Ein wissenschaftlicher Fälschungsfall um Proteinstrukturen. Über mehrere Jahre hat ein Forscher aus Alabama gefälschte Daten in die Protein Data Bank eingespeist. Die fabrizierten Strukturen sind in renomierten Magazinen wie Nature und Cell publiziert worden.
Die Universität Birmingham in Alabama hat vorgestern in einer spärlichen Meldung bekannt gegeben, dass ein ehemaliger Mitarbeiter der Universität Proteinstrukturdaten gefälscht hat.
The University of Alabama at Birmingham has requested that the Research Collaboratory for Structural Bioinformatics Protein Data Bank remove certain protein structure files deposited by a former UAB employee. UAB also has identified nine publications related to the same protein structures that should be retracted from various scientific journals, and is making those journals aware of this matter.
Die Webseite nennt keinen Namen, verschiedene Quellen identifizieren H.M Krishna Murthy. Er ist ausserdem der einzige Autor, der auf allen Publikationen zu den zugrundeliegenden Strukturdaten steht.
Proteinstrukturdaten werden zentral in der Protein Data Bank (PDB) hinterlegt. Die Abkürzungen unter denen die offenbar gefälschten Protenistrukturen dort zu finden sind lauten folgendermassen: 1BEF, 1CMW, 1DF9/2QID, 1G40, 1G44, 1L6L, 2OU1, 1RID, 1Y8E, 2A01 und 2HR0 (Abbildung).
Die Universität Alabama in Birmingham schreibt lediglich, die Strukturdaten seien seit 2007 von unabhängigen Forschern erneut untersucht worden mit dem Ergebnis, dass die fraglichen Strukturen “more likely than not” fabriziert worden sind und nahe gelegt wird, die Strukturdaten aus der Protein Data Bank zu entfernen.
Die Publikationen zu den Proteinstrukuren sind in durchaus namhaften Magazinen erschienen: Cell, 2x PNAS und Nature. Es muss geprüft werden, in wie weit die Daten von H.M Krishna Murthy einen Einfluss auf die Ergebnisse und die Kernaussagen der Veröffentlichungen haben. Die vier verlinkten Artikel sind allerdings allesamt sturkturbiologische Papers, so dass man fast davon ausgehen kann, dass die Strukturdaten eine zentrale Rolle spielen und die Publikationen zurück gezogen werden. Ein Paper in JBC wurde schon zurück gezogen.
Die eigentlich wichtigen Fragen werden hoffentlich in den nächsten Tagen noch geklärt:
- Worin war der Anfangsverdacht begründet, Murthys Daten erneut zu untersuchen?
- Was bedeutet “more likely than not”, also mit was wird die Empfehlung die Strukturdaten zurück zu ziehen tatsächlich begründet?
- Gibt es daraus resultierend die Möglichkeit mit gewissen Algorithmen die gesammte Protein Data Bank nach Fälschungen zu screenen?
Krishna Murthy ist laut den oben verlinkten Presseberichten untergetaucht, sein Telefon sei ausgeschaltet. Die Universität in Birmingham hat ebenfalls keine akutelle Kontaktadresse.
Der letzte spektatukläre Fälschungsfall um Scott Reuben war hier im Blog auch Thema, damals wurden ganze klinische Studien zur post-operativen Schmerztherapie frei erfunden.
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