Körperpflege und Religion sind in islamischen Ländern untrennbar miteinander verbunden. „Allah liebt die sich Bekehrenden und die sich Reinigenden”, heißt es im Koran. Da körperliche und seelische Reinheit hier in engem Zusammenhang stehen, ist Körperpflege quasi ein religiöses Gebot.
Nicht umsonst besitzt die islamische Badekultur daher eine Jahrtausende alte Tradition. Sie geht zurück auf die römische und byzantinische Thermenkultur. Im Gegensatz zu dieser fehlen ihr aber Bäder und Wasserbecken. Den Mittelpunkt bilden hier vielmehr Schwitz- und Dampfbäder.
Soziale Kontakte inklusive
Die öffentlichen Badehäuser, sogenannte Hammams (arabisch für Wärme, Wärme verbreiten), waren weit mehr als nur ein Ort an dem man sich waschen konnte; dort traf man sich mit Freunden, knüpfte soziale Kontakte und genoss verschiedene kosmetische Anwendungen. Für die Frauen war der Besuch eines Hammam eine der seltenen und willkommen Gelegenheiten das Haus zu verlassen, sich mit Freundinnen zu amüsieren und potentielle Schwiegertöchter unter die Lupe zu nehmen. Es wurden Geschäfte geschlossen und Ehen gestiftet und der neueste Klatsch mit den Nachbarn ausgetauscht.
Die Körperpflege erfolgte streng getrennt nach Geschlechtern. Dies regelte man entweder durch verschiedene Räumlichkeiten oder getrennte Badezeiten für Männer und Frauen.
Allein in Istanbul gab es im 19.Jahrhundert rund 300 Bäder. Lizenzen für die Eröffnung neuer Bäder waren nur schwer zu bekommen, denn der Verbrauch an Wasser und Holz war enorm. Heute, wo die meisten Haushalte private Bäder besitzen, verliert diese Tradition jedoch zunehmend an Bedeutung. Inzwischen gibt es Hammams oft nur noch in den ärmeren Vierteln der Stadt, wo den Wohnungen Wasseranschlüsse und eigene Bäder fehlen oder sie werden auf den Tourismus umgestellt.
Wer auf einer Reise nach Istanbul einen Hammam besuchen möchte, dem sei der 1741 erbaute Cagaloglu-Hamam empfohlen, er gilt angeblich als einer der schönsten.
Nichts als heißer Dampf
Ein Hammam besteht im Grunde aus Räumen mit steigender Luftfeuchtigkeit. Diese gliedern sich im Wesentlichen in drei Bereiche: In einem Vorraum, dem “Camekan”, wird der Gast mit Tüchern und einer Art Lendenschurz, dem “Peştemal”, versorgt.
Nach dem Umkleiden gelangt er in den “Sogukluk”, einen Raum mit Temperaturen zwischen 30 und 40 Grad. Hier wird die erste Reinigung vorgenommen und man kann sich schon einmal langsam an die Wärme gewöhnen. Von dort geht es in den Heißluftraum, dem “Hararet”, in dessen Mitte sich der sogenannte “Nabelstein” (Göbbek) befindet; ein von unten beheiztes Marmorpodium, auf dem man Wärme tanken, sich ausruhen und massieren lassen kann. An den Wänden angebrachte Becken versorgen die Gäste mit fließendem kalten und heißen Wasser, das mit Schüsseln aufgefangen und über den Körper gegossen wird, um Schweiß und Schmutz abzuspülen.
Um das Wohl der Gäste kümmern sich ein Tellak (Bademeister für die Männer) oder eine Natir (Bademeisterin für die Frauen). Der Gast muss keinen Handgriff tun: Sie seifen ihn von Kopf bis Fuß ein – die Seifenmassage soll den Körper vom Schmutz und den Geist von Sorgen befreien- rubbeln seine Haut mit einem Handschuh, dem sogenannten “Kese” ab, um abgestorbene Hautschuppen zu beseitigen und die Durchblutung anzuregen und kneten ihn anschließend kräftig durch. Kosmetische Anwendungen, Haarpflege und Haarentfernung vervollständigen das Schönheitsprogramm.
Früher verwendete man zur Entfernung der Haare ein Kalkpaste, die sorgfältig angerührt und zusammengestellt werden musste, um Verletzungen und Verbrennungen der Haut zu vermeiden. Haaren und Bärten wurde mit Henna zu einer frischeren Farbe verholfen und es gab eine große Auswahl an Ölen und Essenzen, mit der der Gast verwöhnt und die Haut geglättet werden sollte.
Quellen:
- Gorys, A.: Istanbul. DuMont Buchverlage, Köln 2008
- Glotzbach, M.: Die Wahrnehmung der Türken in den französischen Reiseberichten aus dem Umfeld der diplomatischen Missionen des Botschafters Gabriel d’Aramon 1547 bis 1553. Grin Verlag, München 2008
- Behrens- Abouseif,D. Faith in the Cleanliness. In: Azoulay , E.: 100.000 Years of Beauty. Gallimard, Paris 2009
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