Der Sportler kann so den Anteil der Fettverbrennung an der Energieversorgung steigern und die Glycogenspeicher vergrössern. Das Konstrukt dieser Einheit ist so angelegt, dass der Sportler lernt mit erschöpften Speichern und seiner Wettkampfernährung noch Leistung zu bringen. Früher hat man lange 6-8 h Ausfahrten im ruhigen Tempo gemacht und so versucht, den Fettstoffwechsel zu optimieren. Wenn man bei solchen Ausfahrten dann in den Stunden 4-6 auch mal Berge mit höherer Leistung gefahren wäre, hätte man auch den oben geschilderten Effekt. Wenn wir den besseren Trainingseffekt aber in kürzerer Zeit gezielter hinbekommen, halten wir die Gesamtermüdung des Sportlers in Grenzen und gewinnen Platz im Trainingsplan für andere Einheiten und Trainingsinhalte. Hier sind weitere, sportmedizinische Hintergründe zum Fettstoffwechseltraining (pdf)
Individualisierte Rennernährung
Sie kennen als Zuschauer der Tour de France vielleicht noch die Silberlinge, die uns immer als Verpflegung der Profis dargestellt wurden? Heute weiß man, dass jeder Sportler eine individuelle Zusammensetzung seines Wettkampfgetränkes benötigt. Ideal ist ein Getränk, das zu einem Drittel aus Fructose und zwei Dritteln aus Einfach- oder Mehrfachzuckern besteht. Die Geschichte mit der Fructose (findet einen zusätzlichen Weg ins Blut) ist neu und dieses Wissen stand zumindest Armstrong und auch Ullrich noch nicht zur Verfügung. Man kann also heute bis zu ein Drittel mehr Nahrung aufnehmen und verarbeiten als früher. Man weiß heute auch, das in ein Wettkampfgetränk zusätzlich nur noch Salz und Koffein gehören. Alle andere Zugaben erhöhen ohne Nutzen die Anzahl der Teilchen und erschweren so die Verfügbarkeit und Menge der Kohlenhydrate.
Aus diesem Wissen folgt auch, dass man heute als Sportler mehrere Kohlenhydratlieferanten in Form von Maltodextrin, Wachsmaisstärke, Fructose (Verträglichkeit prüfen!) zu Hause hat und sukzessive austestet, mit welcher Mischung man am besten klarkommt. Zum Beispiel während der oben geschilderten Fettstoffwechseleinheit. Natürlich besteht aber auch ein Teil des Talents des Sportlers darin, möglichst viel Energie im Wettkampf aufzunehmen und umsetzen zu können.
Aber was ist mit dem Silberling? Während der Tour sollte ein Sportler jede Stunde nutzen, um sein persönliches Maximum an Nahrung pro Stunde zu sich zu nehmen. Während einer ruhigen Etappe im Feld können das 90 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde sein. Da die Muskulatur arbeitet, wird der Zucker im Blut sofort verarbeitet und schont somit die Speicher. Am Berg in der Rennentscheidung wird man vermutlich je nach Sportler eher auf 50-60 Gramm pro Stunde gehen und eine Mischung nehmen, die sehr schnell ins Blut geht. Beschrieben wird das beispielsweise in dieser Studie zur Leistungssteigerung beim Zeitfahren durch veränderte Ernährungsstrategien.
Bleiben wir noch einen Moment bei den Glycogenvorräten, die es zu schonen gilt. Die Durchschnittleistungen bei einer Flachetappe können relativ niedrig liegen. Nehmen wir an, sie betrage 200 Watt. Dann verbraucht unser Sportler auf 200 km ca. 4000 kcal. Wenn wir diesem Sportler nun ein besonders eng anliegendes Trikot (Aerotrikot) anziehen und ihm einen Aerohelm aufsetzen und ihn auf einen Aerorahmen mit Aerolaufrädern setzen, können wir seine Durchschnittsleistung auf 170 bis 180 Watt reduzieren. Im Laufe einer normalen Etappe kann unser Sportler so seinen Energieverbrauch vielleicht um 500 kcal absenken. Das bedeutet von Tag zu Tag weniger Müdigkeit, weniger Belastung des Magen-/Darmtraktes und somit auch eine verbesserte Regeneration.
Bei einer rennentscheidenden Etappe hat unser professionell betreuter Sportler also einen Vorteil aus einer optimalen Fettverbrennung, seinem bestem Wettkampfgetränk und durch sein Material einen günstigen Luftwiderstandsbeiwert.
Auf der gestrigen Etappe mit dem zweimaligen Anstieg nach Alp d`Huez haben wir sehr deutlich gesehen, wie leere Speicher sich auf das Renngeschehen auswirken, aber auch wie unterschiedlich Fahrer darauf reagieren. Froome hat seine drohende Unterzuckerung rechtzeitig erkannt und konnte dann mit einem Gel die letzten fünf Kilometer noch so schnell fahren, das er auf die ihn verfolgende Gruppe von Contador nur ca. 10-15 Sekunden verlor. Da das Gel aber auch nicht sofort ins Blut geht, können wir davon ausgehen, das Froome das erste Anzeichen einer drohenden Unterzuckerung bemerkt hat. Der Leistungsmesser hilft hier.
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