Es gibt auch noch was anderes als Wissenschaftsblogger ;-). Man kann zum Beispiel über Mode bloggen. Doch. Die taz hat letztens eine Modebloggerin aus Berlin interviewt. Was macht man so als Modebloggerin: Man fotografiert Menschen auf der Straße, die gut aussehen.
Lassen wir die Steinzeit endgültig hinter uns. Und bevor wir ein paar tausend Jahre weiterwandern zu den Ägyptern und Griechen, wieder ein kurzer Sprung in die Gegenwart.
Beim letzten Mal verwies ich auf einen Artikel über den fehlenden Stil deutscher Männer im SZ-Magazin. Die Autorin hatte, um ihre These zu belegen auf einen US-Blogger verwiesen:
“Der wichtigste Modeblogger der Welt, der Amerikaner Scott Schuman, stellte bei seinem letzten Besuch in Berlin fest, dass es hier viele attraktive Menschen gebe, die sich aber wohl absichtlich hässlich stylen würden. (…) Auf seiner letzten Berlin-Reise im April hat er nur eine einzige Frau entdeckt, die er für seine Seite fotografieren wollte.”
Vielleicht hat er nicht richtig geguckt. Denn da gibt’s sehr wohl was zu sehen und zu fotografieren. Die taz hat zuletzt die Modebloggerin Mary Scherpe interviewt, die sich auf die Berliner Mode (oder sollte ich sagen: den Berliner style) spezialisiert hat. Die findet eine ganze Menge gut angezogener, stilvoller Menschen auf den Straßen von Berlin, die sie dann in ihrem Blog Stil in Berlin präsentiert.
Scott Schumann hatte noch bemängelt, dass in Deutschland Frauen kaum hochhackige Schuhe trügen, das wäre in anderen Ländern ganz anders. Er hat es nur nicht begriffen. In Berlin ist das Teil des styles:
taz: Frau Scherpe, Ihr Blog heißt “Stil in Berlin”. Was ist denn Berliner Stil?
Mary Scherpe: Ich finde, er zeichnet sich in erster Linie durch eine allumfassende Sorglos-Attitüde aus. Im Vergleich zu anderen Städten mit ähnlicher Größe und Bedeutung ist der Berliner ein sehr entspannter und auch ein bisschen zurückgelehnter Zeitgenosse. Zumindest in der Modeszene: Man steht hier eher spät auf, die Frauen tragen selten hohe Schuhe. Ganz anders als Paris zum Beispiel, wo die Frauen fast alle hochhackig unterwegs sind. (…) schließlich misst sich die Modeaffinität einer Stadt nicht an der Höhe der Schuhe.
Aber auch Mary Scherper weiß, warum Mode in Deutschland ein Problem hat:
Mary Scherpe: Ein Grund ist sicher, dass die Modeindustrie in Deutschland nicht so einen Stellenwert hat wie etwa in Frankreich oder England. Dort ist Mode ein ganz wichtiger Industriezweig, mit Schneidereien, Stoffherstellern und so weiter. In Deutschland ist die Textilindustrie mittlerweile fast vollständig weggebrochen.
Auch interesasant:
taz: Bei “Stil in Berlin” findet man vorwiegend junge, schlanke, europäisch aussehende Leute. Warum?
Mary Scherpe: Ältere und korpulentere Menschen fragen wir auch, die lassen sich aber ungern fotografieren. Wir fragen außerdem mehr Junge, weil die Experimentierfreude offensichtlich mit dem Alter nachlässt. Am Maybachufer gab es auch schon ein paar türkische Frauen, die wir gerne fotografiert hätten, sie wollten aber nicht.
Was ist schlechter Stil?
Mary Scherpe: Schlechten Stil erkennt man, wenn wahnsinnig viel gezuppelt wird. Da gab es vor dem Spiegel offensichtlich Momente, in denen klar war: Wenn es hier nicht genauso weit nach unten gezogen wird, siehts komisch aus. Wenn Schuhe weh tun, muss man trotzdem laufen, als täten sie nicht weh. Ich mag, wenn jemand mit Mode spielen kann. Das ist auch Übungssache.
Und: Wer sich mit Mode beschäftigt ist nicht oberflächlich! – findet Mary Scherpe.
Mary Scherpe: In Deutschland gibt es immer dieses Vorurteil: Alle, die sich mit Mode beschäftigen, haben nichts Besseres zu tun. Und oberflächlich sind sie obendrein.
taz: Sind sie nicht?
Mary Scherpe: Sehen Sie, neulich lud ich auf unserer Facebook-Seite zwei Werbeplakate hoch. Das eine fand ich äußerst sexistisch, das andere rassistisch. Prompt kamen Kommentare wie: “Mode ist per se nicht politisch.” Dabei ist gerade Rassismus leider alltäglich in der Mode.
Warum Rassismus in der Mode alltäglich ist, erklärt sie dann im Interview auf der taz-Seite und natürlich wie sie ihre Fotos macht usw.
Hier lang geht’s zu ihrem Blog Stil in Berlin.
(Hat schon Vorteile einen Blog nur mit Fotos zu machen, dieses ganze Schreiben hält schon auf … wie könnte das wohl in der Wissenschaft aussehen …)
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