Ein Kopf mit schönen und gepflegten Haaren galt in der islamischen Welt als erotisch, was man von der restlichen Körperbehaarung kaum behaupten konnte.
In Anlehnung an den Artikel “Hair, here and there” (100.000 Years of Beauty ) von Malek Chebel.
Laut Sharif al-Din Rami, einem Dichter des elften Jahrhunderts, besaß die arabische Sprache für die Bezeichnung des Kopfhaares rund 33 Metaphern: “Dunkelheit”, “Netz”, “Nacht”, “Locken”, “Rabe”, “Knoten” und so weiter. Die persische Poesie prahlte damit, die Schönheit der Haare mit über 60 Adjektiven beschreiben zu können. Diese entstammten in der Regel aus dem Reich der Blumen und der Kosmologie.
Die meisten bezogen sich jedoch auf den Duft, das Parfüm, wie beispielsweise die Zeilen von Hafiz (1320-1388):
‘Why burn scent here, at home / when the fragrance of your hair perfumes us?’
Auf die Pflege der Haare wurde großen Wert gelegt und in der Regel viel Zeit verwendet. Frauen, die ihre Köpfe als Zeichen der Trauer rasierten, verachtete der Prophet. Darüber hinaus galt das Kopfhaar häufig als Bindeglied zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren, was vermutlich teilweise erklärt, warum die Haare eines Kindes nach dem ersten Haarschnitt vergraben wurden oder warum Haare häufig Bestandteil von Talismanen und magischen Tränken waren.
Kopfhaare ja, Körperhaare nein
Währen das gepflegte und volle Kopfhaar sowohl bei der Frau als auch beim Mann als erotisch galt und von Dichtern gepriesen und besungen wurde, traf für die übrige Körperbehaarung das genaue Gegenteil zu. Ob reich oder arm, schön oder hässlich, jung oder alt; ein enthaarter Körper war Teil des Schönheitsideals und die Frauen besaßen reichlich Erfahrung in der Entfernung ungeliebter Körperbehaarung.
In den Hammams benutzten professionelle Kosmetikerinnen, eine Vielzahl von Enthaarungscremes und Salben. Besonders beliebt war Halawa, eine Mischung aus Zitronensaft, Wasser und Zucker, die auch heute noch verwendet wird und angeblich eine gründlichere und schmerzärmere Methode als das Wachsen darstellt. Durch das Aufkochen der drei Zutaten erhält man eine zähe Masse, die nach dem Abkühlen auf die zu enthaarenden Stellen aufgetragen und mit Hilfe eines Tuchs oder den Fingern wieder abgezogen wird. Nach der Enthaarungsprozedur wurde der Körper mit duftenden Salben eingerieben, um die Haut zu beruhigen.
Überall glatt
Das Enthaaren des Körpers bezog sich dabei nicht nur auf Beine und Achseln, sondern schloss auch die Schambehaarung mit ein. Spätestens alle 40 Tage, im Idealfall jedoch einmal pro Woche, wurde eine komplette Enthaarung empfohlen. Wer dem nicht nachkam, galt als unsauber und ungepflegt.
Vor allem für die Frauen war die Enthaarung des Körpers quasi Pflicht. Und was ursprünglich primär der Hygiene galt, entwickelte sich zunehmend zum Schönheitsideal. Ein glatter Körper symbolisierte Jugend und sollte auf Männer erotisch und anziehend wirken.
Bei den Männern galt der Bart als “das” Zeichen der Männlichkeit. Ein gut geschnittener, gewaschener und duftender Bart war nicht nur oberstes Gebot und der ganze Stolz des gepflegten Mannes, sondern auch Ausdruck von Kraft, Fruchtbarkeit und Männlichkeit.
Quellen:
- Grotzfeld, H.: Das Bad im arabisch-islamischen Mittelalter. In: Mundus 6, 1970, 310f. Eine kulturgeschichtliche Studie. Wiesbaden 1970.
- Chebel, M.: Hair, here and there. In: Azoulay , E.: 100.000 Years of Beauty. Gallimard, Paris 2009
Bilder:
Azoulay , E.: 100.000 Years of Beauty. Gallimard, Paris 2009
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