Seit gestern gibt es eine offizielle Impfempfehlung gegen die Schweinegrippe. Neben medizinischem Personal und chronisch Kranken sollen auch Schwangere vordringlich geimpft werden. Entgegen Erfahrungen mit der saisonalen Grippe, sind alte Menschen offenbar keine Risikogruppe. Die Kosten für die Impfungen sind höher als zuerst angenommen.
Die ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut hat gestern eine Empfehlung für die Impfung gegen Schweinegrippe (Neue Influenza A H1N1) ausgesprochen. In der Erklärung wird betont, dass obgleich die registrierten Influenzafälle bisher zumeist mild verlaufen sind, die Ansteckungsgefahr dennoch hoch sei.
Da es sich bei dem Erreger der Grippe um ein schnell mutierendes RNA-Virus handelt, ist nicht auszuschließen, dass die Schwere des Krankheitsverlaufs mit der Dauer und Verbreitung der Pandemie zunimmt. Da es ich um eine neue Variante des Virus handele, sei von einer Grundimmunität in der Bevölkerung nicht auszugehen.
Die STIKO betont, dass man bei dem neu aufgetretenen Influenzavirus aufgrund der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung erstmals in der Lage sei, frühzeitig in das pandemische Infektionsgeschehen einzugreifen.
Die Impfempfehlung gilt ab der Verfügbarkeit des Vakzins zuerst für folgende Bevölkerungsgruppen:
- Beschäftigte in Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege mit Kontakt zu Patienten oder infektiösem Material.
- Personen ab einem Alter von 6 Monaten mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens
- Schwangere und Frauen, die frisch ihr Kind bekommen haben.
Die STIKO gibt an, sich einer möglichen Problematik bei der Impfung von Schwangeren mit nicht explizit getesteten Kombination aus Antigen und Adjuvantien bewusst zu sein. Sie empfiehlt daher, Schwangere mit einem adjuvantienfreien Impfstoff zu impfen. Dieser (Celvapan von Baxter) ist jedoch noch nicht zugelassen. Klinische Impfstudien mit Schwangeren werden aus ethischen Gründen nicht durchgeführt.
Es fällt auf, dass bei den zu impfenden Bevölkerungsgruppen die über 60-jährigen an letzter Stelle aufgeführt werden. Dies steht im Gegensatz zu der Impfempfehlung der saisonalen Grippe, die explizit für über 60-jährige gilt.
Warum die Empfehlungen sich unterscheiden wird deutlich, wenn die Altersverteilung der bislang an der Neuen Influenza erkrankten berücksichtigt wird (Abbildung 1). Demnach ist die überwiegende Mehrheit der an der Neuen Influenza erkrankten unter 25 Jahre alt. In Deutschland sind derzeit über 22 000 Menschen an der Schweinegrippe erkrankt.
Eine klinische Studie an Erwachsenen zwischen 18 und 60 Jahren hat eine hohe Wirksamkeit bei einem der zugelassenen Impfstoffe gezeigt (Abbildung 2). Die Seroprotektionsrate, Serokonversionsrate und Serokonversionsfaktor sind Parameter für die Wirksamkeit der Immunisierung, die in zwei Dosen im Abstand von drei Wochen geimpft wurde.
Die Hersteller der Impfstoffe legen Zahlen vor, nach denen auch eine einmalige Impfung bereits einen hohen Schutz bieten würde. Dies ist laut eines kritischen Berichts im Arzneitelegramm jedoch teilweise nicht ausreichend von Studienergebnissen gestützt. Das Blog Stationäre Aufnahme verweist ebenfalls auf den Artikel im Arzneitelegramm und weist auf die hohen Kosten für den Impfstoff hin.
Diese sollen bei neun Euro pro Dosis liegen, und damit um zwei Euro höher als Ende 2007 angenommen. Von den neun Euro entfallen ein Euro auf das tatsächliche Antigen und sechs Euro auf die verwendeten Adjuvantien. Das Arzneitelegramm rechnet vor, dass ein adjuvantienfreier Impfstoff mit höhrerer und ausreichender Antigenkonzentration drei Euro günstiger wäre, stützt die Angabe der “ausreichenden Antigenkonzentration” allerdings nicht auf Zahlen.
In ein paar Tagen werden die zugelassenen Impfstoffe wohl bei den Ärzten liegen.
Abbildungen aus dem Epidemologischen Bulletin der STIKO mit Hintergrundinformationen zur Zulassung der Impfstoffe und der Begründung für die Impfempfehlung. Das Dokument kann hier als .pdf heruntergeladen werden.
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