Ein Tag ohne Gestern, Heute und Morgen. Gefangen im Nichts. Eingebettet in scheinbarer Leere. Kein Raum. Kein Volumen. Kein Licht. Kein Leben. Doch irgendetwas fluktuiert. Ein unendlich kleiner, dichter, massereicher und heißer Punkt zerrt am Nichts. In ihm sind undefinierbare Kräfte gefangen. Warum sich dieses punktförmige Gebilde (Anfangssingularität) urplötzlich entzündete und nur 10-35 nach dem Urknall mit der 10-Billion-Billionenfachen Lichtgeschwindigkeit weit über die Größe des heute beobachtbaren Universums aufblähte, ist das größte Mysterium aller Mysterien.
Als der Big Bang in die Welt trat und zeitgleich die Selbige schuf, öffnete sich der erste Vorhang zur größten Ouvertüre des Universums. Mit ihm vollzog sich eine Premiere ohne Generalprobe, die kein Zuschauer sehen, kein Auditorium hören, kein Theaterkritiker kritisieren, kein Chronist protokollieren konnte. Es war eine betörende Galavorstellung im Nichts, vor einem Publikum, das nicht existierte. Weder eine menschliche noch außerirdische Seele war zugegen.
Heute, 13,82 Milliarden Jahre nach der großen Ouvertüre, sind wir bislang als einzig bekannte Spezies intellektuell und technisch in der Lage, den großen Vorhang einige Zentimeter beiseite zu schieben, wohl wissend, dass dahinter mindestens ein weiterer die Sicht auf das große Ganze versperrt. Immerhin gelingt es uns bisweilen, einen kurzen Blick hinter den ersten zu werfen. Dabei haben wir aber noch nicht einmal jene Kulissen entdeckt, auf denen sich die Dramen und Tragödien zutragen, bei denen extraterrestrische Intelligenzen die Hauptrollen mimen. So unterschiedlich die Akteure auf ihren Bühnen agieren – sie (die Anderen) und wir (der Homo sapiens) spielen immerhin im selben Theater, in dem wir unsere Gastauftritte mit unterschiedlichen Drehbüchern zelebrieren.
Das universelle Schicksal, das uns verbindet, wurde ganz zu Anfang des kosmischen Schauspiels bestimmt. Weit vor unserer Zeit, in kosmo-archaischer Vergangenheit, wurden die Weichen gestellt und die materiellen Grundlagen geschaffen, damit es zur Ausbildung von biologischem Leben (und vielleicht sogar anders gearteten Formen) kommen konnte.
Bild: NASA, ESA und J. Lotz und HFF Team (STScI)
Es steht außer Frage, dass wir allesamt direkte Abkömmlinge des Urknalls und Kinder des Wasserstoffs sind, der sich 380.000 Jahre nach dem Big Bang gebildet hat, als das Universum bereits auf 3727 Grad Celsius abgekühlt war. Mehr noch: Wir bestehen allesamt aus dem Sternenstaub (z. B. Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff), der in den stellaren Chemiefabriken über Jahrmilliarden produziert und im Zuge unzähliger Supernovae-Explosionen in den Kosmos freigesetzt wurde. Ja, wir haben uns sogar Elemente zu eigen gemacht, die während solcher Supernovae-Ereignisse synthetisiert wurden. Allein in unserem Körper befindet sich ein Cocktail von mehr als 30 Elementen, der über Jahrmilliarden hinweg zusammen gemixt wurde. Allerdings bestehen wir nicht allein aus reinem Sternenstaub. Vielmehr ist in jedem Körper eines Erwachsenden unserer Art zwischen fünf bis zehn Kilo Wasserstoff vorhanden. Wasserstoff, der sich kurz nach dem Urknall formiert hat.
Wie sich das Leben auf anderen Welten entwickelt und sich die Materie und Bausteine des Lebens dort verteilt und organisiert haben, entzieht sich unserem Wissen. Wir dürfen jedoch von der Annahme ausgehen, dass das Gros unserer Brüder und Schwestern im All ebenso wie wir aus gewöhnlicher baryonischer und nicht aus exotischer Materie besteht und ähnlich aufgebaut ist. Gegenteiliges ließe sich ohnehin nicht beweisen, weil wir über mehr als 95 Prozent der Materie und Energie im Universum keine gesicherte Aussage treffen können.
