Die Raketenbauer von SpaceX haben es geschafft: Ihre privat entwickelte “Falcon 9” hat es allen Kritikern gezeigt und eine Umlaufbahn um die Erde erreicht. Der Testflug könnte die Raumfahrtbranche grundlegend umkrempeln.
Start der “Falcon 9”, aufgenommen vom Dach des Vehicle Assembly Buildings, in dem die Nasa ihre Shuttles (und früher die “Saturn V”-Raketen) auf den Start vorbereitet.
Es war ein langer, vor allem aber harter Tag für alle Feinde der privaten Raumfahrt: Für den Jungfernflug seiner Falcon 9-Rakete hat das junge Raumfahrtunternehmen SpaceX am Freitag fast das komplette zur Verfügung stehende Startfenster gebraucht – und ist dann doch scheinbar mühelos in den Orbit gestartet. Zunächst sorgten allerdings Kommunikationsprobleme mit dem Selbstzerstörungmechanismus der Rakete für eine Startverzögerung, dann hatte sich ein Segelboot in die Sicherheitszone vor der Küste Floridas verirrt, schließlich brach der Bordcomputer wenige Sekunden vor dem Zünden der Triebwerke den Countdown ab, weil ein zuvor festgelegter, zunächst nicht näher definierter Grenzwert überschritten war.
Schließlich, um 20.45 Uhr deutscher Zeit, schoss die Falcon 9 dann doch in den Himmel über Cape Canaveral (Video bei SpaceX, Bilder bei Spaceflightnow). Sie ließ sich, so zumindest der Eindruck der übermittelten Livebilder, nicht von der Phase des größten aerodynamischen Drucks erschüttern, die etwa 1:15 Minuten nach dem Start einsetzte. Sie trennte sich nach knapp drei Minuten erfolgreich von ihrer ersten Stufe – ein Vorgang der beim Vorgängermodell Falcon 1 noch Probleme gemacht hatte. Sie zündete ihre zweite Stufe und erreichte nach etwa neun Minuten laut SpaceX die nötige Geschwindigkeit, um in einer Umlaufbahn um die Erde zu bleiben (laut SpaceX-Chef Elon Musk wurde der anvisierte Orbit nur um etwa ein Prozent verfehlt). Dass die Rakete während der letzten Minuten ihres Fluges seltsam um ihre Längsachse rotierte, ignorierte der Kommentator beiläufig.
Egal, auch so ist es ein immenser Erfolg für SpaceX, ein herber Schlag für die vielen Kritiker des Unternehmens und ein Meilenstein für die Kommerzialisierung der Raumfahrt. Denn Falcon 9 soll, obwohl privat entwickelt, in einigen Jahren die Aufgaben des Space Shuttles übernehmen und Astronauten sowie Fracht zur Internationalen Raumstation bringen. Das wäre ein grundlegender Strategiewechsel in der amerikanischen Raumfahrt und ist entsprechend heftig umstritten.
So könnte es eines Tages aussehen, wenn die “Falcon 9” im Auftrag der Nasa Astronauten zur Raumstation ISS transportiert.
Natürlich ist SpaceX nicht das erste private Unternehmen, das Raketen baut. Unter anderem Boeing und Lockheed Martin machen das in den USA seit langem, und in Europa schraubt Astrium zusammen mit seinen Partnern die Ariane zusammen. Bislang lief das aber meist im Auftrag der jeweiligen Raumfahrtagenturen ab, die – wie zum Beispiel im Fall der Ariane – die technischen Spezifikationen vorgaben und meist viel Geld für aus dem Ruder gelaufene Entwicklungskosten nachschießen müssen. Beim Shuttle, das der Nasa gehört, sind die beteiligten Firmen sogar reine Auftragnehmer.
Bei SpaceX läuft das anders: Falcon 9 wurde komplett in Eigeninitiative entwickelt, die Nasa beteiligte sich lediglich im Rahmen eines finanziellen Förderprogramms daran. Das große Geld fließt erst, wenn sich die Rakete bewährt und von der Nasa vorgegebene Kriterien erfüllt. Doch auch dann wird die Nasa keine Raketen kaufen, sondern SpaceX lediglich für bestimmte Dienstleistungen (wie den Transport von Astronauten zur ISS) bezahlen – ganz ähnlich, wie wenn die Raumfahrtagentur ein Flugzeug chartern würde.
Die große Hoffnung besteht darin, dass das für beide Seiten finanziell lukrativer ist als das alte Modell: SpaceX kann ohne den bürokratischen Überbau eines Nasa-Entwicklungsauftrages flexibler und billiger arbeiten, die Raumfahrtagentur spart Geld, das sie anderswo besser einsetzen kann. Ob das klappt und ob der heutige Rückenwind ausreicht, um die Privatisierungspläne auch politisch durchsetzen zu können, ist allerdings noch alles andere als sicher.
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