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Wie wirken Impfungen? Was passiert im Körper, wenn man sich mit einer Krankheit ansteckt? Felix Bohne und Uli Brandt-Bohne erklären in einem Gastbeitrag Grundsätzliches zum Immunsystem.

Historisches zum Impfen

Die Technik des Vakzinierens kann bis ins frühe China zurück verfolgt werden, wovon erste Berichte aus dem Jahr 200 v. Chr. zeugen. Im 18. Jhd. beschrieb Lady Mary Wortley Montagu aus der Türkei die Impfung mit Körperflüssigkeiten von Pockeninfizierten die einen sehr milden Krankheitsverlauf aufwiesen, was in einer Immunität resultierte.

Die ersten kontrollierten Vakzinierungsversuche wurden durch den englischen Arzt Edward Jenner (Bild rechts) vorgenommen, der einen Jungen mit Kuhpocken infizierte und feststellte, dass eine darauffolgende Infektion mit Pocken nicht mehr auftrat (eine

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Vorgehensweise, die die heute zuständigen Ethikkommissionen wohl nicht mehr akzeptieren würden). Da diese ersten Impfstoffe aus den mit Kuhpocken infizierten Kühen gewonnen wurde, wurde auch der Name Vakzinierung (von lat. vaccinia = aus der Kuh stammend) geprägt.

Die meisten Impfstoffe werden heutzutage intramuskulär und adjuvansverstärkt verabreicht. Einige wenige Vakzine benötigen aber auch andere Darreichungsformen wie zum Beispiel eine orale oder nasale Einnahme. Nach der Injektion in den Muskel, oder der oralen/nasalen Einnahme, kommt es zu einer ersten Aufnahme der körperfremden Proteine durch Zellen des Immunsystems, die eine immunisierende Aktivierung vermitteln.

Die Angreifer und die Waffen

Das Immunsystem ist ein sehr komplexer und hoch entwickelter Schutzmechanismus, der sich aus einer Vielzahl zellulärer Subpopulationen zusammensetzt und den Körper täglich vor Unmengen einfallender Krankheitserreger schützt. An sämtlichen Kontaktzonen des menschlichen Körpers wie z.B. Schleimhäuten, Hautoberfläche oder Magen-Darm Trakt, findet ein andauernder Kampf zwischen Krankheitserregern und Immunabwehr statt. Dabei befinden sich beide Parteien in einem reziproken „Wettrüsten”. Krankheitserreger, seien es Viren, Bakterien oder ein- und mehrzellige Parasiten verändern sich durch Mutation, um sich dem Erkennen und Entgegenwirken des Immunsystems zu entziehen. Das Immunsystem entwickelt ständig neue Erkennungsrezeptoren, um mit den Veränderungen des Eindringlings mithalten zu können. Kommt es zum Ausbruch einer Krankheit, ist dies nur die Spitze des Eisberges und zeigt, dass es einen Erreger gibt, der dem Immunsystem entweder unbekannt war oder sich so stark verändert hat, dass die vorhandenen Erkennungsrezeptoren nicht mehr funktionierten.

Grundsätzlich kann das menschliche Immunsystem durch die Verknüpfung unterschiedlicher Gensegmente der Erkennungsrezeptoren und deren nachfolgende somatische Hypermutation eine unglaubliche Bandbreite an unterschiedlichen Antigenrezeptoren generieren. Eine grobe Schätzung, die natürlich nur die rein rechnerisch mögliche Gesamtzahl widerspiegelt, geht von ca. 5×10^13 Antikörpervarianten und ca. 10^18 T-Zellrezeptoren aus. Mit diesem Repertoire an Antigenrezeptoren ist theoretisch die Erkennung aller denkbaren erregerspezifischen Antigene möglich.

Innate und adaptive Immunantwort

Normalerweise kommt es beim Eindringen eines Kranheitserregers zu einer ersten unspezifischen Erkennung durch den angeborenen Zweig des Immunsystems, das Innate Immunsystem. Die Immunzellen dieses Teilsystems besitzen Erkennungsrezeptoren, die auf unspezifische Weise sogenannte pathogenassoziierte molekulare Muster erkennen und eine erste Reaktion ermöglichen. Diese ist zwar schnell, jedoch nicht besonders effektiv. Sie dient dazu den Ereger „in Schach” zu halten, bis das adaptive Immunsystem eine erregerspezifische Antwort aufbauen kann.

Das adaptive Immunsystem wird wiederum in zwei Teilsysteme, das humorale und das zelluläre System unterteilt. Beide Teilsyteme sind adaptiv, d.h. sie können lernen neue Erreger spezifisch zu erkennen, und sind damit höchst effektiv, doch das Aufbauen dieser adaptiven Antwort dauert seine Zeit, mehr oder weniger eine Woche.
Die beiden Teilsysteme bestehen aus unterschiedlichen funktionellen Einheiten, die jedoch beide Antigenrezeptoren produzieren, die spezifische Proteinstrukturen, sogenannte Epitope, der Krankheitserreger erkennen und gezielt gegen diese vorgehen können. Um das adaptive Immunsystem zu verstehen, muss man etwas weiter ausholen.

