Ohne jede Begeisterung hat sich der US-Kongress nun doch darauf verständigt, der Nasa eine Zukunft zu geben. Und diese Zukunft entspricht sogar weitgehend den Vorstellungen von US-Präsident Obama. Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen.
Der Aufbruch in eine neues Raumfahrt-Zeitalter sieht anders aus: Fast jeder Parlamentarier, der sich am Mittwoch im amerikanischen Repräsentantenhaus zur Zukunft der Nasa äußerste, maulte über den vorliegenden Gesetzentwurf. Den Republikanern, sonst nicht des Sozialismus verdächtigt, ging die von Obama ins Spiel gebrachte Privatisierung der bemannten Raumfahrt zu weit. Den Demokraten ging es vor allem um Arbeitsplätze – um die Jobs, die in ihren Wahlbezirken aufgrund neu verteilter Raumfahrtaufträge auf dem Spiel stehen, vor allem aber um ihre eigenen Jobs: In einem Monat sind Parlamentswahlen, und die Prognosen sehen für die demokratischen Abgeordneten nicht sonderlich gut aus. Da werden lieber gezielt Geschenke verteilt als große Visionen zur Raumfahrt entwickelt.
Trotzdem ist ein halbwegs solides, in einigen Punkten sogar zukunftsweisendes Gesetz herausgekommen. Allerdings haben die Abgeordneten alles daran gesetzt, jede Form von Aufbruchstimmung oder gar Begeisterung für die Raumfahrt erfolgreich zu unterbinden. Das Signal aus dem Kongress an die Bevölkerung: Raumfahrt ist ein notwendiges Übel, aber immerhin schafft sie Arbeitsplätze.
Im Detail heißt das:
- In den kommenden drei Jahren soll die Nasa rund 58,4 Milliarden Dollar bekommen.
- Davon sollen 1,3 Milliarden Dollar an private Unternehmen fließen, die künftig (möglichst in Eigenregie) den Transport von Fracht und Menschen zur Internationalen Raumstation organisieren sollen.
- Das Constellation-Programm und die Pläne eines bemannten Flugs zum Mond sind so gut wie tot.
- Stattdessen sollen bemannte Missionen zu Asteroiden und irgendwann einmal auch zum Mars angestrebt werden.
- Hierfür wird bis 2016 eine bemannte Schwerlastrakete entwickelt, in deren Bau die Erfahrungen aus dem Constellation-Projekt einfließen sollen.
- Kommendes Jahr wird es einen weiteren, bislang nicht geplanten Shuttle-Flug geben.
- Die ISS soll bis mindestens 2020 betrieben werden.
Und hier beginnen die Probleme. Während der Kongress klare Vorstellungen hat, wie die neue Superrakete für den Flug in die Tiefen des All auszusehen hat, ist jetzt schon absehbar, dass für ihre Entwicklung nicht genügend Geld zur Verfügung stehen wird. Es drohen die gleichen Probleme wie beim unterfinanzierten und ständig verzögerten Constellation-Programm. Auch für den zusätzlichen Shuttle-Flug fehlt das Geld, zumal die Nasa und ihre Auftragnehmer bereits begonnen haben, das Shuttle-Programm auslaufen zu lassen. Zudem würde für einen letzten Flug der Atlantis, sollte sie im All Probleme bekommen, keine Rettungsfähre mehr bereitstehen.
Die größte Schwäche des Gesetzes: Es fehlen Visionen, es fehlen klare Ziele und Zeitvorgaben. Das Wort „Asteroid”, angeblich das große Ziel für die nächsten Jahrzehnte, kommt im 108-seitigen Gesetzentwurf gerade zweimal vor. Und zum Mars steht dort eher lapidar:
A long term objective for human exploration of space should be the eventual international exploration of Mars.
Apropos international: Immerhin haben sich nach Japan und Russland nun auch die USA offiziell für den Fortbestand der Internationalen Raumstation bis zum Jahr 2020 ausgesprochen. Fehlen nur noch die Kanadier und die Europäer, die sich bis Ende des Jahres festlegen wollen. Zugegeben, bei der europäischen Raumfahrt mit ihrem komplexen Geflecht von Abhängigkeiten weiß man nie genau, was letztlich raus kommt. Aber sollten die Esa-Mitgliedsländer tatsächlich die ISS versenken wollen, könnten sie sich in den nächsten Jahrzehnten jegliche internationale Kooperation abschminken. Für eine Raumfahrtagentur, die nicht einmal ihre nächste Marsmission allein auf die Beine stellen kann, wäre das keine wirklich nachhaltige Strategie.
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