Heute wissen wir, dass der leuchtende Teil der Materie nur einen Bruchteil der gesamten kosmischen Materie ausmacht. Die Vorstellung, dass dieser – auf dem letztlich auch alles irdische (und außerirdische) Leben basiert – im Kosmos ein höchst seltenes Phänomen ist, fällt angesichts der farbenprächtigen Bilder, die wir von Galaxien, Sternhaufen und anderen astronomischen Himmelskörpern kennen, verständlicherweise schwer. Doch alles, was wir in der Metagalaxis mit unseren Sinnen und Instrumenten wahrnehmen können, macht nur fünf Prozent der Materie und Energie des gesamten Universums aus.
Ob es uns passt oder nicht: Wir sind wie alle in den Tiefen und Weiten des Universums lebenden Arten Kinder der baryonischen Materie und verdanken den kosmischen Ingredienzen Protonen, Neutronen und Elektronen unser Dasein. Wir und die Außerirdischen sind gefangen im Kreislauf der Nukleosynthese. Die Materie, aus der wir bestehen, lief immer wieder durch Generationen von Sternen, bis diese über die Planetenbildung schließlich bei uns, dem Menschen und wohl auch bei den Extraterrestren landete.
Wir sind somit alle Abkömmlinge des Urknalls und die Nachkommen der baryonischen Materie. Selbst jene Intelligenzen, die sich schon vor Jahrtausenden von der natürlichen Evolution entkoppelt haben (womit wir gerade erst angefangen haben), ob es sich hierbei um reine Maschinenwesen oder künstliche Intelligenzen jenseits unserer Vorstellungskraft handelt, verdanken ihre Existenz dem Big Bang.
Bild: NASA
Am Anfang waren alle gleich. Die Startbedingungen waren für alle dieselben. Danach durchlief jede Art eine mehrere Milliarden währende kosmisch-planetare-biologisch-geistig-kulturell-technische Entwicklung, die stets singulären Charakter hatte. Jede Zivilisation nahm das Erbe des Big Bangs auf ihre ganz spezielle Weise an …
Wie viele Zivilisationen und Intelligenzen bislang als Komparsen an dem Schauspiel mitgewirkt haben und noch daran partizipieren, weiß bestenfalls ihr Regisseur, sofern es einen solchen überhaupt jemals gegeben hat.
Wir mögen in gewisser Weise vor 13,82 Milliarden Jahren alle derselben Ur-Eizelle entsprungen sein, dennoch ticken die Uhren von Zivilisation zu Zivilisation anders. Durch Zeit und Raum getrennt, lebt jede Gesellschaft in ihrem eigenen Kosmos, in ihrer eigenen Raum- und Zeitblase.
Irgendwo da draußen leben die Anderen; innerhalb und außerhalb unserer Galaxie. Unser Universum ist schlichtweg zu kreativ und groß, um nur einer intelligenten Lebensform ein passendes Biotop zu geben. Millionen bis Milliarden Zivilisationen mögen es sein, die in diesem Universum zeitlich und räumlich nebeneinander, aber nicht miteinander leben. Einige von ihnen haben sich bereits aus der Geschichte verabschiedet, andere werden wie der Homo sapiens noch folgen.
Fakt ist, dass der Zeitpfeil gemäß dem kosmologischen Prinzip für alle gleich schnell fliegt, da die Gesetze der Physik allerorts gelten. Der Weltraum ist homogen und isotrop. Das Universum hat keinen Mittelpunkt. Keine Richtung, kein Punkt im Kosmos ist ausgezeichnet. Die Physik wirkt überall gleich. Die Raumkrümmung hat im Mittel überall den gleichen Wert, und die Materie ist fernerhin genauso homogen verteilt. Selbst ultraintelligente Außerirdische, die noch nicht mit Wurmlöchern oder Schwarzen Löchern experimentieren, sitzen also räumlich und zeitlich im selben Boot wie wir.
Wenigstens am Anfang waren die Gesetze der Physik und somit die Chancen für Ausbildung von Leben für alle gleich.
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