Elektronen-Schaukel
Den erwähnten Goldpurpur kann man sich am ehesten als eine Emulsion winziger homogener Goldtröpfchen vorstellen, die zwischen 2 und 100 Nanometern groß sind. Jedes dieser Tröpfchen oder Partikel besteht dabei aus trägen Goldatomrümpfen und den beweglichen Elektronen. Anders als bei ‘makroskopischen’ Metallen sind diese Elektronen durch ihren Heim-Partikel räumlich stark begrenzt und können nicht einfach abfließen, wenn ein äußeres Feld angelegt wird. Die Partikel sind sehr klein, sodass sie auch auf kleine elektromagnetische Felder, wie sichtbares Licht, reagieren.

Abhängig von der Größe des Partikels und der elementabhängien Bindung der Leitungselektronen zu den Atomrümpfen bringt eine bestimmte Wellenlänge die Elektronenwolke zum Schwingen (“Plasmon”), da sie versuchen der Feldänderung zu folgen.

Man stelle sich eine Schaukel vor, die nur bei richtig getaktetem Anschwung ordentlich mitschwingt.

Im Material werden nun alle Partikel zum Schwingen angeregt und sind in Resonanz. Die benötigte Energie hierfür wird entsprechend aus der Resonanzwelle absorbiert – man erkennt dies als Änderung der Farbe.

Anregung der Plasmonen durch Licht.
[Anregung der Plasmonen durch Licht.]

Dieser Farbeffekt gilt natürlich nicht nur für Gold, sondern für alle Metallnanopartikel mit Elektronenwolken. Und das Schöne an dieser Farbe ist, dass solange die Partikel erhalten bleiben (z.B. eingeschmolzen im Kirchenglas), sie auch ihre Farbqualität erhalten.

Formwandler
Nicht nur die Größe, sondern auch die Form spielt eine Rolle: hierzu ist erst kürzlich wieder eine Arbeit publiziert worden, die die Auswirkung der Form der Partikel – in diesem Fall mit Silber – zeigt.

Haifa 2013, One pot synthesis of multi-plasmonic shapes of silver nanoparticles, Materials Letters, Volume 105, 62–64

 

Auch wenn die damaligen Alchimisten die Zusammenhänge  noch nicht ganz durchblickt haben,
ist das Resultat doch sehr ansehlich. Historisches High Tech trifft es ganz gut, oder?

1 / 2

Kommentare (7)

  1. #1 Eheran
    27. August 2013

    “Wenn man sich überlegt, wie schnell heutige Werbebanner, Spielsachen oder Gartenmöbel ausbleichen, ist es noch bemerkenswerter wie strahlend bunt diese Scheiben nach Jahrhunderten immer noch sind.”

    Glas kann man nicht mit Papier vergleichen, dass mit Farbstoffen bedruckt ist. Das eine ist eine anorganische Matrix mit (Schwer)Metallen, die quasi völlig inert ist und auch möglichst ewig dort bleiben soll. Das andere sind harmlose organische Stoffe die der Witterung ausgesetzt sind und nach vergleichsweise kurzer Nutzungsdauer wieder recycelt werden sollen.
    Würde man entsprechende Materialien auf Papier drucken (z.B. Cadmium und Quecksilber, wie im Glas), dann würde das zwar nie verbleichen, dafür wäre es aber problematischer Abfall. Bei den anderen Dingen ist es ähnlich – was wäre das für ein Skandal, wenn dort Schwermetalle entdeckt würden.

    Heute hergestelltes Glas behält seine Farbe übrigens auch “ewig”.

  2. #2 Tomi
    27. August 2013

    Bei “harmlosen organischen Farbstoffen” bin ich kurz ins Grübeln gekommen. Denn bei “organischen Farbstoffen” denke ich als erstes an Azofarbstoffe, und diese würde ich auf jeden Fall nicht als harmlos bezeichnen.
    Auch kann man “Metall” und “organisches Pigment” nicht pauschal trennen: bestes Beispiel ist Kupfer-Phthalocyanin als Cyan-Standard – und Kupfer ist auch ein Schwermetall.

    Ich sehe kolloidale Pigmente nicht als Alternative, sondern finde sie akademisch interessant, weil man ohne die Menge an Material zu ändern, die optischen Eigenschaften dauerhaft einstellen kann.
    Und inert ist doch gut, denn das heißt doch nichts anderes als dass es nicht mit der Umwelt reagiert und chemisch harmlos ist.

  3. #3 Tantal
    27. August 2013

    Goldnanopartikel sind nicht unbedingt inert, sondern werden beispielsweise als Katalysatoren eingesetzt. Allerdings ist das Gold bei den Kirchenfenster so fest in das (tatsächlich ziemlich inerte) Glas verpackt, dass eben nichts mehr damit passieren kann.

  4. […] unterscheidet sich von denen, die ich in vorangegangenen Nanoversum-Beiträgen vorgestellt habe (Plasmonenresonanz oder Photochromie bei schaltenden […]

  5. […] Reise steuerte bereits viele Stationen an: Wir segelten zu kleinen Ufern und brachten Engel zu leuchten. Wir beobachteten, wie sich die Moral unserer Truppen ändert, wenn Plänkler aus dem Pulk […]

  6. […] Plasmonenresonanz: Rotes Gold und Elektronenschaukeln […]

  7. […] Anwendung ist Goldpurpur, wie er in Kirchenfenstern oder Goldrubinglas eingesetzt wurde, wie ich in einem vorherigen Artikel bereits […]