Gentechnisch veränderter Mais ist giftig für Leber und Niere. So zumindest versteht man eine aktuelle Publikation, wenn man man nur die Zusammenfassung überfliegt und den dazugehörigen Artikel in der Huffington Post liest. Monsanto und die Behörden für Lebensmittelsicherheit kommen zu anderen Ergebnissen. Wer hat Recht?
Die Huffington Post publiziert vorgestern einen Artikel mit mittlerweile weit über 1000 Kommentaren: Monsanto’s GMO Corn Linked To Organ Failure, Study Reveals. Die in dem Artikel zitierte Studie analysiert alte Daten zu toxikologischen Tests anhand von Fütterungsexperimenten mit drei transgenen Maissorten bei Ratten.
Die Huffington Post schreibt
researchers found that agricultural giant Monsanto’s GM corn is linked to organ damage in rats.
Die Autoren der Studie schreiben:
We conclude that these data highlight signs of hepatorenal toxicity, possibly due to the new pesticides specific to each GM corn.
Monsanto schreibt in einer Antwort:
these claims are based on faulty analytical methods and reasoning and do not call into question the safety findings for these products.
Auf die ausführliche Stellungnahme und die technische Kritik von Monsanto an der Analyse der Daten kam bislang kam keine qualifizierte Antwort der Studienautoren (oder von Bloggern). Die Daten sind ja auch nicht neu. Sie wurden längst analysiert und für die Beruteilung der Sicherheit der Maissorten ausgewertet. Nicht nur von Monsanto, sondern auch von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit.
Das fragliche Paper “A Comparison of the Effects of Three GM Corn Varieties on Mammalian Health” ist im International Journal of Biological Sciences publiziert worden. Das Journal wirbt mit einem “inoffiziellen” Impact Factor von 3,24. Inoffiziell ist der Impact Factor möglicherweise, weil Artikel, die dort erscheinen nicht peer-reviewed werden, also von Kollegen ähnlicher und angrenzender Fachgebiete vor der Publikation auf ihre Richtigkeit geprüft werden. Laut Angaben auf der Webseite des Magazins gibt es nur eine redaktionelle Prüfung:
International Journal of Biological Sciences publishes papers that are judged, after editorial review, to make a substantial contribution to the understanding of any area of biological sciences.
Es ist gut möglich, dass dem verantwortliche Redakteur (der übrigens nicht genannt wird) das Wissen fehlt, um zu beurteilen ob eine komplexe statistische Analyse passend ist oder nicht und ob die Ergebnisse der statistischen Analyse die getroffenen Aussagen erlauben.
Korrektur 14.01.10 23:20: In der Editorial Policy der Seite des Journals steht außerdem:
Manuscripts (other than those that are of insufficient quality or unlikely to be competitive enough for publication) are reviewed by two or more reviewers.
Die Autoren erklären in der Publikation, dass sie keine Interessenskonflikte haben. Möglicherweise keine finanziellen, wahrscheinlich jedoch ideologische. Alle Autoren der Studie geben CRIIGEN als Affiliation an. CRIIGEN ist eine französische NGO, die “Gegen-Expertise” zu Fragen um gentechnisch veränderte Organismen bietet.
CRIIGEN is an independent non-profit association of scientific counter-expertise to study GMOs, pesticides and impacts of pollutants on health and environment, and to develop non polluting alternatives.
Was vielleicht bei der Beantwortung der Frage wer denn nun Recht hat, die heldenhaften Gentechnikgegner oder die böse Saatgutindustrie nebst deren gekauften nationalen und internationalen Lebensmittelsicherheitorganisationen wie die EFSA und die AFSSA berücksichtigt werden sollte: Welcher biologische Mechanismus soll denn dafür verantworlich sein, dass plötzlich mit der Nahrung aufgenommen DNA und intakte Bt-Proteine einfach so ins Blut aufgenommen werden und dann giftig für Leber und Niere wirken?
Danke für die Hinweise auf den Artikel in der Huffington Post an Stefan Brüning und Michael Horak
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