Scienceblogs.de feiert 10-jähriges Bestehen.
Herzlichen Glückwunsch scienceblogs.de.
Den Anfang 2007/2008 habe ich verpasst. Ich war mit gesundheitlichen Dingen zu sehr beschäftigt und bei meiner Internetrecherche stieß ich zuerst auf Internetseiten, von denen ich heute weiß, dass sie fragwürdige Inhalte verbreiteten. 2009, ich war immer noch am Recherchieren, stieß ich auf eine Seite, die dem, was ich mir zuvor angelesen hatte, gegensätzlich gegenüberstand: WeiterGen.
Zuerst stand ich diesem Blog kritisch gegenüber, weil er dem zuvor Angelesenen widersprach. Aber die Art und Weise, wie meinen Zweifeln begegnet wurde, über-zeugte mich. Hier konnte ich mich informieren und sogar mitdiskutieren, lernen, wie wissenschaftlich vorgegangen wird und wie der Weizen von der Spreu getrennt werden kann. Scienceblogs diente mir in dieser Zeit vorrangig der Informations-beschaffung zu den Themen die mich damals wirklich bewegten und zum Erlernen einer wissenschaftlich gestützten Sicht- und Arbeitsweise. An dieser Stelle: Vielen Dank an Tobias Maier.
2010, ich hatte mich durch den kompletten Blog WeiterGen gearbeitet, sehr viel neues Interessantes gelesen und gelernt, stolperte ich über den nächsten scienceblog: Arte-Fakten. Auf Arte-Fakten wurden alle möglichen interessanten Themen vorgestellt und diskutiert, ausgiebig diskutiert und es wurde gestritten. Dieser Blog war nicht unumstritten. Aber die Themen waren interessant und ich konnte in aufreibenden Diskussionen mit anderen KommentatorInnen meinen Diskussionsstil verbessern. Besonders in Erinnerung geblieben sind zwei, die mich durch diese Zeit begleitet haben und teilweise immer noch begleiten. Ladys first: Andrea N.D., eine sehr kompetente und sehr streitbare Kommentatorin. Wir gerieten unzählige Male aneinander. Wir waren wie Feuer und Wasser und hätten uns doch prächtig ergänzt. Es war eine anstrengende Zeit. Ich lernte jede Äußerung auf Stichhaltigkeit zu überprüfen und möglichst unangreifbar zu formulieren. Es war eine sehr harte Schule und mit Sicherheit nicht nur anstrengend für mich. Der zweite war MartinB, ein Kommentator, der oft eine entgegengesetzte Position zu Jörg Friedrich bezog. Seine Kommentare waren für mich stets Augenöffner und immer einen Gedanken wert.
Die Zeit der Arte-Fakten neigte sich dem Ende zu. Und mittlerweile hatte ich einige andere scienceblogs für mich entdeckt. Ich stellte fest, dass die Harmonie auf den scienceblogs gestört war. Hinter den Kulissen gab es Streitereien und es ging um Arte-Fakten. Einiges davon konnte ich zufällig live miterleben und es trübte das bis dato komplett positive Bild der scienceblogs für mich.
Ich machte mir das erste Mal Gedanken, was scienceblogs für mich ist und stieß auf Über scienceblogs: „Auf ScienceBlogs schreiben Forscher, was sie bewegt. Journalisten veröffentlichen unredigiert. Das ist die Basis für einen neuen Dialog aus erster Hand über die Rolle der Wissenschaft in Politik, Religion, Philosophie, Kunst und Wirtschaft.“ Und „ScienceBlogs ist das Portal für diesen weltweiten Dialog – der digitale Salon führender Blogger unterschiedlicher Fachbereiche. Sie präsentieren, kommentieren und diskutieren aktuelle Themen.“
Und ich suchte den Dialog, musste aber feststellen, dass es bei den verschiedensten BloggerInnen unterschiedliche Auffassungen von Dialog gab und gibt. Das ist auch gut so, wenn man nicht gerade Dialog als ungeteilte Zustimmung versteht. Wo ein solches Verständnis überwog, eckte ich unweigerlich an. Es ging gar nicht anders. Ich eckte bei BloggerInnen und KommentatorInnen an, deren Auffassungen ich nicht teilte. Aber ich fand auch Unterstützung. Ich suchte Belege für meine Aussagen und legte starken Wert darauf, dass ich alles was ich auf scienceblogs schrieb auch belegen konnte und dass es den Fakten entsprach. Das gleiche erwartete ich auch von BloggerInnen und Kommentatorinnen. Nun, um es kurz zu fassen: Belege und Fakten haben nicht für alle den selben Stellenwert.
Arte-Fakten war Historie, neu kam Hier wohnen Drachen. Martin Bäker tauchte plötzlich als Blogger auf. Und er bloggte über Physik. Physik war für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Aber ich verstand plötzlich, die für mich kompliziertesten Dinge. Ich arbeitete die physikalischen Beiträge regelrecht durch. Die anderen Themen waren ebenfalls interessant und äußerst lehrreich. Scienceblog diente mir zur Wissenserweiterung. Mein immer schon sehr stark ausgeprägter Gerechtigkeitssinn entwickelte sich weiter durch die gesellschaftspolitischen Beiträge. Und wenn der Stress zu groß war, ließen mich Beiträge über Dinosaurier wieder zur Ruhe und zu neuer Kraft kommen. Dieser Blog ist, wie für mich gemacht.
