Auch wenn im Mittelalter Kosmetik als Gotteslästerung galt, existierten diverse Sammlungen von Schönheitsrezepten. Ein besonders umfangreiches Angebot gab es an Rezepturen zur Haarentfernung. Die verwendeten Zutaten waren allerdings äußerst kreativ und nicht immer besonders appetitlich.

Schminken und der
Gebrauch von Kosmetik waren im Mittelalter im deutschen Sprachraum nicht
unbekannt. Davon zeugen, wie Gesa Dane in ihrem Buch “Die heilsame
Toilette” schreibt, schon die überlieferten Predigten in denen heftig gegen die Benutzung der künstlichen Farbe gewettert wird.

Schminken galt als Gotteslästerung.

Wer Schminke benutzte, griff in den Augen der Kirche in die Schöpfung Gottes ein. Schminke galt daher als Teufelszeug und ihr Gebrauch kam quasi einer Gotteslästerung gleich. Denn: Wer Schminke benutzte, hatte etwas zu verbergen und wer Gott gegenüber nicht ehrlich ist, ist auch den Menschen gegenüber nicht ehrlich. Der einzige Schmuck, mit dem frau sich demnach in der Öffentlichkeit zeigen sollte, war ihr guter Ruf.


In anderen Epochen und auch in der heutigen Zeit für viele Frauen wahrscheinlich die reinste Horrorvorstellung. Nicht wenige würden ungeschminkt nicht einmal den Müll rausbringen, geschweige denn ohne gut gefüllte Beautycase für längere Zeit das Haus verlassen.

Haarentfernung erlaubt

Das die Verwendung kosmetischer Mittel Teufelszeug war, sahen einige Menschen aber offenbar anders. Denn nichtsdestotrotz, existierten im Mittelalter zahlreiche Rezepturen für diverse Schönheitsmittel. Bei dem anglo-normannischen „L’ Ornement des Dames” aus dem 13. Jahrhundert handelt es sich zum Beispiel um eine Sammlung, die ausschließlich aus kosmetischen Rezepten besteht. Eine der größten kosmetischen Schriftsammlungen des Mittelalters ist die sogenannte „Trotula minor“, eine Schrift über Hautkrankheiten und Kosmetika die schätzungsweise aus dem 11. oder 12. Jahrhundert stammt. Als Verfasserin gilt die italienische Ärztin Trotula di Ruggerio aus der medizinischen Schule von Salerno.

Ratschläge für die Haarentfernung gab es viele.

Relativ zahlreich sind beispielsweise die Rezepte zur Entfernung von lästigen Haaren. Was möglicherweise dem Umstand geschuldet ist, dass die reine weiße Haut im Mittelalter eines der zentralen Schönheitsmerkmale bei Mann und Frau darstellte. Bei den Damen kam später noch die hohe Stirn hinzu, die es notwendig machte, einen Teil der vorderen Haare und gegebenenfalls die Augenbrauen zu entfernen. Natürlich standen auch im Mittelalter schon Rasiermesser und Pinzetten zur Verfügung. Diese galten bereits ab dem 13. Jahrhundert als unverzichtbare Utensilien der weiblichen Kosmetik. Bimssteine, mit denen die Haare abgerubbelt wurden, gehörten wohl ebenfalls zu den gängigen Hilfsmitteln.

Ätzkalk im Kampf gegen unerwünschten Haarwuchs
Neben diesen mechanischen Hilfen wurden auch chemische Mittel verwendet, um unerwünschte Körperhaare loszuwerden. Ein weit verbreitetes und angeblich sehr effektives Mittel der Haarentfernung war eine Mixtur aus Ätzkalk (Calciumoxid), Auripigment (Arsen-III-sulfit), Wasser und Öl. Diese Bestandteile wurden zu einer breiartigen Masse verrührt und auf die gewünschten Körperstellen aufgetragen. Für Menschen mit empfindlicher Haut war sie aufgrund ihrer Inhaltsstoffe allerdings weniger geeignet. Aber einmal abgesehen vom Arsensulfit und ein paar anderen kleinen Veränderungen, ist diese mittelalterliche Enthaarungscreme übrigens den heute angebotenen Mitteln wohl nicht unähnlich.

Die Alternative: Krötenblut und Hundemilch
Verglichen mit einigen mittelalterlichen Rezeptvorschlägen sind diese Methoden der Haarentfernung jedoch regelrecht langweilig. Bei der Zusammensetzung anderer Mittel zeigte man sich da deutlich kreativer: Hundemilch, zerkochte Blutegel, eine Mischung aus Quecksilber und Essig oder zu Pulver verbrannte junge Tauben, sollten die Haare ebenfalls verschwinden lassen oder für den Fall, dass man sie schon ausgezupft hatte, ein Nachwachsen verhindern.

