Installationen im offenen Raum. Aus Protest gegen die Entfernung von angeschlossenen Fahrrädern von der Stadtverwaltung werden in Barcelona alltägliche Gebrauchsgegenstände an Ampeln, Laternen, Parkbäume und Mülleimer angekettet.
Hin und wieder gibt es hier bei WeiterGen Artikel über Kunst. Bankys New Yorker Ausstellung “Village Petstore and Charcoal Grill” wurde gefeiert, genauso wie – kunsgeschichtlich absolut plausibel – das Lächeln der Mona Lisa durch ihre unzureichende Mundhygiene erklärt wurde.
Es gibt neues zu berichten, und zwar aus Barcelona, meiner Wahlheimat. Dass am Sonntag der Formel 1 Grand-Prix hier stattfindet und dadurch der Hafen einer Luxusyachtausstellung gleicht, dass der Luftweg vom Circuit de Catalunya zum Flughafen dadurch einer Hubschrauberautobahn gleicht – geschenkt. Es gibt wichtigeres, es geht um Fahrräder. Indirekt.
Die Stadtverwaltung von Barcelona hat ein gespaltenes Verhältnis zu Fahrrädern. Einerseits werden stadtweit Leihfahrrad-Stationen (“Bicing”) aufgebaut und tatsächlich werden ein paar Radwege in der notorisch fahrradfeindlichen Stadt eingeweiht. Andererseits ist es offiziell verboten das eigene Rad an Straßenschilder, öffentliche Mülleimer, Parkbänke, Bäume und Ampeln anzuschließen.
Kompromisslos werden Fahrräder, die an die falschen Pfosten gekettet werden von der Stadtverwaltung per Bolzenschneider entfernt. Sie können gegen eine Gebühr von 59 Euro wieder ausgelöst werden. Das übersteigt häufig den Wert des Rades und entspricht in etwa dem Wert eines anständigen Schlosses, hier in Barcelona unabdingbar.
Kunst wird aus der Not geboren, und Kunst ist Protest. So zumindest hier: Im gesamten Stadtgebiet ketten seither Menschen Gebrauchsgegenstände an Straßenlaternen. Barhocker, Staubsaugen, Kleiderständer, Kronleuchter Kühlschränke und Schaukelpferde – auf dass sie von der Stadtverwaltung wieder entfernt werden. Davor werden die Objekte natürlich fotografiert und veröffentlicht.
Installationskunst? Flashmobvariation? Demokratisierte Protestkunst? Auf jeden Fall Kunst.
Die Bilder von 59€ werden unter einer Creative Commons Lizenz veröffentlicht.
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