Zwei Arten der adaptiven Immunantwort

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Die humorale Immunantwort (von lat. humor = Körperflüssigkeit) wird von B-Zellen vermittelt, deren Antigenrezeptoren aus Antikörpermolekülen bestehen, die entweder als Oberflächenrezeptoren exprimiert oder sekretiert werden. Diese Antikörper binden mit ihrer Erkennungsregion direkt an die Epitopstrukturen des Krankheitserregers und kennzeichnen diesen zur Entsorgung durch Fresszellen (Makrophagen). Dies ist eine vereinfachte Darstellung, doch die tatsächlichen Vorgänge würden hier den Rahmen und wahrscheinlich auch das Interesse der Leser sprengen.

Die adaptive Immunantwort ist etwas komplizierter, da die Antigenrezeptoren, in diesem Fall T-Zellrezeptoren, das Antigen nicht direkt, sondern in prozessierter und präsentierter Weise erkennen. Das heißt, dass die entsprechenden Antigene erst von Zellen aufgenommen, verdaut und in kleinen Schnipseln im Kontext einer MHC-Proteins präsentiert werden müssen. Dieser Komplex wird dann spezifisch erkannt und führt entweder zur Induktion des Zelltodes im Falle einer virusinfizierten Zielzelle oder zur Stimulation der oben genannten B-Zellantwort im Falle einer professionellen antigenpräsentierenden Zelle, die das Erreger-antigen aufgenommen hat und präsentiert.

Letztendlich führt eine solche Erkennung dann zur Proliferation und zum Aufbau einer antigenspezifischen Klonarmee, es teilen sich also die Zellen weiter, die durch die Bindung ihres entsprechenden Antigenrezeptor aktiviert wurden. Nach dem erfolgreichen Bekämpfen des Kranheitserregers werden die meisten der antigenspezifischen Immunzellen beseitigt, doch einige bleiben übrig und entwickeln sich zu sogenannten Memory-Zellen (engl. Memory = Erinnerung), die langlebig sind und bei einem erneuten Auftreten desselben Erregers sehr viel schneller aktiviert werden können. Man spricht nun von einer Immunität, da der Erreger im Normalfall beseitigt wird, bevor er pathologische Symptome auslösen kann.

Influenza und Impfungen

Diese grundsätzlichen Vorgänge des adaptiven Immunsystems macht man sich auch im Falle von Impfungen zu Nutze. Vakzine bestehen entweder aus intakten, abgeschwächten oder inaktivierten Krankheitserregern. Ebenso können einzelne spezifische Proteine gentechnisch auf unproblematischen Erregern erzeugt oder komplett eigenständig hergestellt werden. Das Prinzip bei jeder Impfung bleibt das Gleiche: Es kommt zur Erkennung des Impfstoffes durch das Immunsystem mittels der oben genannten Zellen und als Folge dessen wird eine Immunantwort generiert, auch wenn in diesem Falle gar keine echte Infektion stattfindet. Letztendlich kommt es zur Etablierung von Memory-Zellen, die während einer tatsächlichen Infektion mit dem Krankheitserreger schnell aktiviert werden, um den Erreger auszuschalten bevor es zu einer Infektionserkrankung kommt.

Im Verlauf einer Influenza-Infektion kommt es meist zu hohem Fieber (38-39ºC) nach ca. 1-2 Tagen nach der Infektion. Die Hauptsymptome der Infektion wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, sowie Müdigkeit werden durch das massive Ausschütten von pro-inflammatorischen Zytokinen (chemische Botenstoffe des Immunsystems) verursacht. Dies kann im Extremfall zu einem sogenannten Zytokinsturm, dem unkontrollierten Ausschütten dieser Botenstoffe führen, was tödlich enden kann. Dieser unkontrollierbare Mechanismus wurde für die hohe Mortalität der Vogel- und der spanischen Grippe verantwortlich gemacht. Im Gegensatz zu den Coronaviren, welche die üblich respiratorische Erkältung auslösen, verursachen Influenzaviren durch die Zerstörung ihrer Wirtszellen auch Gewebsschäden und führen dadurch zu stärkeren Schmerzen. Außerdem können sie sekundäre Superinfektionen durch Bakterien begünstigen, den Krankheitsverlauf erschweren und zu Komplikationen führen.

Auch bei der Vakzinierung kann es zu Nebeneffekten wie Fieber, Kopfschmerzen oder lokalen Schmerzen des Nadelstichs kommen. Diese Symptome werden durch die Aktivierung der Immunzellen verursacht. Da aber keine tatsächliche Infektion mit Ausbreitung der Viren und Gewebsschädigung vorliegt, verlaufen sie in den allermeisten Fällen harmlos.

Felix Bohne ist promovierter Biologe und in der Forschung aktiv tätig. Uli Brandt-Bohne ist ebenfalls promovierte Biologin. Sie arbeitet in der Forschung und in der Wissenschaftskommunikation. Uli Brandt-Bohne ist Moderatorin beim der Wissenschaftssendung Kopfball und wurde hier schon von WeiterGen interviewt. Sie schreiben zusammen das Blog Science meets Society

Bild oben: Edward Jenner (wikipedia)
Bild unten: Blutzellen. Neben den Erythrozyten (abgeflacht, rund) und den Leukozyten (kugelförmig mit “Stacheln” sind Zellen des Immunsystems sichtbar (wiki commons)

Kommentare (1)

  1. #1 schlootz
    1. November 2009

    hallöle
    danke bis auf einigen “fremde ” worte gut verständlich für laien ( aus meiner sicht…mfg helm