Die Diskussion um Regividerm, die Salbe die gegen Neurodemitis, Schuppenflechte und laut Patentantrag auch gegen Haarausfall helfen soll scheint erneut zu kippen. Schädigt das enthaltene Vitamin B12 Hautzellen?
Zur Erinnerung: Regividerm wurde am 19. Oktober in einer ARD-Sendung als Mittel gegen Hautkrankheiten vorgestellt, dessen heilende Wirkung von Pharmafirmen nicht anerkannt würde und dadurch die Vermarktung verhindert würde.
Der Autor des Films, Klaus Martens, ist gleichzeitig Autor eines Buches zum Thema und schon kurz nach Ausstrahlung der Sendung wurde vermutet, was die Sendung “Heilung unterwünscht” tatsächlich war: Ein PR-Stunt um die Markteinführung von Regividerm nach Kräften zu unterstützen. Die kritische Berichterstattung zur PR-Aktion um Regividerm fand nicht in den bekannten Medien statt, sondern in Blogs.
In einem nächsten Schritt wurden die publizierten Studien zu Regividerm einer kritischen Betrachtung unterzogen und deutliche methodische Mängel im Studiendesign und in der Durchführung erkannt. Das Fazit war: Aufgrund der Datenlage kann keine Aussage zur Wirksamkeit der Creme gemacht werden.
Die Lage scheint erneut zu kippen. Jetzt geht es um die Frage, ob Regividerm Hautschädigungen hervorrufen kann. In einem Schuppenflechte-Forum wurde folgender Kommentar von “Biochemiker48” abgegeben:
Das in verschiedenen Kommentaren zu meinem Beitrag zum Ausdruck kommende Nichtwissen und Nicht-Wissen- Wollen veranlasst mich jetzt zu dieser ausführlichen Stellungnahme.
Zu meiner Person: Ich bin ein habilitierter und vom Staat bezahlter, industrieunabhängiger Biochemiker und forsche seit 30 Jahren an Proteinen, die Porphyrine und Porphyrin-ähnliche Stoffe enthalten. Mehrere meiner Forschungsergebnisse haben Eingang in Wikipedia gefunden.
Fakten: Porphyrine und porphyrinähnliche (dem Corrin-Ring des Vitamin B12 fehlt ein CH-Gruppe, um ein echtes Prorphyrin zu sein, das ändert aber nichts an seinen fundamentalen optischen und photochemischen Eigenschaften) Moleküle absorbieren Licht. Die Porphyrine und porphyrin-ähnlichen Verbindungen gehen bei der Absorption des Lichts in einen angeregten Zustand über. Die Anregungsenergie wird bei Anwesenheit von Sauerstoff auf diesen übertragen und regt ihn an, führt ihn in sogenannten Singulettsauerstoff über. Dieser ist sehr reaktiv und zerstört weitgehend alles, was ihm in die Nähe kommt. Die Folgen sind Zelltod und Zellschädigung. Für diese Effekte sind also Licht und das Vorhandensein von molekularem Sauerstoff Voraussetzung.
Möglicherweise vorhandene Effekte von Vitamin B12 auf Krebszellen im Dunkeln sind in diesem Zusammenhang völlig irrelevant.
Zum Kommentar von Atouk ist zu sagen, dass Chlorophylle (sic!) und die Hämgruppen des Hämoglobin (sic !) ebenfalls diese Eigenschaften haben. Man versucht sogar, derartige Stoffe in Krebszellen anzureichern und diese dann durch Bestrahlung mit sichtbarem Licht über die Erzeugung von Singulettsauerstoff abzutöten. Die Pflanzen versuchen durch Karotinoide die Bildung von Singulettsauerstoff und die Ausbildung von Schäden zu verhindern (Karotinoide übernehmen die Anregungsenergie von den Chlorophyllen, sind aber selbst nicht in der Lage Singulettsauerstoff zu erzeugen). Dies gelingt Ihnen nicht vollständig, deshalb müssen Pflanzen ihr Photosystem II dreimal pro Stunde reparieren.Würde ich also Chlorophylle, oder Hämgruppen in Cremes mischen und auf die Haut auftragen, so würde ich im Licht auf der Haut den schädlichen Singulettsauerstoff produzieren. Symptome wären zunächst Hautrötungen und sonnenbrandähnliche Entzündungen. Manche Zellen der Haut werden nicht abgetötet, entarten aber und führen als Spätfolge zu Krebs.
Genau das ist bei der Anwendung der Vitamin B12 Creme auch zu erwarten. Vitamin B12 absorbiert grünes Licht (daher die Rotfärbung, Komplementärfarbe), viel stärker absorbiert Vitamin B12 aber im nahen UV Bereich.
Gibt es für diese Schädigungen durch Vitamin B12 Indizien ?
Die gibt es ! In der zweiten, von den Herstellern der Creme (Regeneratio Pharma AG) gesponserten Studie zur Behandlung atopischer Dermatitis
(die Publikation ist frei im Internet zugänglich, British Journal of Dermatology, Band 150, Seiten 977-983, 2004) haben von 48 Patienten drei die Behandlung abgebrochen, weil die Dermatitis sich verschlimmerte, zwei wegen “burning, itching and swelling” bzw. “redness and swelling”, bei 23 Probanden, welche die Studie zu Ende geführt haben, kam es zu “itching, burning and redness”. Diese Daten sind ein starker Hinweis auf die Existenz des oben dargestellten Schädigungen über Erzeugung von Sigulettsauerstoff durch Vitamin B12. Das Hauptproblem werden aber die Melanome und anderen Hautkrebsformen sein, die in 15 oder 20 Jahren auftreten werden.Deshalb nochmals: HÄNDE WEG VON REVIGIDERM und ähnlichen Vitamin B12 haltigen Cremes, und schon gar nicht kleine Kinder damit eincremen.
Damit es nicht zu einem Anstieg von Hautkrebserkrankungen kommt, sollte alles dafür getan werden, die Anwendung dieser Cremes zu verhindern.
Falls das nicht gelingt, bin ich heute schon gespannt darauf, wie dann die Schadenssersatzklagen gegen die Herren Martens, Klingelhöller und Weiss ausgehen werden.
Zusammengefasst: Vitamin B12 wirkt kann mit Hilfe von Lichtenergie vorhandenem molekularen Sauerstoff in eine reaktive Sauerstoffspezies, sogenannten Singulettsauerstoff, überführen. Singulettsauerstoff kann in Folge zu Hautschädigungen beitragen.
Ein Autor des Blogs Stationäre Aufnahme hat die Redaktion des Arzneitelegramms um eine Einschätzung gebeten. Ich selbst habe von Photochemie so gut wie gar keine Ahnung, der Chemiker und Blogger Lars Fischer meint, zumindest der Mechanismus sei plausibel. Er zitiert ein Paper, in dem Vitamin B12 Derivate untersucht wurden.
Drei Fragen interessieren mich in dem Zusammenhang:
- Gibt es klinische Studien, in denen der Einfluss von Vitamin-B12 oder anderen Porphyrinen und porphyrinähnlichen Substanzen auf die Haut explizit getestet wurde?
- Sind 0,07% Vitamin B12 in Regividerm ausreichend um einen messbaren Effekt hervorzurufen?
- Welche anderen Effekte hat Vitamin B12 auf den Körper?
Bild oben Cobalamin (Vitamin B12) via Wikipedia
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