Frauentag im Lindauer Nobelpreisträgerblog. Wir waren unterwegs und haben drei junge Frauen gefragt, was sie von einer Quote in der Wissenschaft halten, wie sich ihre eigene Zukunft vorstellen – und ob Mädchen sich generell mit Physik schwerer tun als Jungen.
30 Prozent Frauenanteil bei der Lindauer Nobelpreisträgertagung sei nicht repräsentativ, meint Tanja Westekamp, Doktorandin am Max-Planck-Institut in Dresden. Trotzdem glaubt sie, dass sich die Zeiten ändern in denen Frauen bei Naturwissenschaften in der Minderheit sind. „Die Projekte für junge Frauen bringen etwas und sind richtig.”, sagt die 29-Jährige. So habe sie Mädchen getroffen, die es auch überlegt hätten Physik zu studieren, sich dann aber „nicht getraut haben”. Das liege auch oft an der Erziehung. Egal ob bewusst oder unbewusst: Mädchen spielen traditionell mit Puppen, Jungen mit Lego – das werde oft schon im Kindergarten festgelegt. „Das hat eine eigene Gruppendynamik”, sagt sie. Von einem Lehrer habe sie gehört, dass Mädchen in der neunten Klasse oft noch naturwissenschaftlich interessiert seien. In der Elften sagten die dann plötzlich: „Physik? Das brauche ich nicht zu verstehen.”
Einer festen Quote für Frauen in höheren Positionen steht Tanja skeptisch gegenüber und erzählt die Geschichte einer ihrer Professorinnen: „Die hat sich irgendwann beschwert, dass sie in jedes Gremium muss, weil sie die einzige Professorin im Fachbereich war.” Sie selbst habe im Studium durchweg positive Erfahrungen als einzige Frau unter 15 Männern gemacht. Einer Freundin sei es da anders ergangen: „Sie hat Maschinenbau studiert. 500 Leute im Vorlesungssaal. Wenn da eine mal zu spät kam, haben die Jungs auch mal gepfiffen.”
Auch in Kanada seien allgemein Frauen in den Naturwissenschaften unterrepräsentiert, sagt Kathryn Ross, die in Ontario Physik studiert. In Biologie und Chemie gäbe es ein paar mehr Studentinnen, in Physik aber meist nur zwischen ein und fünf Prozent. Für diejenigen, die es studieren sei das aber sogar positiv. Sie hat das Gefühl, dass die weibliche Minderheit oft bevorzugt werde, weil man die Gleichbehandlung und vor allem auch das Interesse junger Mädchen an der Physik fördern wolle. Die 25-Jährige selbst hat sich in der Universität nie aufgrund ihres Geschlechts schlechter behandelt gefühlt, sie könne sich aber gut vorstellen, dass dies auch in Kanada noch vorkommt. Den Anteil an Frauen auf der Tagung hält sie für nicht repräsentativ, wahrscheinlich spiele auch hier die angesprochene Begünstigung eine Rolle. Aber die anderen Mädchen hier seien auf jeden Fall sehr qualifiziert. Noch ist sie sich nicht sicher was sie von der Privilegierung von Frauen in der Wissenschaft halten soll. Aber wenn es soweit geht, dass der akademische Hintergrund keine Rolle mehr spielt, halte sie das für ebenso schlimm wie direkte Diskriminierung. Nach ihrer Doktorarbeit möchte sie gerne in die Forschung, vielleicht auch in ein Unternehmen. Eine Professur könnte sie sich aber auch gut vorstellen. Auf jeden Fall sei sie ehrgeizig und möchte soweit wie möglich kommen. Nächstes Jahr will die 25-Jährige dann auch mit ihrer Doktorarbeit beginnen.
„Höher, schneller, weiter” – was für Männer gelte, zähle nicht gleichzeitig für Frauen, sagt Andrea Sengebusch. „Professor Giaver hat vielleicht Recht, wenn er sagt Frauen sind weniger competitive.”. Die Studentin aus Rostock glaubt nicht, dass Physik für Frauen fachlich schwieriger sei. Vielmehr hätten Frauen andere Ansprüche als ihre männlichen Kollegen. „Männer suchen die Herausforderung, aber manche Frauen wollen nicht die ganze Zeit diesen Leistungsdruck haben.” Deswegen strebe sie auch nicht nach einer der höheren Positionen, sondern möchte im Mittelfeld bleiben. „Ich will Beruf und Familie vereinbaren können”, begründet die 26-Jährige ihre Entscheidung, erklärt aber schnell: „Natürlich ist das auch eine Organisationsfrage. Auch Professoren und Manager können Familie haben.” Dennoch müsse man für die Karriere bereit sein sich selbst auch ein Stück aufzugeben.
Eine gute Initiative findet sie den „Girlsday” in Deutschland. Frauen müssten stärker an die Naturwissenschaften rangeführt werden. „Das hat viel mit Tradition und dem Gesellschaftsbild zu tun”, glaubt sie. Aber vielleicht seien junge Frauen oftmals auch einfach nicht so interessiert an Technik.
Die Interviews führten Wolfgang Denzler und Laura Höflinger.
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