In den Folgeintervallen erreicht der Sportler durch das Pausenregime immer früher die Vo2max. Bei 4×8 min trainiert der Sportler vielleicht 16-17 min an der Vo2max plus weitere Minuten in dem ebenfalls wirksamen Bereich von 90-100 Prozent der Vo2max. Aus den Beobachtungen wissen wir, dass Sportler, die übermotiviert diese Intervalle fahren und z.B. am Intervallende noch sprinten, deutlich längere Regenerationszeiten benötigen. Werden nun weitere Einheiten in der gleichen Trainingsphase deutlich übersteuert, kann sich ein sympathisches Übertraining etablieren. Der Fahrer „schießt sich ab“.
Der Sportler sollte die Freigabe seines Kardiologen haben und er braucht den richtigen Tag für dieses Training und einen kühlen Kopf, um im Zweifel nach dem ersten Intervall oder nach dem Warmfahren abzubrechen, wenn das Körperfeedback dazu rät. Wenn alles passt, dann heißt es „never ever waste your hammertime“. Für die Entwicklung eines Sportlers ist diese Zone ausschlaggebend.
Die Umsetzung der Theorie bei Jonas Rapp
Talente reagieren auf so ziemlich alle Reize mit einer starken Leistungsentwicklung. Auch Jonas hatte schon eine relative VO2max von mehr als 70 als wir mit dem Training starteten. Aber um in seinen Fall von 72 auf 89 Punkte zu kommen, waren drei Jahre hartes Training erforderlich. Jonas steigerte mit Serien von 2x (3x8min) in Zone 5a seine Critical Power von 320 auf 390 im ersten Jahr. Jeder, der solche Intervalle im Training schon mal gefahren ist, weiß, wie stark man im Kopf sein muss, um nach der ersten Serie noch eine zweite Serie folgen zu lassen.
Berücksichtigen wir, unter welchen zeitlichen Bedingungen Jonas dieses Level erreicht hat, bekommen wir einen Ausblick auf das Potential dieses Sportlers. Jonas hat Abitur gemacht und im Anschluss eine Ausbildung, die er Ende Januar 2018 abgeschlossen hat. Ich kenne viele Hobbysportler, die mehr Zeit für das Training hatten als Jonas. Er kam oft gegen 19Uhr nach Hause und hatte den ganzen Tag gestanden und konnte dann abends nicht immer die geplanten Einheiten fahren. Seine Jahreskilometer lagen in den letzten Jahren um 20.000.
Für 2018 haben wir den Fokus darauf gerichtet, Jonas mehr Substanz für lange Rennen mitzugeben, so dass er auch am Ende einer Etappe seine Leistungen abrufen kann. Einige Einheiten habe ich euch ja schon vorgestellt. Jonas ist die Saison auf einem konstant hohen Niveau gefahren. Nach einer Erkältung in Folge einer kurzen und nasskalten Rundfahrt im Frühjahr musste er zehn Tage pausieren und konnte trotzdem nach 14 Tagen Training am 4.Tag einer Rundfahrt im Bergzeitfahren schon wieder über 25 min 441 Watt abrufen. Bei einem Bundesligarennen (!) in Österreich musste er in einer Situation 507 Watt über 5 min. aufbringen, um mit den Topfahrern nach vorn zu fahren. Wenn ich die beiden Renndaten in das Modell von Monod-Scherrer einpflege, kommt eine Stundenleistung von 430 Watt raus.
Anfang Juli ist Jonas die internationale Österreichrundfahrt gefahren. Acht schwere Tage in Folge und wir hatten nicht wirklich erwartet, dass Jonas in der Summe nur 3 Min verliert und somit bei seiner ersten schweren Landesrundfahrt auf das Gesamtklassement fahren kann. Jonas ist zuvor nie lange Alpenpässe gefahren. Er kannte weder das Kitzbüheler Horn noch den Großglockner. Jeder Rennfahrer weiß, wie wichtig es ist, Berge vorab im Training am besten mehrmals gefahren zu sein. Leider fehlen Powermeterdaten vom Kitzbüheler Horn, weil Jonas hier mit Kompaktkurbel gefahren ist.
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