Es sind also wohl spanische Salatgurken, die als Quelle für den derzeit grasierenden Darminfekt identifiziert wurden. Es sind nicht die Gurken selbst, sondern Bakterien, genauer ein enterohaemorrhargischer Escherichia coli (EHEC) Stamm, mit dem die Gurken verunreinigt wurden, der für die Infektionen verantwortlich ist.
Es gibt hunderte verschiedener E. coli Stämme. Die meisten davon sind nicht pathogen. Sie alle haben eines gemeinsam: E. coli lebt normalerweise bei 37ºC im Darm von Warmblütern und nicht auf Gemüse. Die Frage, wie die Gurken mit den pathogenen Keimen verunreinigt wurden, ist also noch nicht geklärt. Auch wenn Gülledüngung plausibel erscheint und ein gewisser Anteil (6%) der Rinder mit dem pathogenen Stamm O157:H7 (O und H stehen für Antigene der Zellwand und der Flagellen) infiziert sind, wird normalerweise im Herbst mit Gülle gedüngt, also ein halbes Jahr vor der Ernte und lange bevor die Pflanzen überhaupt gesäht sind.
E. coli ist nicht nur ein gängiges Darmbakterium, sondern auch ein sehr gut erforschter Modellorganismus für Molekularbiologen. Daher ist auch recht gut verstanden, was den pathogenen Stamm O157:H7 von den nicht pathogenen, normalen Darm- und Laborbewohnern unterscheidet: O157:H7 produziert sogenannte Shiga-ähnliche Toxine.
Die Toxine sind bestehen aus zwei Protein-Komponenten. Einem fünfer-Ring, der B-Untereinheit (siehe Abbildung) und einer einzelnen A-Untereinheit. Strukturell vergleichbare AB5 Toxine sind für Cholera verantwortlich (ausgelöst durch eine Infektion mit dem Bakterium Vibrio cholerae), und werden auch von dem pathogenen Bakterium Shigella dysenteriae produziert – daher der Name “Shiga-ähnlich”.
Die beiden Toxin-Untereinheiten wirken zusammen. Der fünfer-Ring bindet an sogenannte Gb3 Rezeptoren auf Endothelzellen der kleinen Blutgefässe in der Darmwand und der Nieren, in denen die Rezeptoren vermehrt vorkommen. Dies führt zu lokalen Einstülpungen der Zellmembran der Endothelzellen und damit zur Freisetzung des Toxins im Zellinneren. Dort bindet die A-Untereinheit an die RNA der Ribosomen und blockiert so die reguläre zelluläre Proteinbiosynthese.
Die befallenen Endotheszellen der Darmwand und der Nieren sterben in der Folge ab, und es kommt zu blutigem Durchfall sowie zu Nierenversagen, da deren Filterfunktion beeinträchtigt ist.
Derzeit steigt die Zahl der Infizierten weiter an und es ist auf jeden Fall ratsam bei Verdacht auf eine Infektion sich schnell an einen Arzt zu wenden. E. coli Bakterien sind nicht besonders hitzestabil, aber wer kocht schon seine Salatgurken ab? Es ist wichtig, dass der tatsächliche Grund für die Verunreinigung der Salatgurken gefunden wird, um so in Zukunft mögliche Übertragungswege und Infektionsquellen der gefährlichen Darmkeime auszuschliessen.
Links und Bilderquellen:
https://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs125/en/
https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_ehec-9870.html
https://en.wikipedia.org/wiki/Shiga-like_toxin
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18046403
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