“Die Welt ist im Wandel. Ich spüre es im Wasser, ich spüre es in der Erde, ich rieche es in der Luft.” (Galadriel, aus: “Der Herr der Ringe”, J.R.R. Tolkien)
Ja, die Welt ist im Wandel. Geologisch gesehen ist dies sogar nicht nur metaphorisch, sondern eher nüchtern und tatsächlich so zu sehen.
Die Bewegung, Aufspaltung und Vereinigung von Kontinenten wird als Kontinentaldrift oder Kontinentalverschiebung bezeichnet.
Diese mobile Theorie löste die erste Vorstellung der Menschen ab, die Erde sei schon seit Anbeginn der Zeit gleichgestaltlich gewesen.
Mit Beginn der Kartografie und einem immer genaueren globalen Bild allerdings drängte sich die Ähnlichkeit der Küstenlinie Südamerikas und Afrikas auf. Spannende Erklärungen fanden sich im 17. / 18. Jh., die einerseits eine Horizontalverschiebung anregten, andererseits die biblische Sintflut als Grund dieses Auseinanderbrechens sahen.
Interessant finde ich den Weitblick von Benjamin Franklin, der 1782 an Jean-Louis Giraud-Soulavie, seines Zeichens Geologe in Paris, einen Brief zukommen lies, der folgende Passage enthielt: „Solche Veränderungen in den äußeren Bereichen der Erde schienen mir unwahrscheinlich zu sein, wenn die Erde bis zum Mittelpunkt fest wäre. Ich stellte mir daher vor, dass die inneren Bereiche eine Flüssigkeit von weitaus höherer Dichte und höherem spezifischen Gewicht sein könnten als irgendeine der festen Substanzen, die wir kennen und dass deshalb die äußeren Bereiche auf oder in der Flüssigkeit schwimmen. Damit wäre die Oberfläche der Erde eine Schale, die durch die heftigen Bewegungen der Flüssigkeit, auf der sie schwimmt, zerbrechen und in Unordnung geraten kann…”
1882 stellte Osmond Fisher die Behauptung auf, dass der Pazifik die sichtbare Narbe der Abspaltung des Mondes von der Erde sei. Diese Theorie stellte Charles Darwins Sohn zehn Jahre zuvor auf. Sie besagt, dass die Erde in ihrer Frühphase stärker als heute rotierte und somit durch entstehende Instabilitäten einen Teil abspaltete, der heute als Mond unseren Planeten begleitet. Noch immer gilt diese Möglichkeit als eventuelle Entstehungstheorie, wenn auch nicht als die wahrscheinlichste. Ganz geklärt scheint das Thema noch nicht zu sein. Wer mag, kann sich hier genauer informieren.
Suess- Denkmal in Wien (wikipedia.de via Herbert Ortner)
Der österreichische Geologe Eduard Suess stellte nicht die Ähnlichkeiten der Kontinentlinien, sondern auch die Faunenzusammenhänge zur Debatte, die kontinenteübergreifend vorhanden sind. Seine Erklärung waren Landbrücken, die während des Känozoikums absanken. Suess und seine Geosynklinaltheorie galten bis in die 1960er Jahre als unangefochten fachlich richtig. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, deckt sie doch alle bis dahin bekannten Prozesse und Beobachtungen ab und ist in sich logisch.
Als 1915 Alfred Wegeners Buch “Die Entstehung der Kontinente und Ozeane” erschien, ging ein “Aufschrei” durch die geowissenschaftliche Gesellschaft. Wegener betrachtete nicht nur die offensichtlichen Küstenlinien, sondern verglich die Schelfzonen der Kontinente miteinander. Das so entstandene Bild und die mögliche Zusammenpuzzlen der Landmassen zu einem großen Kontinent war eine der größten Theorien der Geologie. Beachtlich ist auch die Tiefgründigkeit, mit der Wegener seine Arbeit verfasst hat. So verglich er auch die Gebirgsmassive Südamerikas und Afrikas miteinander und stellte sowohl tektonisch als auch mineralogisch Zusammenhänge her. Glaziale Schleifspuren gleicher Richtung und fossilie Mesosaurier, auch die rezenten Manatis, all dies lässt sich auf Südamerika/Afrika übertragen.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hatte die Theorie der Kontinentaldrift allerdings einen großen Haken- der Mechanismus war nicht korrekt erkannt worden. Dies war zu Beginn des 20. Jh. auch noch gar nicht möglich.
Alfred Wegener 1912 in Grönland
Für Wegener “schwamm” sie leichte SiAl Kruste auf der schweren SiMa Kruste wie ein Eisberg auf dem Wasser. Wie so oft, wenn Wissenschaftler etwas auf der Erde nicht erklären können, suchen sie den Grund außerhalb. Astronomische Bremskräfte durch den Mond, Gezeitenkräfte oder die “Polflucht“- bei der die Kontinente auf den Äquator zugetrieben werden aufgrund der Fliehkraft der Erde, all dies waren damals plausible Erklärungsversuche. Erst das 1960 veröffentlichte Konzept der Plattentektonik brachte Wegeners Theorie die nötige Schubkraft, um international wissenschaftlich anerkannt zu werden. Doch auch hiermit taten sich die Gesellschaften schwer, war Wegener als Person doch eine “Persona non grada” – Von Haus aus Astronom, Klimatologe und Meteorologe betrachtete er auch die Geowissenschaften als Teilmenge aller NATURwissenschaften. Fachübergreifend und thematisch ineinander greifend. Für viele war das damals undenkbar, wenn es auch heute fast selbstverständlich ist/ sein sollte, in solchen Dimensionen zu denken.
Wer mehr über ihn wissen möchte, dem sei dieses Buch: Abenteuer in Schnee und Eis – Alfred Wegener ans Herz gelegt.
Als Dankeschön fürs Lesen gibt es jetzt noch eine schicke Animation der Kontinentalverschiebung der letzten 150 Mill. Jahre:
Auseinanderbrechen Pangäas (wikipedia.de via Tbower)
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