Gastartikel
Doping im Radsport war in den letzten Jahrzehnten weit verbreitet. Wir dürfen davon ausgehen, dass es zumindest bei der Tour kaum saubere Spitzenleistungen gegeben hat. Team Sky beruft sich nun auf verbesserte Trainingsmethoden, Akribie hinsichtlicher technischer Aspekte und beste individuelle Betreuung ihrer Sportler und will so die zum Teil herausragenden Leistungen ihrer Sportler erklären. Ist das plausibel?
Um dies zu diskutieren, sollte man sich anschauen, welches Wissen und auch welche Technik den Sportlern heute zur Verfügung steht, das vor 5-10 Jahren noch nicht zur Verfügung stand und das ganze vor den Leistungsanforderungen eines möglichen Toursiegers.
Wie sehen Toursieger aus?
Offensichtlich müssen Radsportler, die schnell Berge hochfahren wollen, sehr leicht sein. Da die Berge bei der Tour bis zu 20 km lang sind und Aufstiegszeiten von bis zu einer Stunde benötigen, wird letztlich derjenige am Ende vorne sein, dessen relative Leistungsfähigkeit in einem Zeitfenster von 20-60 Minuten am besten ist. Aus den Aufstiegszeiten und dem Gewicht des Sportlers lassen sich dann Watt/ kg ausrechnen.
Bei Sprintern ist die Rechnung noch komplexer. Hier wird die absolute Wattleistung in Bezug zur Aerodynamik des Sportlers gesetzt. Kleine Fahrer wie Cavendish, die es schaffen, ihren Kopf bei Tempo 70 auf Lenkerhöhe zu halten, brauchen im Sprint geschätzte 200-300 Watt weniger als Sportler mit einer Figur und Haltung von Greipel.
Das Talent und normales Training bringt unseren Sportler vielleicht auf eine Leistungsfähigkeit von 420 Watt in der Stunde. Der Sportler wiegt 74 kg und seine relative Stundenleistung beträgt 5,67 W/ kg. Das ist nicht schlecht und würden diesen Profi auf jeden Fall zu einem sehr wertvollen Helfer auf Flachetappen machen und er könnte in der Position 3-5 am Berg auch noch Helfer für seinen Kapitän sein. Wenn unser Sportler aber nun von diesen 74 kg 10 kg verlieren würde – ohne Leistungsfähigkeit einzubüssen – hätten wir seine Leistungsfähigkeit auf 6,54 Watt/kg erhöht und sind in den Leistungsbereichen, die z.B. von Vayer mit Doping erklärt werden.
Wir sehen also, dass wir allein durch eine strikte Diät aus einem guten Profi einen Toursieger machen können. Natürlich werden auch Muskeln am Oberkörper Opfer dieser Diät. Das ist aber gewollt, jeder Muskel, der nicht benötigt wird, muss zusätzlich mit Sauerstoff versorgt werden. Unser Radsportler würde idealer Weise ergänzend ein Übungsprogramm absolvieren, z.B. Yoga, Pilates, Coretraining, um den Aufbau und Erhalt einer schlanken Muskulatur zu unterstützen. Das sind natürlich nur Zahlenspiele, die die Rolle des Körpergewichtes veranschaulichen sollen.
Amüsant ist, dass in einigen Medien neue Wundermittel aufgeführt werden, die den Profis helfen sollen, ihr mageres Gewicht zu erreichen. Um 10 kg abzunehmen brauchen wir ein Kaloriendefizit von 70.000 kcal. Sie glauben das ist viel? Ein Profi hat kein Problem im normalen Training 3500 kcal zusätzlich zu verbrennen. Das sind 20 Trainingstage und der Athlet müsste dann noch nicht einmal auf seine täglichen 2500 kcal verzichten. Natürlich würden die Profis, um ihre Leistungsfähigkeit zu halten, diese Diät auf einen Zeitraum von vielleicht 60 Tagen ausdehnen. Kein Profi, der messen und wiegen kann, braucht ein Mittel, dass die Fettverbrennung steigert.
Von Glycogenspeichern und Fettstoffwechseltraining
Die Stundenleistung kann nur dann auch am Ende der Etappe in etwa erreicht werden, wenn die Glycogenvorräte des Sportlers noch gut gefüllt sind. Wenn wir nun schätzen, das ein Sportler einen Glycogenvorrat von insgesamt vielleicht 600-700 Gramm hat, erkennen wir, dass wir hier einen Leistungsbegrenzer haben. Immer dann, wenn der Sportler Vollgas fährt, verbraucht er ausschliesslich Kohlenhydrate. Selbst volle Speicher reichen also nur für 1,5 bis 1,8 Stunden Vollgas. Wir können uns aber vorstellen, dass der Sportler, der es schafft, mit seinen Glycogenvorräten vorsichtig umzugehen, auf die Dauer einer Tour de France Vorteile hat.
Das war nicht immer so. Aus den Aufzeichnungen von Bernhard Kohl zur Tour 2008 wissen wir, das er täglich mit Insulin gearbeitet hat. Insulindoping soll die Glycogenvorräte um bis zu 40 Prozent steigern. Mit Doping hat man also schlicht und ergreifend den “Tank” vergrössert und konnte so länger schnell fahren. Was Kohl noch nicht wissen konnte, ist, dass man die Fettverbrennung auch im Bereich der Schwellenleistung (Stundenleistung) aktivieren kann (Studie von Jeukendrup). Die Trainingsroutine wird ergänzt durch eine wöchentliche Einheit in der der Fettstoffwechsel im Belastungsbereich zwischen 85 und 100 Prozent der Schwellenleistung (Stundenleistung) in Form von Intervallen trainiert wird. Zuvor werden die Speicher nahezu leer gefahren – mit enormen Lerneffekten des Körpers.
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