Letzten November auf der WissensWerte in Bremen waren die meisten Journalisten hoffnungslos oder hoffnungsvoll naiv. So jedenfalls wirkte die Session über “Wie retten wir den Journalismus” auf der Konferenz der Wissenschaftsjournalisten auf mich. In der eineinhalbstündigen Diskussionsrunde wurden alternative Geschäftsmodelle für selbstständige Journalisten diskutiert. Wie verdient man als Journalist überhaupt noch Geld?
Ein enthusiastisches Mitglied im Vorstand der Freischreiber, erzählte wie er es doch schafft, als selbstständiger Journalist zu überleben. Crowdfunding und der Zugriff auf Stiftungskapital wurde als Möglichkeit zur Finanzierung einzelner Rechercheprojekte vorgestellt – und kritisiert. Man könne sich ja von den Gönnern abhängig machen. Ein Tablet-Abonnement basiertes Wissenschaftsmagazin namens Substanz wurde vorgestellt. Das Magazin will mit Hintergrundartikeln aus der Wissenschaft begeistern und wollte dieses Frühjahr zum ersten Mal erscheinen.
Hinter vorgehaltener Hand wurde aber erwähnt, wie es wohl dennoch bei vielen läuft: Tags sind sie unabhängige Journalisten, und nachts werden für Unternehmen PR-Aufträge angenommen. Mögliche Interessenkonflikte, die dabei entstehen, werden anscheinend durch ein Themenembargo auf Zeit gelöst.
Alle kreativen Lösungen täuschen über das eigentliche Problem hinweg: Durch das Internet und die kostenlose Verfügbarkeit unendlich vieler Artikel mit und ohne Nachrichtenwert sind die gängigen Geschäftsmodelle der tradierten Printmedien weitgehend zusammengebrochen. Die spürbar leidtragenden sind die Produzenten der Inhalte, also die Journalisten, die nun leider nicht mehr genug Geld verdienen. Geld, dass bislang aus Werbung und Zeitschriften- und Zeitungsabonnements kam.
Wie also kann “im Internet” mit journalistischen Texten Geld verdient werden? Ein Zusammenschluss von – wenn ich richtig gezählt habe – 28 Journalisten, der unter dem Namen Krautreporter firmiert, versucht es aktuell mit einer Crowdfundingkampagne. Für 60 EUR erhält man eine zwölfmonatige Krautreportermitgliedschaft.
Die Krautreporter wollen mit 15.000 zahlenden Kunden 900.000 Euro einsammeln. Das entspricht abzüglich der Verwaltungskosten und Ausgaben für die Web-Infrastruktur und umgelegt auf die 28-köpfige Redaktion jeweils einem anständig bezahlten Halbtagsjob. Ich habe mich angemeldet, ohne dass ich überhaupt weiß, was eine Krautreportermitgliedschaft bedeutet.
Ich habe in den vergangenen Tagen vor allem negative Stimmen zu dem Projekt gelesen. Die Kritik reicht vom fehlenden Themenkonzept über missratene Kommunikation mit den möglichen zukünftigen Lesern und der fehlenden Begeisterung der Krautreporter selbst, bis zu Kritik am Bezahlsystem (hier, hier, hier und hier).
Ich habe das alles gelesen und meine Meinung zu dem Projekt trotzdem nicht geändert. Obwohl mich die Inhalte wahrscheinlich nur bedingt interessieren (mit Hanno Charisius ist gerade einmal ein Wissenschaftsjournalist an Bord), ist alleine der Versuch auf diese Weise mit Journalismus online Geld zu verdienen es Wert unterstützt zu werden.
Journalisten ohne finanzielle Perspektive führen mittelfristig zu qualitativ schlechtem, abhängigen Journalismus und machen langfristig die vierte Gewalt einer Demokratie zum Papiertiger. Ganz unabhängig von gesellschaftlichen und politischen Dimensionen haben es Menschen, die schreiben können, verdient auch dafür bezahlt zu werden.
Aktuell fehlen noch knapp eineinhalb Tausend Anmeldungen zur erfolgreichen Finanzierung. Die Kampagne läuft noch bis heute Nacht. Hier kann man Krautreporter unterstützen.
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