Mathematiker wollen möglichst genau sprechen. “Die Seele eines Mathematikers” kann einen bestimmten oder irgendeinen Mathematiker meinen. Wir meinen einen ganz bestimmten, weshalb es “Die Seele eines und nur eines Mathematikers” heißen müsste. Gemeint ist Bernhard Riemann, der sich 1854 in Göttingen mit dem berühmten Vortrag “Über die Hypothesen, die der Geometrie zugrunde liegen” habilitiert hat.
Der oben erwähnte Habilitationsvortrag von 1854 gehört zu den großen Momenten der Mathematikgeschichte, worauf hier nur hingewiesen wird. Beim Nachdenken über die Geometrie, die man auch Weltvermessung nennen könnte, schien es Riemann möglich zu sein, “jenseits der von Galilei und Newton gelegten Grundlagen der Physik ins Innere der Natur zu dringen”, wie es in einem Manuskript aus dem Nachlaß heißt. Den Mut dazu macht ihm eine Einsicht, deren Datum er sogar notiert hat: “Gefunden am 1. März 1853”. Wir zitieren hier, was Rieman gefunden hat (in seiner Rechtschreibung), und riskieren keinen Kommentar – laden aber wohl dazu ein:
“Der Grund der allgemeinen Bewegungsgesetze für Ponderabilien [wägbare Stoffe], welche sich im Eingange zu Newtons Principien zusammengestellt finden, liegt in dem inneren Zustande derselben. Versuchen wir aus unserer eigenen inneren Wahrnehmung nach der Analogie zu auf denselben zu schließen. Es treten in uns fortwährend neue Vorstellungsmassen auf, welche sehr rasch aus unserem Bewußtsein wieder verschwinden. Wir beobachten eine ständige Tätigkeit unserer Seele. Jedem Akt derselben liegt etwas Bleibendes zu Grunde, welches sich bei besonderen Anlässen (durch die Erinnerung) als solches kundgibt, ohne einen dauernden Einfluß auf die Erscheinungen auszuübern. Jedem Act unserer Seele liegt also etwas Bleibendes zu Grunde, welches mit dem Act in unsere Seele eintritt, aber in demselben Augenblick aus der Erscheinungswelt völlig verschwindet.
Von dieser Thatsache geleitet, mache ich die Hypothese, daß der Weltraum mit einem Stoff erfüllt ist, welcher fortwähred in die ponderablen Atome stömt und dort aus der Erscheinungswelt verschwindet.
Beide Hypothesen lassen sich durch die Eine ersetzen, daß in allen ponderablen Atomen beständig Stoff aus der Körperwelt in die Geisteswelt eintritt. Die Ursache, weshalb der Stoff dort verschwindet, ist zu suchen in der unmittelbar vorher dort gebildetetn Geistessubstanz, und die ponderablen Körper sind hiernach der Ort, wo die Geisteswelt in die Körperwelt eintritt.”
Dieser kleine Beitrag ist für eine und nur eine Frau, nämlich die, die am Tage der Veröffentlichung Geburtstag hat und diesen Blogger kennt.
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