Hier also ein paar mittelalterliche Enthaarungstipps für den Fall, dass der Epilierer mal ausfallen sollte oder die Rasierklingen ausgehen:

1. Wer will, das ihm das Haar nicht wächst, der breche das Haar aus und streiche Fledermausblut oder das Blut junger Kröten oder Hundemilch dahin, so wächst es nicht. (Nürnberg, Stadtbibliothek, Cod. Amb. 55, Nr. 37)

2. Willst du, dass das Haar nicht wächst, so nimm Egel und tue sie in einen Topf und brenne sie zu Pulver. Und zur gleichen Zeit, zu der du das Haar ausgerupft hast, tue das Pulver daran. (Karlsruhe, Kodex St. Georgen 73, fol. 205v und 214r)

3. Junge Schwalben zu Pulver gebrannt und mit Bibergeil und mit ein wenig Essig vermengt und eine Stunde über das Feuer gestellt, daraus soll man das Wasser auffangen. Dieses Wasser soll man aqua irundinea nennen. Dies Wasser mit Hyssopus officinalis läßt das Haar abfallen, wo man es einreibt und wächst nimmermehr. (British Museum, Hs. Sloane 345, fol. 59v-60r)

4. Du sollst Quecksilber nehmen und es so lange mit einem wenig Essig schlagen, das es sich mit dem Essig vermischt, das es aussieht wie eine Salbe und es dann auf Pergament oder auf ein Tuch streichen, das lässt sie ebenso verbrennen. (Stockholm, Königliche Bibliothek, HS X 113, fol. 2r)

5. Damit die Haare nicht wieder wachsen. Vermische Sandaraca, Iris und Saft vom Bilsenkraut zu gleichen Teilen und bestreiche den Ort, und die Haare fallen aus und kommen niemals wieder hervor. (Codex Bambergensis, Bayerische Staatsbibliothek München, Msc. med. 2 (L. III 6), fol. 23v-24r)

Inwieweit diese unappetitlichen und vermutlich auch nicht ganz geruchsneutralen Rezeptvorschläge tatsächlich angewendet wurden ist allerdings unklar. Die Beschaffung der Zutaten dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach aber einigen Aufwand verursacht haben und wäre in der heutigen Zeit allein schon aus Gründen des Tierschutzes kaum denkbar;-)

Augen wie Sterne so schön

Ebenfalls heiß begehrt und eines der zentralen Schönheitsmerkmale des Mittelalters waren -neben der weißen Haut, die blauen und vor allem strahlenden Augen.

War den Damen von Natur aus die blaue Augenfarbe nicht vergönnt, so sollten die Augen doch wenigstens möglichst strahlend erscheinen, um die Attraktivität zu erhöhen.

Heute greift man selbstverständlich zu Mascara und Eyeliner, um das gewünschte Resultat zu erzielen. Im Mittelalter standen derartige Hilfsmittel allerdings nicht zur Verfügung. Doch auch die Frau von damals wusste sich zu helfen, wenn auch das Mittel ihrer Wahl eine unangenehme Nebenwirkung mit sich brachte.

Schönheitsmittel mit Nebenwirkungen
So war es vor allem bei der feineren Gesellschaft Italiens in Mode, ein Extrakt aus den Blättern der Tollkirsche in Form von Augentropfen als Kosmetik zu benutzen. Die Inhaltsstoffe der Pflanze bewirken eine Erweiterung der Pupillen und lassen die Augen dadurch größer erscheinen. Eine Wirkung, die der Tollkirsche auch den Beinamen „Belladonna” (ital. Schöne Frau) einbrachte.

Die unangenehme Nebenwirkung des Mittels: Die Sehkraft der Augen ließ für einige Tage nach. Ein Umstand, der Frauen aber möglicherweise wenigstens dabei geholfen haben mag, fehlende Schönheitsattribute bei einigen Männern zu übersehen.

Quellen:

  • Dane, G.: Die heilsame Toilette: Kosmetik und Bildung in Goethes ‘Der
    Mann von fünfzig Jahren. Wallenstein, Göttingen 1994
  • Gnegel, F.: Bart ab. Zur Geschichte der Selbstrasur. DuMont
    Reiseverlag, Ostfildern 1998
  • Fontaine, F.: Zur kulturellen Bedeutung der Körperenthaarung bei Frauen.
    Grin, München 2009
  • Bartels, R. & Bartels, H.: Physiologie: Lehrbuch der Funktionen des
    menschlichen Körpers. Elsevier, München 2004
  • Lüllmann, H., Mohr,K. & Wehling, M.: Pharmakologie und Toxikologie.
    Thieme, Stuttgart 2002

Kommentare (1)

  1. #1 S.S.T.
    September 24, 2010

    In seinem Buch ‘Historical Blunders’ beschreibt G. Reagan eine weitere Anzahl von Scheußlichkeiten in der Kosmetik. U.a. wird das Venetian cersuse (ungef.: venizianische Politur) erwäht, das aus Bleiweiß bestand. Elsisabeth I. soll das so dick aufgetragen haben, dass ihr Gesicht einer verwitterten Gallionsfigur eines Schiffes entsprach, von der die Farbe abblätterte. Als Rouge diente neben Ocker Quecksilbersulfid. Die schleichende Bleivergiftung führte zu einem katastrophlen Zahnstatus. Immerhin setzte sie damit die Maßsstäbe für ihren Hofstaat, dem allerdings noch weitere ‘Nettigkeiten’ einfielen, um ein ‘schönes’ bleiches Aussehen zu erzielen…