.

Also, Frauen in der molekularbiologischen Forschung vereinigt euch! Neben guten Ideen und diszipliniertem Arbeiten ist eben auch ein Netzwerk von großer Bedeutung bei der Planung der wissenschaftlichen Karriere.

Und vielleicht finden so Journalisten auch mal eine Fachfrau, wenn es um Forschungsthemen geht, und nicht immer nur Hans Schöler bei Stammzellen und Alexander Kekulé bei Impfungen.

Kommentare (6)

  1. #1 Shin
    15. Oktober 2009

    Aus meiner Sicht sollte die Kompetenz über Erfolg oder Misserfolg eines Wissenschaftlers entscheiden, ganz gleich ob Mann oder Frau. Warum also der Versuch, auf Teufel komm raus den Anteil der Frauen unter den Professoren zu erhöhen? Man kann davon ausgehen, dass dadurch neben den vielen fähigen Wissenschaftlerinnen, die es ohne Frage gibt, auch viele Stellen mit unterqualifizierten Personen besetzt werden, die lediglich aufgrund ihres Geschlechtes und der damit verbundenen Bevorzugung an diese Position gelangten. Warum sollen sich Frauen nicht ebenso wie Männer selbst durchschlagen, sondern erhalten staatliche Förderung in beachtlicher Höhe? Ich halte das für staatliche Diskriminierung.
    Zum Vergleich: Fast alle TAs die ich kenne sind Frauen. Ich halte einen Männeranteil von 10% unter den TAs zumindest im biologisch-medizinischen Bereich für eine realistische Schätzung. Ich habe noch von keiner Initiative gehört, die versucht, den Männeranteil unter den TAs zu erhöhen – warum auch?

  2. #2 Tobias
    15. Oktober 2009

    Shin,
    ich sehe die Aktion des BMBF zur Schaffung von 200 Professorenstellen ähnlich kritisch wie du. Habe ich hier auch schon mal geschrieben.

    Die Tatsache, dass deutlich weniger Frauen Führungspositionen inne haben ist trotzdem gegeben und die Frage warum das so ist, ist nicht einfach zu beantworten.

    Ich denke, offene sexuelle Diskriminierung findet kaum statt (ich kenne Ausnahmen), verweise hier aber auf ein Paper, das hier frei verfügbar ist. Ein Computermodell hat demnach gezeigt, dass selbst “kleine” Diskriminierungen, also etwa 5% Bevorzugung von Männern gegenüber Frauen, in einem achtstufigen Hierarchiemodell zu 29% Frauen und 71% Männern an der Spitze führt.

    Es sind noch mehrere andere Faktoren, die eine Rolle spielen, und zusammen führen sie eben zu diesem Ungleichgewicht. Das tradierte Bild, dass Frauen lieber zu Hause bleiben und Männer das Geld verdienen gilt nach meiner Meinung zumindest in den Wissenschaften nicht mehr. Sind Männer erfolgshungriger? Ist es das Gespräch auf einem Meeting an der Bar mit einem Professor, der einem nahelegt, sich auf einen Job zu bewerben? Gibt es Unterschiede in der Denkstruktur, die Männer bevorzugt, da Wissenschaft traditionell eine Männerdomäne ist? Sind Frauen selbstkritischer und überschätzen sich Männer eher?

    Ich hatte kürzlich einen Satz Bewerbungen auf meinem Schreibtisch. Die männlichen Kandidaten haben sich und ihr können allesamt angepriesen, zum Teil schon auf unangenehme Art und Weise. Da wird ein bisschen Homepage gedaddel schnell zur guten Kenntnis in Programmiersprachen. Die Frauen, die sich bewarben, haben hingegen manchmal sogar vergessen auf den wichtigsten Punkt einzugehen: was sie denn eigentlich für den Job qualifiziert.

    Es ist ein vielschichtiges Problem. Frauen sind kognitiv den Männern sicher nicht unterlegen. Wenn die Strukturen es also nicht direkt erlauben, dass Männer wie Frauen wissenschaftlich erfolgreich sind, sind Massnahmen wie Netzwerke zu bilden, sicherlich legitim.

  3. #3 derari
    15. Oktober 2009

    Ich habe mal gelesen, dass Frauen häufiger einfach “nicht so doof” sind, sich auf eine schlecht bezahlte und anstrengende Akademikerlaufbahn einzulassen, weil sie das nicht wollen.

  4. #4 rolfina
    15. Oktober 2009

    derari,
    ganz so ist es nicht, im Gegenteil: Frauen lassen sich eher als Männer auf die undankbarsten aller Stellen ein, die befristeten mit Monatsverträgen. Da geht natürlich auch nicht viel mit Karriere.
    Ja, das kann man sicher irgendwo lesen, dass Frauen sich nicht anstrengen wollen…

  5. #5 Shin
    15. Oktober 2009

    Wenn die Strukturen es also nicht direkt erlauben, dass Männer wie Frauen wissenschaftlich erfolgreich sind, sind Massnahmen wie Netzwerke zu bilden, sicherlich legitim.

    Klar, dagegen würde ich mich auch niemals aussprechen. Wenn Frauen untereinander Seilschaften bilden, wie es ja auch Männer oft machen, um sich an die Spitze zu hieven, dann habe ich nicht das geringste dagegen. Was mich an der ganzen Sache stört ist, dass das ganze vom Staat unterstützt wird.

    Statt gezielt bestimmte Gruppen zu unterstützen, seien es nun Frauen oder wer auch immer, sollte man lieber hinterfragen, aber die hierarchischen Strukturen in der Wissenschaft so wie sie sind auch sinnvoll sind. Irgendwer wird immer unterrepräsentiert sein. Es würde mich nicht im geringsten stören, wenn mehr Frauen Wissenschaftlerinnen würden, im Gegenteil, aber ich sehe es auch nicht als ein Ziel an, dass dringend mit 150.000.000 € gefördert werden muss.

  6. #6 Tobias
    15. Oktober 2009

    Shin,
    die eigentliche Frage die sich stellt ist: Was heißt Chancengleichheit.

    Wenn Frauen durch strukturelle Eigenschaften des “Systems” Nachteile haben, muss die Gleichheit irgendwie geschaffen werden.