Irgendwann gehörte es zum Standardbild eines Hörsaals, daß in ihm strickende, häckelnde oder sonstwie alternativ beschäftigte Personen saßen, die offenbar keine Zeit für den Fall verschwenden wollten, daß das Gehörte – die Vorlesung – über ihre Köpfe hinweg ging. Als das Strickzeug aufgebraucht war, kam die Wasserflasche. Heutzutage gluckst es dauernd, wenn in der Universität gelehrt wird, wobei das Herumschleppen von Wasserflaschen auch zum Standard von Rucksackreisenden gehört, die sich dadurch noch breiter machen. Sie können auch aus dem Stegreif erläutern, weshalb man nie ohne Wasserflasche sein und helle Nass literweise zu sich nehmen soll. Ich selbst hatte immer ein schlechtes Gewissen. Ich trinke Wasser nicht gerne, weil es zum einen doch schon in meinem Mund ist und also nicht schmeckt, und weil ich zum zweiten dann dauernd austreten – Wasser abschlagen – muss. Ich habe nie solche Flaschen mit mir rumgeschleppt, und jetzt bekomme ich Zustimmung dafür von Wissenschaft. Weg mit den Wasserflaschen!

Die für mich gute Nachricht steht im “Clinical Journal of the American Society of Nephrology” (DOI:10.1681/ASN.2008030274), wobei ich mich bei den Angaben auf das britische Magazin NEW SCIENTIST (Ausgabe vom 5.4.08, S. 7) verlasse: Wer viel Wasser trinkt, tut sich NICHTS GUTES an – es sei denn, man lebt als Leistungssportler in der Wüste. Wasser zügelt den Appetit nicht, verhindert keine Kopfschmerzen, verbessert weder die Haut noch innere Organe durch das Spülen der Nieren, und so weiter. Wasser ist zum Waschen da, ansonsten kann man die Flaschen endlich zu Hause lassen. Bitte ab sofort. Danke
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Kommentare (3)

  1. #1 jc tyler
    April 9, 2008

    Im Hörsaal zu stricken oder zu trinken, warum nicht gleich telefonieren und das Baby wickeln? Die Pseudotoleranz der Unis in diesem Kontext ist gehirnlos dumm. Der Hörsaal ist zum Hören da. Dozenten, die das nicht durchsetzen, haben da nicht vorzulesen, und Studenten, denen das Hören zu dumm, langweilig und nicht auslastend genug ist, haben da nichts verloren. Und was die Quantität angeht, jeder Läufer weiss, dass zuviel Wasser die Leistungsfähigkeit mindert; was ist daran neu? Dass ein Haufen Amis jeden Tag drei, vier Liter Wasser trinkt, sich deshalb bio vorkommnt und trotzdem fett bleibt ist noch nicht auf Europa übertragbar. Oder ist das ein Trivial Pursuit Test? Aber schön, dass Sie’s auf die Tapete gebracht haben.

  2. #2 Monika Armand
    April 9, 2008

    Wahrscheinlich wird dank widersprechender Studien noch ein “Wasserstreit” daraus 😉
    Dann gilt vermutlich wieder das Prinzip – nur nichts übertreiben….

    @ jc tyler
    “Im Hörsaal zu stricken oder zu trinken, warum nicht gleich telefonieren und das Baby wickeln? Die Pseudotoleranz der Unis in diesem Kontext ist gehirnlos dumm”

    Na, na nicht so hart:-) Ich gehöre zu jener Generation, welche strickend im Hörsaal saß. Das kann sich nur niemand mehr vorstellen, weil heute kaum noch jemand wirklich stricken kann. Wir hatten das Stricken so automatisiert, wie ein anderer das Däumchen drehen. Das haben unsere Profs durchaus auch gemerkt. Also warum sollten Sie das nicht tolerieren? Außerdem bestand in Vorlesungen sowieso keine “Anwesenheitspflicht”. Während meines zweiten Studiums vor 10 Jahren waren die Verhältnisse dann völlig anders. Nichts stricken, nichts trinken, auch noch keine Handys – dafür an allen Ecken und Enden ständig störendes Gequassel. Also dann doch lieber schweigsame, zuhörende und strickende Studenten 😉

  3. #3 mag_mor
    April 22, 2008

    Da stört sich aber wohl Jemand, dem man sonst evtl weniger zuhört. Ich studiere und ich weiß, dass ich auch beim Stricken zuhören kann und wenn ich Durst habe, macht es Sinn zu trinken, da man sonst abschweift und sich überlegt, wie man am Besten etwas Trinkbares auftreibt. Zuhören kann ich dennoch, sogar besser als manch nichttrinkende, nichtstrickende Kommilitonen.

    MfG

    Mag