Die Akzeptanz der Schweinegrippe-Impfung ist in Deutschland sehr gering. Dies wird durch die Berichterstattung in den Medien noch verstärkt. In den nächsten Tagen werden die bestellten Vakzine ausgeliefert und Ende Oktober wird wohl mit den Impfungen begonnen. Was ist in den zugelassenen Impfstoffen drin? Sind die Schweinegrippe-Impfstoffe gefährlich?
Von der Europäischen Arzneimittelagentur (emea) sind mittlerweile drei Impfstoffe gegen die Schweinegrippe zugelassen. Es handelt sich um Celvapan von Baxter, Focetria von Novartis und und Pandemrix von GlaxoSmithKline.
Die Bundesländer haben sich darauf geeinigt, rund 50 Millionen Dosen des Impfstoffs Pandemrix zu bestellen. Seit gestern ist bekannt, dass die Bundeswehr hingegen den Impfstoff Celvapan verwendet. Österreich hat ebenfalls Celvapan bestellt. Die WELT titelt in einem unglaublich schlechten Artikel von Elke Boderass: Deutsche Soldaten bekommen besseren Impfstoff.
Was unterscheidet die beiden Impfstoffe?
Celvapan ist ein Ganzvirusimpfstoff, er enthält also ganze, abgetötete Viren. Die Menge wird mit 7,5 μg HA Protein angegeben. Das ist irreführend, da das Virus selbstverständlich noch aus anderen Proteinen besteht, die ebenfalls antigenisch wirken können und mitgeimpft werden. Mir ist die quantitative Zusammensetzung des Virenproteoms leider nicht bekannt, es wird auf jeden Fall aber mehr als nur 7,5 μg Protein geimpft. Celvapan enthält weiter: Trometamol, ein anderes Wort für Tris (also ein Puffer), Natriumchlorid, Wasser für Injektionszwecke und Polysorbat 80, ein nicht-ionisches Detergenz.
Pandemrix ist ein inaktivierter, adjuvantierter Spaltimpfstoff. Pro Dosis enthält er 3,75 μg Hämagglutinin (HA, ein Oberflächenprotein des Virus). Da der Impfstoff nur ein gereinigtes Antigen enthält, wird die Wirkung durch ein sogenanntes Adjuvans verstärkt. Pandemrix enthält AS03. Dieses Adjuvans besteht aus Squalen (10,69 mg), Tocopherol (Vitamin E, 11,86 mg) und Polysorbat 80 (4,86 mg). Eine Impfdosis enthält weiter als Konservierungsmittel 5 μg Thiomersal.
Studien mit dem H5N1 Virus haben laut GSK gezeigt, dass mit AS03 adjuvierte Vakzine etwa fünft mal weniger gereinigtes Antigen benötigen um eine vergleichbare Immunantwort hervorzurufen. Dadurch, dass weniger des in Hühnereiern gezüchteten Antigens verwendet wird, stehen also mehr Impfdosen zur Verfügung.
Squalen (Abbildung oben) ist eine ungesättigte organische Verbindung, die unter Anderem auch in Olivenöl vorkommt und im menschlichen Stoffwechsel ein Zwischenprodukt bei der Synthese von Cholesterin und Vitamin D ist. Squalen kann bei Ratten mit Prädisposition Arthritis auslösen. Hierzu wurde den Labortieren 0,2-0,3 ml reines Squalen gespritzt. Das wäre so, als würde man einem 80 kg schweren Mann 80 ml des Adjuvans spritzen. Der Impfstoff Pandemrix enthält rund 12 μl Squalen. Sechseinhalbtausend mal weniger.
Thiomersal als Konservierungsmittel war in der Kritik, es enthält Quecksilber. In den USA und Europa wird mittlerweile weitestgehend auf Thiomersal in Impfstoffen verzichtet, auch wenn die WHO zu dem Ergebnis kommt, das keine Gefahr von Ethyl-Quecksilber in Impfstoffen ausgeht, Ethyl-Quecksilber wird beim Abbau von Thiomersal im Körper gebildet und ist nach rund drei Wochen nicht mehr nachweisbar.
Wer bekommt den besseren Impfstoff?
Die Soldaten und Österreicher bekommen also mehr Antigen gespritzt, verzichten aber auf ein Adjuvans. Die Deutschen haben ein hochreines Antigen und ein Adjuvans zur Verstärkung der Immunantwort im Impfstoff.
Beide Impfstoffe sind an die Schweinegrippe angepasste, zugelassene Pandemieimpfstoffe und wurden auf ihre Wirkung, ihre Verträglichkeit und ihre Nebenwirkungen untersucht. In den Veröffentlichungen zu den beiden Impfstoffen der emea steht das gleiche:
Die Ergebnisse auf Grundlage der Informationen im Zusammenhang mit dem Modell-Impfstoff (H5N1 als Antigene) sowie der vorgelegten Informationen über die Stammänderung zur Schweinegrippepandemie zeigen, dass die Vorteile beider Impfstoffe bei der Vorbeugung der Influenza im offiziell ausgerufenen H1N1-Pandemiefall gegenüber den Risiken überwiegen.
Wäre dies nicht der Fall, wäre auch keine Zulassung erteilt worden.
Da durch die akute Nachfrage an den Impfstoffen nicht alle klinischen Studien vor Zulassung abgeschlossen werden konnten, müssen die Unternehmen während des Einsatzes der Impfstoffe Informationen über die Sicherheit sammeln. Hierzu zählen Informationen über Nebenwirkungen und die Sicherheit bei älteren Menschen, Schwangeren, Patienten mit schweren Erkrankungen und Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem. Die Europäische Arzneimittelagentur (emea) prüft und bewertet außerdem jedes Jahr sämtliche neuen Informationen, die zu den Grippeimpfstoffen verfügbar werden.
Ein Experiment mit absehbarem Ausgang
Wenn man so will, ist eine Massenimpfung in Deutschland also ein Experiment mit bis zu 50 Millionen Teilnehmern. Jedoch keines mit ungewissem Ausgang. Nicht abschätzbar sind hingegen die Folgen einer Grippepandemie in einer ungeschützten Bevölkerung mit einem relativ unbekannten Erreger.
Es ist hingegen klar, dass Befürworter der Impfung und Warner vor der Grippe nur verlieren können. Wenn die Pandemie (hoffentlich) mild verläuft, sei es durch ausreichende Impfung der Bevölkerung oder durch einen glücklicherweise wenig virulenten Stamm, wird ihnen vorgeworfen werden, im Vorfeld Panikmache betrieben zu haben. Wenn die Grippepandemie hingegen verheerend grassiert, wird sicher der Vorwurf laut, nicht genug zur Aufklärung beigetragen zu haben.
Jede Nebenwirkung der Impfung wird registriert, verhinderte Todesfälle und nicht ausgefallene Arbeitszeit schlagen hingegen nirgendwo zu Buche.
Bild oben via flickr (cc). Kleines Bild Hauptseite via flickr (cc) Squalen-Abbildung aus Wikipedia.
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