Von Linearität zur Parallelität
Nicht nur das Auslesen der Lösung ist schwierig, auch die biochemischen Reaktionen gehen (verglichen mit unseren heutigen Rechnern) nur sehr langsam vonstatten: die Reaktionszeit der DNA wird in Sekunden, Stunden oder sogar Tagen gemessen. Welchen Vorteil bringt dann das Rechnen mit DNA-Molekülen? Winzigkeit. Und mit der Winzigkeit kommt ein zweiter Vorteil: Parallelisierung. In einem Tropfen Wasser können Trillionen von DNA-Stränge enthalten sein. Auf den uns bekannten Rechnern werden Rechenoperationen nacheinander ausgeführt. DNA-Computer hingegen können alle Lösungsmöglichkeiten gleichzeitig erzeugen und auf nicht-deterministische Weise arbeiten.
Aber trotz der enormen Parallelisierung, stoßen DNA-Computer bei den richtig schwierigen Problemen der Informatik auch an ihre Grenzen. Bei diesen Problemen wächst die Anzahl der möglichen Lösungen exponentiell mit der Größe des Problems. Zu diesen Problemen gehört auch das von Adleman untersuchte Problem. Man braucht schon für mittelgroße Städtenetzwerke Badewannen statt Reagenzgläser. Würde man einen solchen DNA-Computer für ein Netzwerk aus zweihundert Städten bauen wollen, bräuchte man bereits eine Menge an DNA, die die Masse der Erde übersteigt.
Wozu DNA Computer?
Das Experiment von Adleman war eher eine Machbarkeitsstudie, um zu zeigen, dass Rechnen mit DNA möglich ist. Und das Tor in ein breites Forschungsfeld. Ein Forschungsbereich ist zum Beispiel die Umsetzung von Logikgattern durch DNA. Logikgatter dienen dazu, Eingangssignale durch logische Operatoren zu Ausgangssignalen umzuwandeln. Im Rechner basieren diese Logikgatter auf der Binärkodierung. DNA-basierte Logikschaltungen verwandeln DNA-Fragmente durch chemische Operationen in Ausgangssignale. Das logische UND kann zum Beispiel durch die Verbindung zweier Fragmente nachgebildet werden.
Bisher stoßen wir bei DNA-Computern noch auf viele Probleme und eine saubere experimentelle Durchführung ist schwierig und zeitaufwändig. Stellt sich die Frage: Wozu DNA Computer? Adleman selbst hält es für unwahrscheinlich, dass DNA-Computer direkte Konkurrenten für elektronische Rechner werden. Bisher hat man noch kein Weg aus dem Reagenzglas zum Desktop-PC gefunden. Aber das ist vielleicht auch gar nicht das Ziel. Es werden immer wieder neue Möglichkeiten und Anwendungsbereiche rund ums DNA-Computing entdeckt — vom DNA-Speicher bishin zur Nanotechnologie. DNA-Computer könnten zum Beispiel in der Medizin ihren Nutzen finden, sind sie doch klein genug, um in Zellen zu arbeiten. Auch eine Verbindung aus traditionellen Silizium-Prozessoren und DNA-Co-Prozessoren für bestimmte Aufgaben wäre denkbar.
Wer wirklich auf den aktuellsten Stand der Dinge in diesem Forschungsbereich kommen will, kann Anfang September nach München zur “22nd International Conference on DNA Computing and Molecular Programming” fahren. Dann möchte ich aber bitte eine Berichterstattung!
Publikationen:
Molecular computation of solutions to combinatorial problems.
Adleman LM.
Science, 266(5187):1021-4, 1994.
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