Signalpeptid
Der nächste Abschnitt der mRNA enthält die Information zur Herstellung des Signalpeptids. Als Peptide bezeichnet man kurze Aminosäure-Ketten (zum Beispiel Teilstücke von Proteinen). Das Signalpeptid ist das erste Teilstück des Spike-Proteins und entscheidet über dessen Bestimmungsort. Es ermöglicht, dass das Protein (über das Endoplasmatische Retikulum) aus der Zelle hinaus transportiert werden kann, um dort von unserem Immunsystem erkannt zu werden und den Lernprozess unseres Immunsystems zu starten.
Das Signalpeptid ist nicht sehr lang. Schauen wir uns die Zeichenketten der Impstoff-RNA im Vergleich zur echten Virus-RNA an. Die Zeichenkette ist in Dreiergruppen gegliedert: Drei Nukleotide sind ein Codon und werden in eine Aminosäure übersetzt.
Wir sehen, dass sich die RNAs an manchen Stellen unterscheiden. Die resultierenden Aminosäuren bleiben jedoch unverändert. Das Signalpeptid im Impfstoff besteht aus genau den gleichen Aminosäuren wie im Virus selbst. Wie kann sich dann die RNA unterscheiden? Und wozu hat man diese Unterschiede in die Impfstoff-RNA eingefügt?
Wie oben erwähnt, gibt es 64 mögliche Dreierkombinationen von Nukleotiden und damit mehr als die 20 verschiedenen Aminosäuren. Das heißt, es gibt für fast alle der Aminosäuren mehrere verschiedene RNA-Codons (Synonyme könnte man sagen). Oft unterscheiden sich die Codons für eine Aminosäure nur im letzten Nukleotid. Zum Beispiel wird sowohl CCU, CCG, CCA und CCC in die Aminosäure Prolin übersetzt. Auch alle im Impfstoff vorgenommenen Ersetzungen sind Synonyme. Die Aminosäuren verändern sich nicht. Wozu dann überhaupt Änderungen einfügen? Auch hier geht es wieder um Effizienz: RNA, die viele C’s und G’s enthält, wird effizienter in Proteine verwandelt. Zu diesem Zweck wurden in der Impfstoff-RNA möglichst viele Zeichen durch C’s und G’s ersetzt.
Das Spike-Protein
Die nächsten 3777 Zeichen der Impfstoff-RNA enthalten den genetischen Code (also den Bauplan) für die Herstellung des Spike-Proteins. Sie sind in ähnlicher Weise optimiert, das heißt, es wurden möglichst viele C’s und G’s eingefügt ohne die resultierende Aminosäure-Kette zu verändern. Das gilt für alle, bis auf zwei Aminosäuren des Proteins.
Zwei der Aminosäuren wurden durch eine andere Aminosäure ersetzt (nämlich Prolin). Der Grund liegt verborgen in der 3D-Struktur (oder Raumstruktur) des Proteins. Bis hier haben wir Proteine als Aminosäure-Kettenmoleküle betrachtet. Tatsächlich faltet sich diese Kette (2D-Struktur) aber zu einer 3D-Struktur. Vergleichbar mit einem Faden, den ihr zusammenknüllt. Die räumliche Form des Spike-Proteins ähnelt einem Stachel oder Dorn (engl. spike). Diese Form nimmt das Protein jedoch nur an, wenn es in die Virus-Verpackung (als Kapsid bezeichnet) verbaut wird. Die Idee des Impfstoffs ist es aber (wie oben erwähnt), nicht das ganze Virus oder Kapsid zu erzeugen, sondern nur das eine spezifische Protein, das als Erkennungsmerkmal des Virus ausreicht. Das Problem an der Sache: ein freies Spike-Protein nimmt eine völlig andere Form an. Unser Körper würde also ein falsches Erkennungsmerkmal lernen und den eigentlichen “Täter” später nicht erkennen.
Auch hier haben wir riesiges Glück, dass wir auf bereits vorangegangen Forschungsarbeiten zurückgreifen konnten. 2017 veröffentlichten Forscher:innen, dass das Ersetzen zweier bestimmter Aminosäuren dazu führt, dass das Spike-Protein (damals schon aus SARS-CoV-1 und MERS bekannt) seine Stachelform einnimmt, auch ohne Teil der Virus-Verpackung zu sein. Somit kann unser Immunsystem allein auf diesem Protein lernen, woran es den Eindringling erkennt, und im Ernstfall schnell und effizient reagieren.
Der Rest
Die Impfstoff-mRNA endet mit der sogenannten 3′-UTR gefolgt vom Poly(A)-Schwanz. Die 3′-UTR hat oft regulatorische Funktionen und sorgt auch wieder für RNA Stabilität und eine möglichst große Menge an produziertem Spike-Protein. Der Poly(A)-Schwanz ist (wie der Name sagt) eine lange Kette von A’s, mit der die mRNA endet. mRNA kann immer wieder verwendet werden, verliert dabei jedoch stets einige A’s am Ende. Sind diese aufgebraucht, wird die mRNA abgebaut und entsorgt. Der Poly(A)-Schwanz schützt also einerseits vor vorzeitigem Verschleiß, sorgt aber andererseits auch dafür, dass die mRNA schlussendlich durch so genannte Ribonucleasen (Enzyme, die RNA abbauen) entsorgt wird.
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