Wer wissenschaftlich publiziert, tut das auf Englisch. Obwohl sich der übliche sprachliche Stil in Veröffentlichungen eher nicht an großer Literatur orientiert, hat die Englischschwäche nicht-muttersprachlicher Autoren direkte Auswirkungen auf den Publikationserfolg. Es gibt Möglichkeiten dem vorzubeugen. Nur nimmt die jemand wahr?
Wer im akademischen Umfeld forscht, veröffentlicht seine Resultate im Allgemeinen in Form von Artikeln, in denen die Ergebnisse präsentiert und diskutiert werden. Die Sprache in der dies geschieht ähnelt dem Englischen.
Viele nicht von Muttersprachlern verfasste Manuskripte enthalten in der Rohfassung zwar überwiegend englische Vokabeln; Satzbau, Stil und Grammatik entsprechen aber eher der persönlichen Vorstellung der Autoren von dem was Englisch sein könnte, sich gut anhört, und in Publikationen eben so geschrieben wird, und weniger der Wortwahl und der Ausdrucksweise einer im angelsächsischen Sprachraum aufgewachsenen Person.
Sätze ohne Verb oder in epischer Länge, völlig unverständliche Absätze, sinnlose Vokabeln, der Satzbau auf Grundschulniveau, umgangssprachliche Redewendungen, oder die stete Wiederholung der immer gleichen zwei Übergangswörter, weil der Wortschatz nicht mehr hergibt; die Möglichkeiten ein potentiell gutes Paper durch schlechtes Englisch zu schwächen sind unerschöpflich.
Keiner fühlt sich angesprochen? Oft korreliert das englische Sprachniveau des Manuskripts negativ mit dem Grad der Einsicht des Autors, das Manuskript doch einer professionellen Lektorin oder zumindest einem Muttersprachler zur Korrektur vorzulegen. Eine weitere Hürde besteht dann darin, die vorgeschlagenen Korrekturen auch tatsächlich in das Paper zu übernehmen bevor es zur Begutachtung beim Wissenschaftsmagazin der Wahl eingereicht wird.
In “Blood” werden 38% aller eingereichten Manuskripte aus Nordamerika publiziert, hingegen nur 23% derer aus anderen Ländern
Ich bin überzeugt, dass schlechter Schreibstil und mangelhaftes Englisch wichtige Gründe für die Ablehnung von Manuskripten ist, sei es auf editorieller Ebene oder spätestens im Reviewprozess durch frustrierte Gutachter – und unabhängig von der Qualität der Daten. Viele Zahlen, die meine These untermauern würden habe ich nicht gefunden, es ist jedoch bezeichnend, dass die meisten Journals in ihren Richtlinien für Autoren explizit darauf hinweisen, doch professionelle Hilfe bei Mühe mit der englischen Sprache in Anspruch zu nehmen.
Eine schnelle Internetrecherche hat mich auf einen Leitartikel des in den USA publizierten Magazins “Blood” geführt. Die Herausgeberin gibt dort an, dass 38% aller eingereichten Artikel aus Nordamerika auch publiziert würden. Nur 23% der Artikel, die nicht aus Nordamerika kommen werden akzeptiert. Der Leitartikel führt neben den oben ausgeführten Problemen mit der Sprache noch die fehlende thematische Übereinstimmung der aus dem Ausland eingereichten und abgelehnten Artikel mit dem eigentlichen thematischen Fokus des Magazins an.
Ich bin mir sicher, andere Journals führen ebenfalls Statistiken über die Publikationsraten von Artikeln aus englischsprachigen Ländern im Vergleich zu solchen mit einer anderen Landessprache. Ich wäre an weiteren Links zu solchen Dokumenten und Statistiken interessiert. Vielleicht liest ja hier auch ein Journal-Editor mir und hat Informationen aus erster Hand.
Außerdem interessiert mich, ob mangelhaftes Englisch in Manuskripten von Autoren als Problem wahrgenommen wird, und ob von meinen Lesern schon jemand professionelle Hilfe eines Lektorats in Anspruch genommen hat. Bei mir am Institut kommt das sporadisch vor. Weiter werden hier beispielsweise Kurse über scientific Writing angeboten, die sich über mehrere Nachmittage hinziehen und von Postdocs und Doktoranden wahrgenommen werden.
Wahr ist allerdings auch: Selbst technisch perfektes Englisch macht aus einem schlechten Paper kein gutes. Anderseits bedarf es mehr als nur ein paar “however“, “thus” und “therefore” um eine Veröffentlichung so zu schreiben, dass sie tatsächlich auch gerne gelesen wird.
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