Botox ist seit Jahren nicht nur in aller Munde, sondern vor allem in vielen Gesichtern. Das Nervengift ist vom Medikament zum Anti-Aging-Produkt avanciert. Was dabei mitunter scheinbar gern verdrängt wird: Die Substanz glättet nicht nur die Falten, sie hat auch Nebenwirkungen.
Botulinumtoxin, kurz Botox, ist ein neurotoxisches Protein. Es wird vom Bakterium Clostridium Botulinum Clostridium botulinum produziert und ist eines der stärksten bekannten Gifte. In der Medizin wird es zum Beispiel bei der Behandlung von Bewegungsstörungen (Dystonien), spastischen Paresen, vermehrter Schweißbildung (Hyperhidrose) oder Kopfschmerzen eingesetzt.
Faltenfrei und Spaß dabei
Aber auch auf dem Schönheitsmarkt sind Botox-Injektionen seit Jahren der Renner. Der kleine Piks verspricht weniger Falten und eine straffere Haut, die das Alter (zumindest äußerlich) wegmogeln. Keine zeitaufwendigen Gesichtspackungen, kein schmerzhaftes Facelifting; ein scheinbar jüngerer, attraktiverer Mensch in kürzester Zeit -tolle Aussichten, die viele Menschen locken. Da werden Botox-Flatrates angeboten als wären es Telefon- oder Internet-Flatrates. Und wenn Frau oder auch Mann abends das Haus verlässt, geht es nicht mehr zur Tupper-Party, sondern zur Botox-Party. Dort bekommt man dann Häppchen und nimmt anstelle von Salatschüsseln oder Frischhaltedosen ein glatteres Aussehen mit nach Hause.
Verjüngt aus der Mittagspause
Botox gehört heute offenbar zur Anti-Aging Behandlung, wie Faltencreme und Gurkenmaske. In Amerika geht man in der Mittagspause schon nicht mehr mit Kollegen essen, sondern lässt sich lieber einen Schuss gegen die Falten verpassen. “Botox to go” anstatt “Kaffee to go” ist hier der neue Pausenhit. Bei der Behandlung werden nicht die Falten direkt unterspritzt, sondern die verursachenden Muskel gelähmt. Wird Botox in die entsprechenden Muskeln injiziert, wird dort die Reizübertragung vom Nerv zum Muskel gehemmt, der Muskel entspannt sich dadurch und die darüber befindliche Haut wirkt glatter. Das Ergebnis ist nach wenigen Tagen sichtbar und hält etwa vier bis sechs Monate an, dann ist Nachschub gefragt, um den schönen Schein zu wahren.
Kein Zuckerwasser, sonder starkes Nervengift
Das Botox-Behandlungen inzwischen für viele Menschen offenbar genauso selbstverständlich sind, wie die Tasse Kaffee am Nachmittag, sollte jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die Substanz kein harmloses Zuckerwasser ist, sondern das uns stärkste bekannte Nervengift in der Natur. Angeblich sollen bereits zwei Kilogramm ausreichen, um die gesamte Menschheit dahinzuraffen.
Auch wenn das Gift stark verdünnt verabreicht wird, sind Nebenwirkungen nicht auszuschließen. Wird falsch gespritzt, können auch schon mal andere Gesichtspartien in Mitleidenschaft gezogen werden. Dann sind nicht nur die Falten weg, sondern möglicherweise hängt auch das Augenlid oder ein Mundwinkel nach unten. Im Falle einer Überdosierung kann es zu starken Funktionseinbußen, zum Beispiel bei der Sprachbildung, kommen oder der Mund kann nicht mehr richtig geschlossen werden. Diese Nebenwirkungen verschwinden zwar wieder, aber je nach Dosis eben erst nach einigen Wochen bzw. Monaten.
Gesichter ohne Mimik
Die Augen zusammenkneifen, weil die Sonne blendet oder seinen Gefühlen durch entsprechende Mimik mehr Ausdruck verleihen? Nach Botoxinjektionen wird das mitunter schwierig, denn das Gift schwächt oder verhindert -je nach Dosis- eine Kontraktion des Muskels. Eine zu hohe Dosis kann Gesichter maskenhaft wirken lassen und ihnen die Natürlichkeit nehmen. Resultat: das sogenannte Frozen Face. Vor allem in Hollywood meint man es offenbar häufiger zu gut mit der gespritzten Menge. Filmregisseur Martin Scorsese beklagt sich angeblich schon länger darüber, dass es immer schwerer wird Schauspieler zu finden, die noch Gefühle wie Wut, Zorn oder Trauer ausdrücken können.
Botox lähmt nicht nur die Muskeln
Doch Botox glättet nicht nur Zornesfalten, Sorgenfalten oder Stirnfalten, sondern lähmt möglicherweise auch das Gehirn. Forscher der Universität Wisconsin-Madison haben in einer Studie herausgefunden, dass die Botox-Spritzen nicht nur die Falten glätten, sondern offenbar auch die Denkkraft leicht vermindern und das Sprachverständnis stören.
Die Wissenschaftler unterzogen 20 Frauen vor und nach der Botox-Behandlung einen Sprachtest. Nach der Behandlung benötigten die Frauen durchschnittlich etwa eine Sekunde länger, um Informationen zu verarbeiten als davor. Unter anderem galt es folgenden Satz richtig zu verstehen: “Du verabschiedest dich lang von deinem Freund, von dem du dich für immer trennen musst.” Anschließend wurde ein Art Kontrollfrage gestellt wie: “Werden Sie Ihren Freund je wiedersehen? Die Studienteilnehmer sollten darauf schnellstmöglich mit “Ja” oder “Nein” antworten. Ergebnis: Die Teilnehmer brauchten nach der Botox-Behandlung länger für die richtige Antwort als vor der Behandlung.
Ohne Mimik weniger Verständnis für Emotionen
Die Wissenschaftler erklären die längeren Reaktionszeiten damit, dass wir bei Gefühlen wie Trauer oder Zorn die Stirn in Falten ziehen, um diese besser zu verstehen. Das bedeutet; sehen oder lesen wir etwas sehr Gefühlsbeladenes, simuliert unser eigenes Gesicht wohl innerhalb von einigen hundert Millisekunden die entsprechende Mimik, zum Beispiel Trauer. Ähnlich reagieren wir auch auf die Gefühle, die die Gesichter anderer Menschen widerspiegeln. Werden wir von einem anderen Menschen angelächelt, dauert es maximal 400 Millisekunden, bevor wir selbst den Mund zu einem Lächeln verziehen, selbst wenn wir es kaum bemerken. Durch diese Simulation wird die Gefühlsregung angeblich auch für unser Gehirn deutlicher. Sind wir selbst nicht mehr in der Lage unsere Stirn in Falten zu ziehen, verstehen wir -nach Aussage der Forscher- auch Emotionen weniger leicht, die damit einhergehen. Offenbar benötigt unser Gehirn eine Rückmeldung der Gesichtsmuskeln, um die Emotionen richtig steuern zu können.
Da betreibe ich mit Hilfe von gutem Essen doch lieber Faltenglättung von innen …
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