Eine Doktorarbeit zu schreiben ist anstrengend und langwierig. Es ist mehr als unschön, wenn man später Teile der eigenen Arbeit in anderen Promotionen entdeckt ohne als Urheber angegeben zu werden. Was tun in solchen Fällen von Plagiarismus? Das Feuilleton wird kaum eine Gegenüberstellung der beiden Arbeiten abdrucken, wie im Fall von Axolotl Roadkill.
Eine Doktorarbeit zu schreiben ist kein Spaß. Hoffentlich gut dokumentierte Daten aus drei, vier Jahren Forschung müssen gesichtet und ausgewertet werden. Eine Gliederung muss erstellt, umgeworfen, und wieder erstellt werden. Die Daten müssen als publikationstaugliche Abbildungen und Tabellen dargestellt werden und in einen selbst geschrieben Text, der die Ergebnisse beschreibt, eingebettet werden.
Der Methodenteil muss geschreiben werden. Die Daten müssen in einem Teil der Arbeit kritisch diskutiert und zukünftige, sich daraus ergebende Fragestellugen erörtert werden. Die Einleitung muss einen aktuellen Überblick über das eigene Forschungsgebiet geben und jede Äußerung in allen Teilen der Arbeit muss mit Referenzen aus bereits veröffentlichter Literatur belegt werden.
Man kämpft mit Textverarbeitungsprogrammen, mit Bildbearbeitungssoftware, mit Programmen, die Referenzen verwalten und gegen den eigenen Motivationsverlust, der sich unweigerlich einstellt. Vorgesetzte korrigiergen die Arbeit und verlangen Änderungen, die manchmal weniger die Arbeit verbessern als vielmehr weiter motivationsraubend sind.
Wenn man nach mehreren Monaten den letzten Kampf – den im Copyshop – erfolgreich hinter sich gebracht hat, bleibt nach der eigentlichen Abgabe des Werks nur Leere und Erleichterung und keine Euphorie. Es ist kein Spaß – aber es ist geistiges Eigentum. Zumindest so lange man es selbst schreibt.
Plagiarismus in der Doktorarbeit
Ein mir bekannter Postdoktorand hat kürzlich einen Satz der Einleitung seiner Doktorarbeit bei Google eingegeben. Unter den ersten Treffern war eine Doktorarbeit, deren Einleitung über zehn Seiten der seinen aufs Haar glich. Inklusive der Abbildungen. In keiner Fußnote, in keiner Referenz im Literaturverzeichnis ist der eigentlich Urheber erwähnt.
Der mir bekannte Postdoktorand hat den Satz aus seiner Doktorarbeit nicht aus Eitelkeit bei Google eingegeben. Vor zwei Jahren ist eben jener Postdoktorand bei der gewöhnlichen Literaturrecherche bereits einmal über eine Doktorarbeit gestolpert, in der Teile seiner Arbeit wörtlich übernommen wurden. Ebenfalls ohne den eigentlichen Autor im Literaturverzeichnis der Arbeit zu erwähnen.
Neben der Tatsache, dass die eigenen Doktorarbeit anfechtbar wird, wenn solche dreisten Plagiate entdeckt werden – und das ist, wie man sieht, dank Google nicht unwahrscheinlich – offenbart der Plagiator dadurch vor allem eins: Er oder sie hat noch nie im Leben selbst etwas eigenes geschaffen oder eine eigene Idee gehabt, die von anderen ohne Erwähnung der Urheberschaft kopiert oder geklaut wurde. Wohlwollend beurteilt ist das Naivität, wahrscheinlich ist es jedoch die mangelnde Fähigkeit dazu etwas selbst zu machen, die in der dreisten Kopiererei Ausdruck findet.
Paraphrasieren mit Angabe des Urhebers ist gut und gewollt. Einfach kopieren, und damit die eigene Urheberschaft implizieren, ist es sicher nicht.
Nach Rücksprache des mir bekannten Postdoktoranden mit seinem Doktorvater hat dieser bei dem ersten Fall von Plagiarismus den Betreuer der fraglichen Arbeit kontaktiert. Es kam zu einem offiziellen Vermerk und zu einer telefonischen Entschuldigung bei dem mir bekannten Postdoktoranden.
Wie dieser beim aktuellen, zweiten Fall verfährt ist noch nicht klar. Man könnte die betreffenden Stellen beispielsweise gegenüberstellen und direkt veröffentlichen, vielleicht in einem Blog? Denn aus Blogs kann man ja anscheinend auch einfach so abschreiben.
Ach ja, wenns nach mir ginge könnten sie dieses “Axolotl Roadkill” von Helene Hegemann gerne aus dem Buchhandel zurück ziehen und einstampfen. Kaufen werd ich es jedenfalls nicht. Und das liegt mit Sicherheit nicht an einer Abneigung meinerseits gegen die explizite Darstellung von sexuellen Handlungen oder Drogenkonsom in Büchern.
Das dreiste Copy – Paste sei angeblich ein Stilmittel. Stilmittel up your ass – um in der Sprache der Autorin zu bleiben. Stil hat das Mittel jedenfalls nicht.
Bild via flickr (cc)
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