Der vorerst letzte Artikel über meinen Aufenthalt an der King Abdullah University for Science and Technology (KAUST) in Saudi-Arabien. Wie sieht die Zukunft der KAUST aus? Wird die Uni in zehn Jahren ein international renomiertes Spitzeninstitut sein oder fällt das Projekt absehbaren politischen Veränderungen zum Opfer? Welchen Einfluss kann die KAUST auf die Region haben?
Ich bin wieder in Spanien angekommen. Raus aus dem goldenen Käfig KAUST. Den Besucherausweis wieder gegen den Reisepass getauscht und mit Lufthansa über Frankfurt zurück nach Barcelona. Es bleiben überwiegend positive, aber auch ambivalente Eindrücke von dem ambitionierten Projekt in der saudischen Wüste eine Oase für die Wissenschaft und für die Menschen die sie betreiben zu schaffen.
Es wird viel getan, damit sich die internationale Forschergemeinschaft hier wohl fühlt. Trotzdem vergisst keiner, dass die Rahmenbedingungen dort sonst andere sind und außerhalb des bewachten Areals eine andere Welt wartet. Der Muezin ruft regelmäßig zum Gebet, die Wohnheime sind bewacht, vor allem um zu verhindern, dass Studenten und Studentinnen privat gemeinsam Zeit verbringen, die Küstenwache ist vor dem Hafen stationiert und Panzersperren schützen am Tor zur KAUST vor einem potentiellen Anschlag durch religiöse Fanatiker.
Das Ziel des Königs Abdullah, Namensgeber der Universität, ist die KAUST in den nächsten 10 Jahren zu einem der Top 50 Forschungszentren weltweit auszubauen. Wer die paradiesischen Forschungsbedingungen und die hervorragende technische Ausstattung hier sieht, wer mit den bereits ansässigen hoch motivierten Forschern aus aller Welt spricht, der glaubt das gerne.
Wer nach den Risiken des Projekts KAUST fragt bekommt von den hier arbeitenden Forschern sehr ähnliche Antworten: Keiner weiß, wie sich die Uni in den nächsten Jahren weiter entwickeln wird. Die einseitig finanzielle Abhängigkeit vom 85-jährigen König und der staatlichen Ölgesellschaft Aramco und die Lage inmitten eines Landes in dem sonst völlig andere Werte und Regeln gelten, machen deutlich, dass ein Gelingen des Projekts nicht ausschließlich von den Wissenschaftlern vor Ort abhängt.
Ich habe vor eineinhalb Jahren Untersucht wie viele Publikationen aus Staaten des Mittleren Osten kommen, insbesondere verglichen mit Israel und nach Gründen für das schlechte Abschneiden der arabischen Länder gesucht. Isolierte Projekte wie die KAUST helfen mit Sicherheit, den wissenschaftlichen Output des Landes zu erhöhen. Wichtiger wäre ein breites kulturelles und politisches Umdenken, um moderne Wissenschaften langfristig und nachhaltig in Staaten des Mittleren Osten zu implementieren.
Jeder weiß, dass dies nicht in zwei Jahren möglich ist, vielleicht fungiert die KAUST am Roten Meer aber als Keimzelle für eine solche Entwicklung. Das hängt unter anderem davon ab, ob die 15% saudischen Studenten und Doktoranden in ihrem Land adäquate Stellen finden, nachdem sie ihre Ausbildung an der KAUST abgeschlossen haben. Es hängt davon ab, wie die KAUST mit den Menschen im Staat und in der Region in der sie eingebettet ist kommuniziert, ob neben Wissenstransfer auch Kulturtransfer erlaubt ist.
Ein Anfang wäre zum Beispiel, Forschungskooperationen mit Israel zu erlauben, dem einzigen wissenschaftlichen Schwergewicht der Region. Saudi-Arabien pflegt aktuell keine diplomatischen Beziehungen mit Israel. Aber warum sollte das ein Hinderungsgrund für wissenschaftliche Kooperationen sein?
Link zu allen Artikeln über die KAUST auf WeiterGen
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