Der Griff zur Krawatte ist für viele Männer heute so selbstverständlich wie der Griff zur Zahnbürste. Manche Männer müssen sie aus beruflichen Gründen fast täglich tragen, andere holen sie lediglich zu besonderen Anlässen hervor. Doch woher kommt das Stück Stoff -das man sich mal mehr oder weniger gekonnt um den Hals windet- eigentlich ?
Schon in China, dem Römischen Reich und im alten Ägypten wurden quasi
Vorläufer der Krawatte getragen. Doch die wahre Geburtsstunde der
klassischen Krawatte liegt angeblich im Frankreich des 17.
Jahrhunderts. Die Legende besagt, dass die Krawatte ihren Siegeszug
sozusagen dem Aufmarsch kroatischer Söldner zu verdanken hat. Als diese
bei einer Truppenparade vor dem König (Ludwig XIV.) aufmarschierten, erregte ein Teil
ihrer Uniform seine besondere Aufmerksamkeit: Ein weißes Stück Stoff,
hravatska genannt, das als Schleife oder Rosette am Kragen befestigt
war und dessen Enden auf die Brust hingen. Dieses Fetzchen Stoff gefiel
dem König angeblich so gut, dass es nicht nur als modisches Accessoire
am Hofe eingeführt wurde, sondern auch zum Statussymbol avancierte.
Anstelle des einfachen weißen Stoffs zierten nun allerdings wertvolle
Spitze und edle Stoffe in den verschiedensten Farben die Hälse der
edlen Herren.
Krawattenauswahl als Ritus
Der König selbst war angeblich der größte Krawatten-Fan des Hofes und entwickelte eine regelrechte Leidenschaft für diesen Halsschmuck. Ein eigens angestellter Cravatier präsentierte dem Sonnekönig jeden Morgen eine Auswahl an Krawatten, aus denen sich Ludwig XIV. eine auswählte und selbst anlegte.
Den richtigen Sitz und die Feinheiten des Ordnens überließ er jedoch wieder seinem Cravatier:
„Der Cravatier bringt zur Folge seines Postens den Hals des Königs in Ordnung, aber die Pflicht, das Halstuch zu binden liegt dem Garderobenmeister ob. Wenn aber der Cravatier findet, dass das Tuch aber nicht gut umgebunden ist, kann er es schieben, oder auch selbst anders binden, muß sich aber zuvor sorgfältig überzeugen, dass ein höherer Beamter der persönlichen Bedienung des Königs zugegen ist …”
Krawatte mal anders
Eine Geliebte des Königs, die Herzogin Louise de La Valliere, griff diese Herrenmode auf und entwickelte daraus ihren ganz eigenen Stil. Sie trug den Stoff direkt auf dem Hals zu einer Schmetterlingsschleife gebunden. Aus dieser Art des Bindens entwickelten sich unzählige Variationen, die sich vor allem später -im 19. Jahrhundert- größter Beliebtheit erfreuten.
Die Amerikaner haben sie entwickelt
Seit der damaligen Zeit ist die Krawatte aus dem Leben der Männer nicht mehr wegzudenken. Ihre heutige Form wurde jedoch erst in den 20er Jahren von dem New Yorker Krawattenhersteller Jesse Langsdorf entwickelt. Seit dieser Zeit hat der Schlips, wie er auch genannt wird, auch eine Länge von circa 145 Zentimetern. Die Breite variierte je nach Mode zwischen zwei und 15 Zentimetern. Langsdorf ließ die Krawatten aus drei schräg zugeschnittenen Stoffstücken zusammennähen, was diese nicht nur flexibler machte, sondern auch verhinderte, dass sie sich ständig verdrehten. Nach dem Verfahren, das sich Langsdorf patentieren ließ, werden im Übrigen auch heute noch viele Krawatten hergestellt.
Knoten gibt es viele
Das Binden der Krawatte ist offenbar eine Wissenschaft für sich. Wer glaubt mit zwei bis drei Konten das Potential der Bindemöglichkeiten ausgeschöpft zu haben, der irrt. Ganze 188 Arten stellen Davide Mosconi und Ricardo Villarosa in ihrem Buch „188 Facons de nouer sa cravatte” vor.
Und noch ein kleiner Hinweis zum Schluss: Eine Krawatte sollt mit der Spitze auf dem Gürtel enden. Um das zu schaffen hilft aber kein Buch, sondern nur das Eine – testen und üben.
Quellen:
- Ohrendorf, M.: Taschenlexikon der Mode-Begriffe. Humboldt, Hannover 2004
- Rakewitz, G.; Krause, G. & Lenning, G.: Kleine Kostümkunde. Schiele & Schoen, Berlin 2003
- Pohlmann, N.: Krawatten-Knigge. Gräfe & Unzer, München 2007
- Rusche, Th.: Kleines SOR-Brevier der Kleidungskultur: der Ratgeber für den Herrn. Lit-Verlag, Berlin 2006
- Touchard-Lafosse, G. & Alvensleben von, L.: Chronik des Oeil de Boeuf der innern Gemächer des Schlosses und der Gesellschaftssäle von Paris. Eine Schilderung der Sitten und ihres Verfalles unter den Regierung Ludwigs XIV., der Regentschaft Ludwigs XV. und Ludwigs XVI. Band 1, Wigand’sche Verlags-Expedition, Leipzig 1832
- Altenaar van, J.: Sammelsurium für Männer. Moderne Verlagsgesellschaft, München 2007
- Mosconi, D. & Villarosa, R.: Les 188 Facons de nouer sa cravatte. Flammarion, Paris 1985
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