Wie lange haben Sie es ausgehalten, das Fernsehduell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz? Ich habe noch mitbekommen, wie unsere Kanzlerin ins Schlingern kam, als sie gefragt wurde ob sie denn am Wochenende in der Kirche war. War sie nicht. Nachdem Kandidat Schulz ganz stolz von seinem jüngsten Kirchenbesuch erzählte, konnte Merkel noch eifrig hinzufügen, dass Sie das Grab ihres Vaters besucht habe. Immerhin in einer Kapelle.
Die richtige Antwort wäre gewesen: “Es ist vollkommen egal wann ich das letzte mal in der Kirche war. Fragen Sie mich was wichtiges“. Wahlentscheidend war die Szene dennoch eher nicht – ich habe das Kanzlerduell kurz danach nicht mehr ausgehalten und habe ausgeschalten.
Die nachträglich publizierten Analysen zum langweiligen Frage-Antwort-Spiel haben meinen Verdacht bestätigt: Zu einer informierten Wahlentscheidung konnte die zermoderierte Sendung nicht beitragen.
Wie soll man also als dem Wechselwählen freundlich gesinnten Bürger nach dieser großen Koalition eine informierte Wahlentscheidung treffen? Der Wahl-O-Mat bietet sich zur Bestätigung der eigenen parteilichen Vorlieben an. Die dort abgefragte Themenbreite ist immerhin deutlich größer als das, wozu Merkel und Schulz im Duell sprechen durften.
Ich finde es noch viel interessanter, wie die Parteien speziell zu Fragen der Wissenschafts- und Forschungspolitik stehen.
Zum Glück gibt es auch hierfür Abhilfe: Die Organisatoren des Berliner Science March haben den Science-O-Mat ins Leben gerufen. Ein Wahl-O-Mat, der eben Fragen stellt (und parteispezifisch beantwortet), die für Wissenschaft und Forschung interessant sind.
Ich habe den Link zum Science-O-Mat schon einigen Freunden mitgeteilt. Eine häufige Rückmeldung bestand darin, die Auswahl der Fragen beziehungsweise deren Auswertung zu kritisieren. Bei vielen waren die sonst eher dem Lebensgefühl entsprechenden Grünen und Linken weit unten in der Liste der Parteien, die nahe an der eigenen Meinung zu Wissenschaft und Forschung stehen.
In den Kommentaren schwang mit, dass die Macher des Science-O-Mats bei der Entwicklung der kurzweiligen Webseite tendentiös gearbeitet haben könnten. Der March for Science ist zwar politisch, aber nicht parteiisch. Ich glaube, die bemerkte Diskrepanz zwischen den Erwartungen meiner Freunde und den Ergebnissen des Science-O-Mat ist eher eine Folge der forschungsfeindlichen Positionen der jeweiligen Lieblingsparteien.
Man mag sich ideologisch gerne Links oder Grün verorten. Wer Wissennschafts- und Forschungspolitik bei der eigenen Wahlentscheidung berücksichtigen möchte, könnte in Verlegenheit kommen, dann vielleicht doch mal was anderes zu wählen.
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