Falls ihr es noch nicht wusstet: Fledermäuse sind ziemlich coole Tiere! Ich bin großer Fledermausfan. Ich hatte auch schon immer etwas für Vampirgeschichten übrig. Aber woher kommt diese Faszination für die als “Blutsauger” bekannten Säugetiere? Nunja, Fledermäuse sind in vielerlei Hinsicht einzigartig. Und das macht sie natürlich für die Forschung höchst interessant.
Nicht nur besonders, sondern auch besonders schwer einzuordnen
Wenn ich von Fledermäusen rede, dann meine ich eigentlich Fledertiere, im englischen als “bats” bekannt oder wissenschaftlich “Chiroptera”. Der wissenschaftliche Name setzt sich aus den griechischen Wörtern für Hand (cheir) und Flügel (pteron) zusammen; “Handflügel” also. Fledertiere sind die zweitgrößte Säugetiergruppe und machen mit über 1200 Arten weltweit etwa zwanzig Prozent aller klassifizierten Säugetierarten aus. Schon aus phylogenetischer Sicht sind Fledertiere hochinteressant. Zum einen ist es schwierig, die Fledertiere im Stammbaum der Säugetiere einzuordnen; zum anderen ist auch die Ordnung der Fledertierarten untereinander noch immer umstritten. Traditionell unterteilte man Fledertiere in Flughunde (Megachiroptera) und Fledermäuse (Microchiroptera). Diese Systematik ist nach neueren phylogenetischen Erkenntnissen nicht ganz richtig. Man hat entdeckt, dass eine Gruppe der Fledermäuse (die Hufeisennasenartigen), näher mit den Flughunden verwandt sind als mit den übrigen Fledermäusen.
Das hartnäckige Image des Blutsaugers
Dass Fledermäuse immer irgendwie mit Vampiren in Verbindung gebracht werden, hat vermutlich mehrere Gründe. Sie lieben die Dunkelheit, hausen in düsteren Höhlen, bewegen sich fast unsichtbar durch die Nacht, haben spitze Zähne und Krallen und sehen ungewöhnlich aus — alles irgendwie furchteinflößend. Spätestens seit “Dracula” trägt der Vampir einen Umhang, der Fledermausflügeln ähnelt. Bleibt die Frage nach der offensichtlichsten Gemeinsamkeit mit einem Vampir: Saugen Fledermäuse wirklich Blut? Es gibt tatsächlich genau drei Arten von Vampirfledermäusen, die sich ausschließlich von Blut ernähren: der Gemeine Vampir (Desmodus rotundus), der Kammzahnvampir (Diphylla ecaudata) und der Weißflügelvampir (Diaemus youngi) — wobei die Tiere nach den Sagengestalten benannt wurden und nicht umgekehrt. Von diesen dreien ernährt sich nur eine (der Gemeine Vampir) überhaupt gelegentlich von Menschen (eigentlich bevorzugt von Kühen). Anders als Graf Dracula leben Vampirfledermäuse nicht in Rumänien oder überhaupt in Europa, sondern im südlichen Nordamerika und in Mittel- und Südamerika. Und entgegen der landläufigen Meinung saugen sie das Blut auch nicht aus ihrer Nahrungsquelle. Stattdessen beißen sie ihr Opfer und schlürfen das Blut mit der Zunge. Sie haben messerscharfe Zähne, sodass ihr Biss fast schmerzlos ist und schlafende Tiere oder Menschen selten davon wach werden. Das Blutplasma scheiden sie bereits zwei Minuten später als Urin wieder aus. Fledermäuse sind Schnellverdauer. Die meisten Fledermausarten ernähren sich allerdings nicht von Blut, sondern von Insekten, andere auch von Fröschen, Fischen, Eidechsen und Vögeln. Einige Fledermausarten und alle Flughundarten sind sogar Vegetarier. Sie ernähren sich von Nektar, Pollen, Früchten und Blüten. Über 300 Pflanzenarten sind zur Bestäubung auf Fledertiere angewiesen, darunter Feigen, Bananen, Avocados, Mangos, Datteln, Kakao, Agave, Vanille, und viele mehr.
Handflügel — eine einzigartige Erfindung
Fledertiere sind die einzigen Säugetiere, die fliegen können. Also so richtig mit Flügelschlag aus eigener Kraft. Sind wir doch mal ehrlich: schon allein deshalb sind sie unglaublich cool und beflügel(te)n die Phantasie vieler Geschichtenschreiber. Der Flügel eines Fledertiers ähnelt einer modifizierten Hand, mit langen Fingerknochen, vielen beweglichen Gelenken und einer flexiblen Hautmembran. Der Name Handflügel ist also durchaus treffend. Was das betrifft, sollten die gängigen Vampirstories die Anatomie ihrer Protagonisten noch einmal überarbeiten. Obwohl ich mir einen mit den Händen flatternden Vampir wenig bedrohlich vorstelle. In der Realität sind Fledertiere besonders flexible und wendige Flieger. Die Flügelmembranen helfen außerdem, Körpertemperatur, Blutdruck, Wasserhaushalt und Gasaustausch zu regulieren.
“Blind wie eine Fledermaus”
Ein wahrhaft schlechter Vergleich. Fledermäuse sind entgegen der landläufigen Meinung nicht blind. Sie können schwarz-weiß sehen und dank Echoortung können sie sich auch im Dunkeln problemlos orientieren. Sie senden Geräusche aus und achten auf Veränderungen in den Echos, die auf sie zurückprallen. Damit können sie Objekte und auch deren Entfernung sicher erkennen. Zum Auffangen des Echos besitzen Fledermäuse ein hoch entwickeltes Ohr und große Ohrmuscheln. Die zurückkommenden Echos werden vom Fledermausgehirn in ein dreidimensionales Bild der Umgebung umgesetzt. Fledermäuse sehen quasi mit ihren Ohren. Mit der Zeit entwickeln sie sogar ein räumliches Gedächtnis und können sich auch ohne Ortungslaute orientieren. Unter den Flughunden besitzen nur Rosettenflughunde die Fähigkeit zur Echoortung und zwar durch Klickgeräusche mit der Zunge.
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