Ein Blick in den genetischen Code des Impfstoffes
Jetzt schauen wir uns die 4284-Zeichen-lange Kette des mRNA Impfstoffs im Detail an. Die komplette Zeichenkette könnt ihr bei der WHO einsehen. Die mRNA besteht aus mehreren Abschnitten, die wir uns im Folgenden näher angucken.
Kappe
Der Code des Impfstoffes startet mit den folgenden zwei Nukleotiden (als Kappe bezeichnet): GA. Diese Kappe sorgt dafür, dass die mRNA von den Ribosomen erkannt wird. Ribosomen sind quasi die “Übersetzer”, die die Nukleotid-Zeichenkette in eine Aminosäure-Zeichenkette übersetzen und dabei das Protein “zusammenbauen” (quasi eine Art 3D-Drucker für Proteine). Die Kappe erhöht außerdem die Halbwertszeit der mRNA. Je langsamer die mRNA in der Zelle abgebaut wird, desto häufiger kann sie übersetzt und desto mehr Protein hergestellt werden.
Leitsequenz
Es folgt die sogenannte Leitsequenz oder 5′-UTR. UTR steht für untranslated region, also ein nicht-übersetzter Abschnitt. Dieser Teil wird nicht in Aminosäuren übersetzt und landet damit nicht im Protein. Dieser Abschnitt dient zur Steuerung der Herstellung des Proteins. Er enthält zum Beispiel die Bindungsstelle für das Ribosom. Das Ribosom muss physisch in Kontakt mit dem RNA-Strang sein, damit die Herstellung des Proteins funktionieren kann. Diese Bindungsstelle heißt Kozak-Sequenz, benannt nach der US-amerikanischen Biochemikerin Marilyn Kozak.
Zusätzlich enthält die Leitsequenz übergeordnete Informationen, etwa wann und wie oft die Übersetzung in Proteine geschehen soll. Für den Impfstoff wurde die “dringlichste” bekannte Version der Leitsequenz gewählt, basierend auf einem Gen, das dafür bekannt ist, dass es zuverlässig eine große Zahl an Proteinen herstellt.
Die Leitsequenz des mRNA Impfstoffes sieht folgendermaßen aus:
GAAΨAAACΨAGΨAΨΨCΨΨCΨGGΨCCCCACAGACΨCAGAGAGAACCCGCCACC
Es fällt auf: Statt den für RNA üblichen vier Nukleinbasen A, C, G und U finden wir statt des U’s ein Ψ. Dies ist eine der außergewöhnlich schlauen Lösungen des Impfstoffs. Unsere Zellen sind extrem skeptisch gegenüber fremder oder synthetischer RNA and setzen alles daran, diese zu zerstören, bevor sie ihre Zielzellen erreichen. Damit sich die mRNA am Immunsystem vorbeimogeln kann, verwendet man ungewöhnliche Nukleoside. Der Impfstoff enthält eine minimal veränderte Form des Us, nämlich 1-Methyl-3’-Pseudouridylyl, dargestellt als Ψ. Damit kann die mRNA nicht von RNAsen abgebaut werden und ein Immunangriff wird unterdrückt. Alle für die Herstellung des Proteins relevanten Teile der Zelle erkennen das Ψ aber als reguläres U an.
Hier möchte ich gleich einem der vielen Aufschreie gegen diesen Impfstoff entgegenargumentieren: Oft höre ich die Frage “Wie kann es sein, dass der Impfstoff in so kurzer Zeit entwickelt wurde?”. Nun, wir ernten hier die Früchte der in der Vergangenheit geleisteten wissenschaftlichen Grundlagenforschung. Viele der verwendeten “Tricks” sind nicht neu und wurden schon vorher entdeckt und erforscht. An dieser modifizierten Art der mRNA zum Beispiel wird schon seit Jahren insbesondere für die Regeneration von geschädigtem Herzmuskelgewebe geforscht. Die Entdecker:innen der Ψ-Ersetzungsmethode Katalin Karikó und Drew Weissman mussten etwa 15 Jahre dafür kämpfen, dass ihre Forschung finanziert und akzeptiert wurde, weil man den weitreichenden Nutzen damals noch nicht absehen konnte.
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