Es klang schon an, auf scienceblogs eckte ich oft an. Die scienceblogs Netiquette fordert einen sachlichen Stil und Respekt vor anderen Meinungen:
„Die Blogkommentierung bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihre Meinung zu einem Eintrag zu äußern oder Informationen zu ergänzen. In diesem Sinne ist ein sachlicher Stil der Kommentare geeignet, der den Respekt vor anderen Meinungen wahrt.“ Ich versuche immer sachlich zu bleiben, auch wenn mein Gegenüber unsachlich wird. Meistens gelingt es. Persönliche Angriffe empfinde ich als Zeichen der Unterlegenheit, des mangelnden Respekts vor der anderen Person oder der anderen Meinung, manchmal auch als Hilflosigkeit. Dort wo keine sachliche Diskussion möglich ist, kommentiere ich nicht mehr.
Ich schwenke anscheinend immer wieder zurück auf mich und erkläre mein Verhalten, meine Einstellung, meine Werte und nicht die der scienceblogs. Ich schreibe mit Absicht „anscheinend“, denn mein Verhalten und meine Einstellung wurden in den letzten Jahren sehr stark durch die scienceblogs geprägt. Fast mein komplettes physikalisches Wissen kommt von den scienceblogs. Meine gesellschaftspolitische Einstellung wird durch die scienceblogs maßgeblich beeinflusst. Viele interessante Themen habe ich auf den scienceblogs kennengelernt. Und ich freue mich immer wieder, wenn ich vielleicht eine klein wenig zurückgeben kann, sei es auch nur durch einen ergänzenden Link.
Zurück zu den einzelnen Blogs. Mit WeiterGen, Arte-Fakten und Hier wohnen Drachen habe ich bereits drei erwähnt. Die Zahl der aktuellen Blogs ist aber wesentlich höher und die der ehemaligen nochmals höher. Alle scienceblogs, aktuelle und auch historische, werden unter dem Menüpunkt Blogs auf den scienceblogs-Seiten aufgeführt. Ich kann unmöglich auf alle eingehen, der Platz und die Zeit würden nicht ausreichen. Ich beschränke mich daher auf eine Auswahl, die ich persönlich als aktuell empfinde und die ich auch regelmäßig lese.
Astrodicticum simplex: Der Blog mit den weitaus meisten Beiträgen und Kommentaren. Das Hauptthema ist die Astronomie. Florian Freistetter schreibt aber auch unermüdlich über alle anderen Dinge, die ihn bewegen oder die an ihn herangetragen werden. Beiträge über Weltuntergang oder Homöopathie sind hier genauso zu finden wie Beiträge über Politik oder Technik. Besonders gelungen finde ich die Integration der Leser beim Blog-Schreibwettbewerb oder beim Adventskalender.
GeoGrafittico: Der Blog, wenn es um allerlei Neues aus der Welt der Forschung, Politik und Technik geht, der sich aber auch besonders mit gesellschaftspolitischen Fragen beschäftigt. Hier wird über Sexismus genauso diskutiert wie über Klimawandel oder Schusswaffengebrauch in den USA. Jürgen Schönstein demonstriert hier sehr schön, dass kontroverse Diskussionen auch sachlich geführt werden können.
Gesundheits-Check: Der Name des Blogs ist bezeichnend. Hier geht es um Gesundheit, Medizin, Gesundheitspolitik aber auch um Politik. Joseph Kuhn schreibt über Gesundheitsgefahren des Rauchens, des Passivrauchens und über die Machenschaften der Zigarettenindustrie, die sich auch in anderen Industrien wiederfinden. Gesellschaftspolitische Themen kommen hier nicht zu kurz.
Auf Mathlog widmet sich Thilo Kuessner tagesaktuellen und populärwissenschaftlichen Themen bevorzugt aus dem Reich der Mathematik.
Bettina Wurche schreibt auf Meertext vorwiegend über Meeresbewohner und Meere. Hier finde ich immer wieder Wissenswertes und Kurioses sehr interessant aufbereitet.
Wenn es um Radioaktivität geht ist Nucular die erste Wahl. Tobias Cronert vermittelt hier alles Wissenswerte mit Verzicht auf Panikmache. Hier finde ich die hilfreiche Grundlage, um Themen der Kernkraft richtig einschätzen zu können.
Ali Arbia schreibt auf zoon politikon über politische Themen, für mich ist er der kompetente scienceblogger bei weltpolitischen Themen. Leider ist es auf seinem Blog in letzter Zeit etwas ruhiger geworden.
Dies ist meine persönliche Auswahl der scienceblogs, die ich regelmäßig lese und die mir helfen meinen Wissensstand einigermaßen aktuell zu halten. Es gibt noch weitere, die ich ebenfalls bedenkenlos weiter empfehlen kann, aber bei einigen wird zur Zeit leider eine Pause eingelegt.
Ich wünsche, nicht ganz uneigennützig, den scienceblogs.de weiterhin viele interessante Beiträge und würde mich freuen, in 10 Jahren, dann zum 20-jährigem Bestehen, gratulieren zu dürfen.
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