Gestern lief „Plastic Planet” in den deutschen Kinos an. Regisseur Werner Boote demonstriert uns unsere Abhängigkeit von Kunststoffen, das Ausmaß an Müll, das wir jährlich produzieren und erklärt, warum er in Kunststoffen eine Gesundheitsgefahr sieht. Größte Sorge bereitet ihm offensichtlich das seit Jahren umstrittene Bisphenol A (BPA), Ausgangsstoff von Polycarbonaten und Epoxidharzen. Polycarbonaten ist das Material Alltagsgegenständen von CDs bis zu Essgeschirr und Babyflaschen; Epoxidharze werden beispielsweise in Lacken und Klebstoffen verwendet. Und sie setzen BPA frei. Zumindest einige Milligramm. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärt uns Werner Boote das Problem.
Boote: “[…] Wenn man dann aber wie ich einen Bluttest macht, findet man heraus, wie viel Plastik man bereits in seinem Körper hat.”
SZ: “Wie viel war es bei Ihnen?”
Boote: “So viel, dass ich laut Arzt Gefahr laufe, unfruchtbar zu werden oder ein Kind mit Fehlbildungen zu zeugen.”
SZ: “Welcher Stoff wurde in Ihrem Blut gefunden?”
Boote: “Bisphenol A. […]”
Sowohl die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) als auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) kamen unabhängig voneinander zu dem Schluss, BPA sei ungefährlich.
Interessanter noch: Laut einem Gutachten der EFSA passiert mit BPA im menschlichen Körper folgendes: Die Aufnahme des hormonähnlichen Stoffes in den Blutkreislauf erfolgt in der Leber. Dort wird es glucoronidiert, dass bedeutet, bedeutet Glucuronsäure wird mit der Chemikalie verbunden, ein Vorgang den der Körper sich zu nutze macht, um Medikamente zu entgiften und wasserlöslich zu machen. BPA-Glucuronid hat keine hormonähnliche Wirkung mehr. Parallel dazu wird BPA auch in Sulfate überführt, ein weiterer „Entgiftungstrick” des Körpers. Durch die hohe Polarität der Glucuronsäure wie auch des Sulfats wird das umgewandelte BPA stark wasserlöslich und direkt mit dem Urin ausgeschieden. Laut EFSA hat BPA im Körper eine Halbwertszeit von weniger als sechs Stunden. Da frage ich mich doch, wie die großen Mengen BPA in den Bluttest von Herrn Boote gelangt sind?
Die Süddeutsche kritisiert eben diesen Bericht der EFSA, denn die EFSA unterstreicht, dass die in Rattenkörpern beobachteten hohen Konzentrationen sich nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen ließen – eine Aussage, die viele Kritiker der EFSA und des BPAs bezweifeln. Dabei ist die Erklärung ganz einfach: Genau wie im menschlichen Körper wird das BPA in der Leber der Ratte gluduronidiert. Anstatt nun aber direkt ausgeschieden zu werden, gelangt der Metabolit in den Darm, wo das ursprüngliche BPA zurückgewonnen wird. Daher ist die Halbwertszeit im Rattenkörper maßgeblich erhöht.
Mein Lieblingsbeispiel für einen Toxizitätstest, bei dem Ratten und Mäuse ungeeignete Modellorganismen darstellen, ist die Untersuchung von Alkoholen. Während der LD50 Wert für Methanol am Modellorganismus Ratte bei 5628 mg/kg Körpergewicht liegt, stirbt bereits die Hälfte alle Tiere bei der Verabreichung von 10 mg/kg Körpergewicht Ethanol. Der Mensch hingegen verträgt bekanntermaßen Ethanol wesentlich besser als Methanol. Der Grund: Alkohol wird oxidiert. Ethanol zu über Acetaldehyd zu Essigsäure (a), Methanol über Formaldehyd zu Ameisensäure (b). An letzterer übersäuert der Mensch, während Nager diese einfach weiter zu CO2 oxidieren.
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