2008 hat Luc Montagnier zusammen mit Françoise Barré-Sinoussi eine Hälfte des Nobelpreises für Medizin für die Entdeckung des HI-Virus bekommen. Montagnier ist seither auf dem besten Weg die Galionsfigur der Pseudowissenschaften zu werden. Aber der Reihe nach:
Anfang Januar diesen Jahres publiziert Montagnier ein Paper mit dem verworrenen Titel “Electromagnetic Signals Are Produced by Aqueous Nanostructures Derived from Bacterial DNA Sequences” (pdf hier). Das Paper wird beim Springer-Journal Interdisciplinary Sciences: Computational Life Sciences am 04. Januar 2009 eingereicht und am 06. Januar 2009 zur Publikation akzeptiert. Zwei Tage für ein Paper in einem angeblich peer-reviewten Journal? Geht das? Motagnier ist Vorsitzender des Editorial Boards des Jourals, dann anscheinend schon.
Der Abstract des Papers fasst zusammen, worum es in der Veröffentlichung geht:
A novel property of DNA is described: the capacity of some bacterial DNA sequences to induce electromagnetic waves at high aqueous dilutions. It appears to be a resonance phenomenon triggered by the ambient electromagnetic background of very low frequency waves. The genomic DNA of most pathogenic bacteria contains sequences which are able to generate such signals. This opens the way to the development of highly sensitive detection system for chronic bacterial infections in human and animal diseases.
Im Klartext: Montagnier behauptet, DNA habe eine bisher nicht entdeckte Eigenschaft. Sie induziere elektromagnetische Wellen, aber nur in homöopathischer Verdünnung. Nicht jede DNA habe diese Eigenschaft, zufälligerweise nur jene von für den Menschen pathogene Bakterien und von RNA-Viren, unter anderem HIV, sogar bei infizierten Menschen.
Morever, EMS [electro magnetic signals] can be detected also from RNA viruses, such as HIV, influenza virus A, Hepatitis C Virus […] In patients infected with HIV, EMS can be detected mostly in patients treated by antiretroviral therapy and having a very low viral load in their plasma.
Das Paper beschreibt den Versuchsaufbau in einer Skizze.
Eine Plastikröhrchen mit 1 ml hoch verdünnter DNA, eine Kupferdrahtspule, ein Verstärker, ein “Computer mit Software”, fertig. Bioresonanzfreunde, so wird’s gemacht! Aber beeilt euch, das Gerät ist schon 2007 zum Patent angemeldet worden, wie das quackometer Blog herausfindet.
In der Patentschrift ist ein bauähnliches Gerät abgebildet, und weil’s so schön ist, hier auch noch mal.
Und jetzt wird es richtig gut. Das quakometer-Blog hat entdeckt, dass Jaques Benveniste im Zusammenhang mit dem Versuchsaufbau zitiert wird :
For this purpose we used a device previously designed by Benveniste and Coll (1996; 2003) for the detection of signals produced by isolated molecules endowed with biological activity.
Benveniste? Der hat auch den Nobelpreis gewonnen. Zwei gleich, Den Ig Nobelpreis für Chemie in den Jahren 1991 und 1998. Er wurde für seine bahnbrechenden Arbeiten ausgezeichnet: Wasser hat ein Gedächtnis (1991) und dessen Information kann über Telefonleitungen und das Internet weitergegeben werden (1998). Es wurde von unabhängiger Stelle und ohne Erfolg versucht, Benvenistes Wasser mit Gedächtnis nachzuweisen. In dem Paper wird der genau gleiche Apparat beschrieben. Der einzige Unterschied ist, dass bei Benveniste im Probenröhrchen Wasser ist, das auf sein Gedächtnis wartet und bei Montagnier Bakterien-DNA in homöopathischen Konzentrationen.
Das Paper bietet noch andere Highlights. Zum Beispiel belebt Montagnier den Pleomorphismus neu, also die Behauptung Bakterien, Viren und tierische Zellen können sich ineinander umwandeln. Er fügt eine neue Metamorphose hinzu: Bakterien und Viren entstehen nur aus DNA. Montagnier findet, dass sterilfiltrierte Kulturen von Mycoplasma geeignet sind, um eine neue Mycoplasmakultur anzuimpfen.
We initially observed (Montagnier and Lavallee, personal communication) that some filtration procedures aimed at sterilizing biological fluids can yield under some defined conditions the infectious microorganism which was present before the filtration.
Das Paper ist ein Klassiker! Wir werden es mit Sicherheit noch zitiert sehen. Montagnier hingegen droht schon jetzt, einen weiteren Artikel zum Thema zu publizieren:
The nanostructures produced by HIV will be the subject of another paper.
Viel Glück, Luc.
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