Maiwen Caudron-Herger ist Physikerin am Krebsforschungszentrum in Heidelberg und Mutter zweier Kinder. Heute berichtet sie vom ersten Tag ihres Sohnes in der KiTa – und wieso die Doppelbelastung als Wissenschaftlerin und Mutter ihr Familienleben sogar bereichert.
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Am 11. August dieses Jahres fahre ich früh morgens Richtung Kinderhaus und bringe meine zwei Kinder zu ihrer Betreuung. Für die Große nichts Neues, sie freut sich darauf, ihre Freundin Ariana wiederzusehen und auch, dass ihr Brüderchen ab jetzt mit ihr „arbeiten” geht. Für ihn wird alles neu: Neue Bezugspersonen, neue Räume, neues Bett und neue Spielzeuge. Er muss nun aus der Flasche trinken lernen. Wenn es funktioniert, bekommt er weiter Muttermilch.

Diese Situation ist mir schon bekannt. Bereits vor 3 Jahren habe ich meine Tochter mit 3,5 Monaten in die Kinderkrippe gebracht. Trotzdem fällt es mir wieder sehr schwer. Damals war sie nur 5 Minuten zu Fuss entfernt und ich konnte sie zum Stillen besuchen. Heute liegt meine Arbeitstelle 20 Minuten entfernt. Ich hoffe, dass er gut mitmacht. So könnte ich mich schneller auf meine Arbeit konzentrieren.

Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich gleich am ersten Tag den ganzen Tag im Labor bleiben kann. Aber er ist unglaublich. Er war fast 5 Stunden in der Kinderkrippe. Er hat gut gegessen und gut geschlafen. Von den anderen Kindern ist er sehr begeistert. Als ich die Kinder abhole, bin ich etwas erleichtert. Der erste Tag hat gut geklappt.

Schwierige Eingewöhnungsphase in die Krippe: für Mutter und Sohn

Am nächsten Morgen bringe ich sie wieder hin. Die Große rennt ins Zimmer und fängt gleich an zu spielen. Die Betreuerin kommt und nimmt den Kleinen in die Arme. Keine Tränen, kein Schrei, ein dicker Kuss und ich bin weg. Es ging so schnell, zu schnell für mich. Auf den Weg zur Arbeit kommen mir die Tränen. Sie sind nicht mehr zu stoppen.

Im Büro rufe ich meinen Mann an. Er versucht mich zu beruhigen. Letztes Mal habe ich auch so reagiert, ich hatte es vergessen. Ich muss ein paar Tage durchhalten, es wird schon besser sein. Die Eingewöhnungsphase ist ja nicht nur für das Kind schwer, sondern auch für die Mutter. Zum Glück macht er sehr schön mit.

Wenn ich meine Kinder gut versorgt weiß, dann habe ich im Labor den Kopf frei.

Im Labor kann ich mich dieses Mal viel schneller an die Arbeit machen. Den Kindern geht es gut. Ich weiß es und ich habe den Kopf frei. Ich muss nur ab und zu Muttermilch für den nächsten Tag vorbereiten.

Mit der Müdigkeit und dem Stress vom Alltag geht es erst nicht so gut. Ich soll 6 Monaten voll stillen, weil er wie seine Schwester allergiegefährdet ist. Ich bezweifle, dass es funktionieren wird und rufe deshalb meine Hebamme an. Vielleicht hat sie für mich einen guten Rat. Sicher! Ich soll kalorienreich essen, also Getreideprodukte, sahnige Produkte und Kinderbier trinken. Wenn ich vorhatte gegen überschüssige Kilos zu kämpfen, habe ich Pech gehabt! Es muss noch ein bisschen warten. Immerhin, die letzten 2 Monate Stillzeit werde ich trotz Arbeiten doch schaffen. Drei Muttermilchpausen am Tag, keine Mittagspause, oder nur ganz kurz um ein Brötchen zu holen, so viel Wert ist mir der „Kleine”.

Vom Forschungsvirus infiziert

Viele Leute verstehen nicht, dass es mir zu Hause langweilig ist. Ich möchte an meinem Projekt weiterforschen, weil es mir Spass macht.

Manche Leute würden sich fragen, wofür der ganze Stress? Warum bleibe ich nicht einfach zu Hause? Ich habe ja Anspruch auf 12 Monaten Elternzeit. Dieselben Leute würden wahrscheinlich nicht verstehen, dass es mir zu Hause langweilig ist. Dass mir meine Arbeit fehlt. Ich möchte an meinem Projekt weiterforschen, weil es mir Spass macht. Das ist von zu Hause aus nicht möglich. Ich habe Zeit für andere Sachen, klar, aber nicht für das, was mich wirklich begeistert.

Ich bin auch von meinen Kindern sehr begeistert, aber ich kann mit ihnen nicht meine ganze Zeit verbringen. Es ist egoistisch, aber ich brauche diese paar Stunden am Tag, an denen ich etwas für mich und für die Gesellschaft mache. Sobald ich sie abhole, haben sie meine volle Aufmerksamkeit. Wir spielen zusammen, gehen spazieren, malen oder basteln. Ich bin für sie da, bis sie ins Bett gehen und auch in der Nacht. Ich genieße jeden Abend und jedes Wochenende mit meiner Familie. Die Zeit ist viel reicher und intensiver, als wenn ich den ganzen Tag mit ihnen verbringen würde. Es wäre kein Spass für sie, eine frustrierte Mama bei sich zu haben.

Ausserdem, ich möchte jetzt nicht über alle Vorteile der KiTa sprechen, aber es tut den Kindern gut, so früh mit Anderen groß zu werden, Spielzeuge zu teilen und Regeln befolgen zu lernen. Ich bedanke mich bei den Betreuerinnen (es sind fast nur Frauen), die sich so schön um die Kinder kümmern.

Wenn der Arbeitstag zu schnell verfliegt

Tagsüber ist die Zeit im Labor sehr schnell um. Eigentlich reichen mir die knapp 9 Stunden, die ich habe, nicht. Oft bleibe ich länger. Papa kümmert sich dann um die Kinder. Ich versuche aber für das Gutenachtküsschen da zu sein.

Biologieforschung benötigt sehr viel Zeit. Damit in der kurzen Zeit trotzdem viel geschafft wird, ist kein Platz für Chaos. Jeder Tag ist überlegt, geplant und zeitoptimiert. Trotz aller Mühe, kommt immer wieder etwas dazwischen und ich freue mich, wenn ich mal nicht rennen muss, um die Kinder rechtzeitig abzuholen. Zu spät war ich noch nie!