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Das Geschlechterverhältnis unter Medizinstudenten ist heute annähernd ausgewogen. Der Anteil weiblicher Studentinnen überwiegt sogar ein wenig. Wie wir wissen, was das aber nicht immer so. In sämtlichen Naturwissenschaften waren Frauen über Jahrhunderte unterrepräsentiert, in der Medizin war dies nicht anders. Außer bei der Geburtshilfe und in der Krankenpflege hatten Frauen nichts zu suchen.

Und dann gab es da eine Frau, die im Spätmittelalter nicht nur eine der geschätztesten Medizinerinnen ihrer Zeit war – sie lehrte auch noch an der Universität Bologna.

Viel ist leider nicht bekannt über Dorotea Bucca, die Frau, die Männern beibrachte, wie man ein guter Arzt wird. Tatsache ist jedoch, dass Bologna zu dieser Zeit ein sehr fortschrittliches und so gar nicht mittelalterliches Verhältnis zur Wissenschaft hatte: Wer es sich leisten konnte, der lernte und forschte. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich Wissenschaftler in reicheren Familien häuften.

So lehrte bereits Dorotea Buccas Vater Giovanni Bucca Medizin und ließ seine damals 30-jährige Tochter dort miteinsteigen. Seit 1088 waren Frauen in der Lehre an der Universität Bologna zugelassen. Als sie begann, in der Lehre zu arbeiten, hatte Dorotea bereits ein Philosophiestudium abgeschlossen und lernte und lehrte Medizin anschließend “learning-by-doing” von ihrem Vater.

Zwar lehrte Bucca also selbstständig – ohne den Einfluss ihres Vaters wäre sie nach Einschätzungen von Historikern jedoch nie an die Universität gelangt. Nach dem Tod Giovanni Buccas übernahm sie seinen Lehrstuhl. Bis zu ihrem Tod 1436 unterrichtete Dorotea Bucca in Bologna Studenten aus ganz Europa in Medizin und später auch Moralphilosophie.

Dem spitzfindigen Leser mag aufgefallen sein, dass das obige Bild nicht aus der Zeit Dorotea Buccas stammen kann. Das stimmt. Leider sind keine Überlieferungen ihrer Räumlichkeiten mehr erhalten – beim oben abgebildeten Raum handelt es sich jedoch immerhin um den Anatomiesaal der Universität Bologna aus dem 16. Jahrhundert.

Kommentare (1)

  1. #1 Peter Artmann
    September 26, 2008

    Wie richtig geschrieben steht, sind es derzeit mehr Weiblis als Männlis. Aber die Medizin hat das weniger verändert als erwartet.
    Wahrscheinlich liegt das daran, dass die weiblichen Medizinstudentinnen viel zu sehr damit beschäftigt sind die männlichen Mediziner zu kopieren, als eine eigenständigere und zugewandtere Medizin zu praktizieren.
    Wahrscheinlich war das auch schon früher so: Noch mehr mit Fachausdrücken rumschmeißen und noch mehr Details auswendig gelernt – aber Einfühlungsvermögen?

    Das gilt auch für viele total verhärtete ältere praktizierende Medizinerinnen, die von nichts und niemanden mehr geschockt werden können und dementsprechend schon seit Jahren kein Mitgefühl mehr mit ihren Patienten empfinden.

    Aber es gibt ja auch ein paar Ausnahmen.