Weltweit steigt die Anbaufläche gentechnisch veränderter Pflanzen seit fast 20 Jahren kontinuierlich an. Studienergebnisse zeigen ökonomische und ökologische Vorteile des Anbaus von gv-Pflanzen. Warum erkennen die vor allem in Mitteleuropa, eingeschlossen Deutschland, verbreiteten Gentechnikgegner diese Argumente nicht an?
Die weltweite Anbaufläche für gentechnisch veränderte Pflanzen betrug letztes Jahr 1 480 000 Quadratkilometer. Das sind über 10% der gesamten bewirtschafteten Agrarfläche und entspricht rund vier mal der Gesamtfläche Deutschlands. Die Anbaufläche für gv-Pflanzen steigt stetig seit Mitte der 1990er Jahre – sowohl in Industrienationen wie in Entwicklungsländern.
Beispielsweise ist 64% der angebauten Baumwolle gentechnisch verändert. Das darf den GRÜNEN keiner erzählen, sonst werden demnächst zumindest in Baden-Württemberg Bekleidungsketten verpflichtet ihre Jeans und T-Shirt Kollektionen dementsprechend zu kennzeichnen. Es drohen strenge Einfuhrkontrollen und Sicherheitsprüfungen. In der Folge entsteht lokal ein Revival der 80er Jahre Ballonseide-Synthetikmode. Das kann wirklich keiner wollen.
Selbst die im beschaulichen Burladingen ansässige Textilfirma Trigema, bekannt für ihre nachhaltige Strategie zur Sicherung lokaler Arbeitsplätze dank vertikaler Integration, baut ihre Baumwolle nicht auf der Schwäbischen Alb an, sondern importiert die Garne. Die bösen Gene lauern in jedem Feinrippslip (juckts schon?).
Baumwolle ist bei weitem nicht das einzige Produkt mit kommerziellem Anbau gentechnisch veränderter Sorten. Soja, Reis, Raps, Mais, Kartoffeln, Zuckerrüben werden seit Jahren und auf stetig steigender Fläche angebaut. Wie kann das sein, fragt sich der Wutbürger. Dem Treiben muss doch ein Ende bereitet werden, wo doch laufend Kleinbauern in den Freitod oder zumindest den Ruin getrieben werden und unabsehbare Schäden für Umwelt, Mensch und Tier entstehen.
Martin Qaim von der Fakultät für Agrarökonomie und rurale Entwicklung an der Uni Göttingen kommt in einer 2009 publizierten Studie die jetzt kostenlos zugänglich ist zu gänzlich anderen Ergebnissen:
Impact studies show that herbicide-tolerant and insect-resistant Bt crops are beneficial to farmers and consumers and produce large aggregate welfare gains. In many cases, farmers in developing countries benefit more than farmers in developed countries. Moreover, GM crops bring about environmental and health benefits. Bt crops in particular allow significant reductions in chemical pesticides.
Bt crops can also be suitable for small-scale farmers. Evidence from India and other developing countries shows that they contribute to higher household incomes and poverty reduction, when embedded in a conducive institutional environment.
Future GM crop applications, involving tolerance to abiotic stress and higher nutrient contents, may lead to much larger benefits. Against the background of a dwindling natural resource base and growing demand for agricultural products, GM crops can contribute significantly to food security and sustainable development at the global level.
In spite of these potentials, public opinion still regards the use of GM crops as controversial. Concerns about new risks have led to complex and costly biosafety, food safety, and labeling regulations. Overregulation has become a real threat for the further development and use of GM crops. The costs in terms of foregone benefits may be large, especially for developing countries.
In der Studie wird nach Ländern aufgeschlüsselt wie Bt-Baumwolle und Bt-Mais zur Reduktion der benötigten Insektizidmenge und zur Steigerung der Ernten beitragen. Wie viel Bauern mehr verdienen, die zwar teureres, gentechnisch verändertes Saatgut einkaufen müssen, jedoch in der Summe durch niedrigere Ausgaben für Herbizide, weniger Ernteausfälle und größere Erträge, geringere Arbeitskosten und weniger Maschinennutzung und Spritverbrauch sparen.
Es wird auf zukünftige Herausforderungen hingewiesen, zu deren Lösung der Anbau gentechnisch veränderter Nutzpflanzen, die beispielsweise hitze- oder dürreresistenter sind oder die Überschwemmungen trotzen, beitragen können. Der Autor legt dar, dass aktuell in großem Maße wirtschaftswissenschaftliche Analysen zum zur Maximierung des allgemeinen gesellschaftlichen Nutzens des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen notwendig seien.
Qaim beklagt die vor allem in Europa verbreitete Überregulierung und merkt in diesem Zusammenhang an, dass eine Verschiebung der Forschung vom öffentlichen hin zum privaten Sektor zwar aus marktwirtschaftlichen Gründen zu begrüßen sei, derzeit jedoch durch “institutionelle Faktoren” unnatürlich begünstigt würde. Ein aktuelles Beispiel ist der frisch beschlossene Koalitionsvertrag der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg, in dem explizit die Finanzierung öffentlicher Forschung zur Grünen Gentechnik ausgeschlossen wird.
Es ist andererseits fraglich, ob eine starke Deregulierung in der Praxis, wie sie beispielsweise aktuell in den USA geplant ist, dazu beiträgt kritische Konsumenten vom Potential gentechnisch veränderter Pflanzen zu überzeugen. Es würde vorerst reichen, wenn Gentechnikgegner die Ergebnisse der zuständigen europäischen Behörde für Nahrungsmittelsicherheit (EFSA) anerkennen und nicht ignorieren würde.
Um ein weiteres Argument der Gegner der Grünen Gentechnik vorweg zu nehmen: Qaim erklärt am Ende seines Artikels, dass keine industriellen Interessenkonflikte die Objektivität des Artikels beeinträchtigten:
The author is not aware of any affiliations, memberships, funding, or financial holdings that might be perceived as affecting the objectivity of this review.
Qaims Studie via GMO pundit, Hat-tip @fatmike182 für den Link zum Artikel zur geplanten Deregulation in den USA.
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