Ich habe Höhenangst. Schon als kleines Kind graute es mir vor Achterbahnen und Riesenrädern. Ich war in Paris ohne auf den Eifelturm gestiegen zu sein und ich war noch nie oben im Glockenturm der Sagrada Familia, obwohl ich seit fünf Jahren in Barcelona lebe. Selbst auf Balkonen in hohen Wohnhäusern wird mir mulmig und ich stehe lieber nahe der Wand als am Geländer. Keine zehn Pferde bringen mich in einen Heißluftballon und ich werde mit Sicherheit nie Fallschirm springen.
Dennoch, und vielleicht gerade deswegen bin ich von Felix Baumgartners geplantem Fallschirmsprung aus einem Ballon aus fast 37 km (120 000 Fuß) Höhe fasziniert. Bekannt dürfte sein: Baumgartner will in einer Kapsel an einem Stratosphärenballon auf die Zielhöhe aufsteigen, abspringen, und seinen Fallschirm 1500 Meter über der Erdoberfläche öffnen. Er will den bisherigen Rekord für den höchsten jemals von einem Mensch durchgeführten Fallschirmsprung brechen und als erster Mensch außerhalb eines geschlossenenen Flugobjektes die Schallmauer durchbrechen.
Übertragen wird das ganze Live aus Roswell, New Mexico mit etlichen Kameras, unter anderem drei an Felix Baumgarnters Weltraumanzug (eine auf der Brust, jweils eine an den Beinen). Die Liveübertragung ist hier eingebunden, aktuell wird noch der Countdown eingeblendet, hoffentlich bald auch Livebilder.
Der erste Versuch vergangenen Dienstag wurde abgebrochen, da eine Windböe den sich im aufblasen befindenden Ballon erfasst und auf den Boden gedrückt hat (Foto oben, Quelle: RedBullStratos). Die aktuelle Statusmeldung ist, dass die Wetter- und Windbedingungen ähnlich seien wie am Dienstag, der Sprung aber heute durchgeführt werden soll. Hier noch ein paar Fakten, die vielleicht nicht allen geläufig sind:
Besteht das Risiko, dass Baumgartner schwerelos davon schwebt und nicht auf die Erde zurück fällt?
Nein. Die Gravitation der Erde entspricht in 37 km Höhe noch 98,8% der Schwerkaft auf Meereshöhe (Quelle: Wired). Er kommt also auf jeden Fall auf die Erde zurück – tot oder lebendig. Auch Space-Shuttle und Raumstationen sind übrigens nicht schwerelos. Sie bewegen sich in einem Orbit um die Erde, so dass die resultierende Kraft aus Gravitation und Zentrifugalkraft in etwa Null entspricht und lokal der Eindruck entsteht, man wäre schwerelos. Ich hoffe diese Erklärung wird auch von den Physikern und Astronomen akzeptiert. Die ISS beispielsweise rotiert mit 7.71 km pro Sekunde! in 370 km um die Erde um dort oben zu bleiben.
Wird Baumgartner tatsächlich die Schallmauer durchbrechen?
Ja. Die Luft in der Absprunghöhe ist dünn genug, dass Baumgartner für etwa eine Minute lokal schneller als der Schall fällt. Die Schallgeschwindigkeit ist ebenfalls vom umgebenden Medium abhängig (in weniger dichter Luft, also oben, ist er langsamer als in Bodennähe) Dennoch wird Baumgartner wohl eine kurze Zeit lang so schnell fallen, dass er auch die Schallgeschwindigkeit am Boden übertrifft. Der Aufstieg in die Stratosphäre soll rund zwei Stunden dauern, der freie Fall endet nach fünfeinhalb Minuten, wenn Baumgartner dann hoffentlich selbst den Fallschirm öffnet. Die eingebundene Grafik unten ist von Wired Science.
Ist Felix Baumgartner noch ganz bei Trost?
Das ist schwer zu sagen. Ich bin schon mal fünf Meter von einem Sprungturm aus gewollt in ein Becken voller Wasser gefallen, das fand ich schon verrückt genug. Ich habe aber auch Höhenangst. Alkohol und Drogen sind klassische Katalysatoren von risikoreichem Verhalten. Hohe Testosteronwerte werden mit risikoreichem Verhalten in Verbindung gebracht. Letztes Jahr erschien zudem ein Paper, das Toxoplasmoseinfektionen mit Extroversion und mangelnder Gewissenhaftigkeit in Verbindung brachte (hat tip: The Starving Neuron). Ich denke aber kaum, dass sich Baumgärtner high oder besoffen in die Kapsel setzt, die ihn da nach oben bringt. Aussagen über sein endokrines System und mögliche Infektionskrankheiten sind hier aus der Ferne jedoch schwer möglich.
Auf jeden Fall viel Glück!
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