Die Finanzkrise der letzten Jahre führt in vielen Staaten auch zur Kürzung der Forschungsbudgets. Diese Strategie ist nicht nur falsch, sie bietet auch die Chance, sich international zu profilieren und jetzt den eigenen Wissenschaftsstandort zu stärken. Die Kosten sind überschaubar.
Es ist wenig verwunderlich, dass die Finanzkrise der vergangenen Jahre auch vor den Wissenschaftsbudgets nicht halt macht. Traditionell haben Wissenschaft und Kultur wohl die schwächste Lobby bei der Verteilung knapper werdender öffentlicher Finanzmittel. In den USA aber auch in vielen europäischen Staaten kam und kommt es weiterhin zu Kürzungen der Forschungsausgaben. Die europäische Wissenschaftsvereinigung Euroscience warnt vor Kürzungen vor dem Hintergrund neuer und dringlicher Herausforderungen:
Thus, public support for research is now at risk in a manner not seen before and just at the time when Europe faces new challenges from the rising new economies, especially in Asia, and when threats to our quality of life from climate change, demographic change and energy, food and resource availability and sustainability are becoming evermore threatening and urgent.
Die aktuelle internationale Finanzkrise bietet aber auch eine grosse Chance für die Entwicklung nationaler Wissenschaftsstandorte. Staaten, die jetzt entgegen des Trends in Wissenschaft und Forschung investieren, werden in der internationalen Forschergemeinde sofort wahrgenommen. Für Wissenschaftler sind die Kürzungen nämlich nicht nur abstrakte Zahlen in Tabellen, sondern direkt spürbar: Es sind weniger Stellen ausgeschrieben, Forschungsanträge werden häufiger abgelehnt und Stipendienprogramme werden gekürzt.
Wissenschaftler sind traditionell hochflexibel und stark internationalisiert. Wenn Staaten also aktuell durch Investitionen und mit der richtigen Strategie gut Rahmenbedingungen, eine geeignete Infrastruktur und ein reizvolles Forschungsumfeld schaffen, werden unter den aktuellen Gegebeneiten fast automatisch international erfolgreiche Forscher angezogen.
Deutschland macht zumindest finanziell zur Zeit nicht viel falsch. Das Budget des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) hat die Finanzkrise weitgehend unbeschadet überstanden. Und ein Ziel der Lissabon-Strategie, nämlich die Ausgaben von Staat und Wirtschaft für Forschung und Entwicklung auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern ist in greifbarer Nähe.
Das anvisierte Budget des BMBF liegt für 2012 übrigens bei 12.8 Mrd Euro, gut 4% des gesamten Staatshaushalts. Zum Vergleich: Das Budget des Ministeriums für Arbeit und Soziales soll bei 126.4 Mrd Euro liegen, das des Verteidigungsministeriums bei 31.7 Mrd Euro. Die Neuverschuldung ist mit 27.2 Mrd Euro angegeben.
Diese Zahlen machen deutlich, dass selbst eine signifikante Steigerung des Budgets des BMBF nur marginale Auswirkungen auf den Staatshaushalt hat. Auf den Wissenschaftsstandort Deutschland im internationalen Vergleich jedoch möglicherweise umso größere.
Auch klar ist jedoch, dass nicht nur die Forschungsfinanzierung alleine für einen blühende Wissenschaftsbetrieb sorgt. Andere Rahmenbedingungen wie Karriereaussichten und deren Planbarkeit, frühe geistige, organisatorische und finanzielle Unabhängigkeit, humane Arbeitszeiten und angemessene Gehälter und Chancengleichheit,spielen eine ebenso große Rolle wie ein international konkurrenzfähiges Wissenschaftsbudget.
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