Das Nanoversum … unendliche Weiten …

Wer hat schon nicht mal Wasser auf einer heißen Herdplatte verschüttet und die tanzenden Tropfen beobachtet (Leidenfrost-Effekt). Die entstehenden Ränder sind auf den ersten Blick nicht so erfreulich – aber eben nur auf den ersten Blick! Denn mit dieser Methode lassen sich auf den zweiten Blick sogar Nanostrukturen erzeugen.

Zur Einstimmung ein Video zum Thema “Tanzende Tropfen: der Leidenfrost-Effekt”

So unterschiedlich die Materialien sind, genauso unterschiedlich sind auch ihre Herstellungsverfahren. Jeder Forscher hat dabei sein eigenes Rezept und seine eigenen Kniffe, wie er eine bestimmte Größe oder eine bestimmte Form hinbekommt.
Es geht heute um die ‘nasse’ Herstellung von Nanomaterialien, die von Kieler Forschern [7] entwickelt wurde und den Leidenfrost-Effekt ausnutzt [2].

 

Ein Mikro-Trockenring aus Nanopartikeln, der durch einen Tropfen auf einer heißen Herdplatte erzeugt wurde. [1]

Das klassische Verfahren: Sol-Gel-Prozess

Sol-Gel-Prozess [3]

Eine klassische nasschemische Methode, Nano-Strukturen herzustellen, besteht darin, erst Nano-Cluster durch chemische Reaktionen in einer Lösung zu erzeugen und sie dann zu extrahieren (Sol-Gel-Prozess). Diese können dann für verschiedene Anwendungen verwendet werden.
Ausgangsmaterialien sind dabei z.B. metallische Salze wie  Goldsulfid oder Silbernitrat; eine bekannte historische Anwendung ist Goldpurpur, wie er in Kirchenfenstern oder Goldrubinglas eingesetzt wurde, wie ich in einem vorherigen Artikel bereits beschrieb.

Es gibt ein ziemlich kultiges zehn minütiges Video von Chymiatrie, in dem sie die Herstellung von Goldpurpur demonstrieren. Hier kann man sehen, wie sich die Farbe der Goldsulfid-Lösung ändert, wenn die Säure hinzu gegeben wird und sich die Gold-Cluster bilden.

Die Methode hat sich weiterentwickelt, sodass die modernen Verfahren und Maschinen mittlerweile so wirken, als würde man die Sol-Gel-Schichten einfach ausdrucken [6]. Das macht es möglich, flexible Sensoren oder Solarzellen herzustellen (ich werde darauf in einem anderen Beitrag eingehen, um hier den Rahmen nicht zu sprengen). Jedoch können nur die wenigsten der Sol-Gel-Prozesse  als “grüne Prozesse” bezeichnet werden, da je nach gewünschten Nano-Clustern unterschiedliche Chemikalien und Lösungsmittel benötigt werden.

 

“Der Tanzende Tropfen”: Leidenfrost-Reaktor

Die Innovation des Leidenfrost-Reaktors besteht darin, dass die Nanostrukturen direkt aus der Lösung hergestellt werden können. Das spart nicht nur Chemiekalien, sondern macht auch die Handhabung wesentlich unkomplizierter, sodass dieses Verfahren auch in “einfachen” Laboren durchgeführt werden könnte. Das Verfahren ist so vielversprechend, dass die entsprechende Arbeit vom Nature Magazin publiziert wurde (mit Open Access [2]).

Der Leidenfrost-Effekt beschreibt wie ein Tropfen auf einer Oberfläche bestehen kann, die wesentlich heißer ist, als der Siedepunkt des Tropfens. Ist der Untergrund heiß genug, so bildet sich unter dem Tropfen ein Dampfkissen, die den Tropfen von der heißen Platte entfernt hält und damit eine gewisse Zeit vor der Hitze schützt. Dieser Effekt kann auch bei anderen Flüssigkeiten beobachtet werden (z.B. flüssiger Stickstoff auf einem Tisch). Auch auch bei den “MythBusters” gab es einmal ein Experiment, bei dem die beiden Moderatoren Unfug mit flüssigem Blei getrieben haben (bitte nicht nachmachen – ernsthaft).

Es gibt ein kommentiertes Video von Spiegel-Online [4] über die Veröffentlichung [2], auf dem zu sehen ist, wie ein Tropfen Goldlösung auf einer Heizplatte hin und her rutscht und dabei Farbe und Konsistenz ändert. Leider funktioniert das Einbinden nicht so gut, sodass ich stattdessen ein zusammenfassendes Bild zeigen möchte:

Das Bild zeigt den Tropfen während das Gold aus dem Salz zu Clustern wächst (von oben nach unten) – und das ohne Zugabe von zusätzlichen Substanzen, nur mit Hilfe des Leidenfrost-Effekts [2].

Wie funktioniert der Leidenfrost-Reaktor?

Weiter oben habe ich geschrieben, dass die klassischen Prozesse auf zusätzliche Chemikalien angewiesen ist, warum funktioniert der Leidenfrost-Reaktor nun alleine mit der Salzlösung?
Die Lösung steckt im Dampfkissen:

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Nature: Levitation and charge separation at Leidenfrost temperature. Figure 1g [2]

Die Temperaturen im Dampfkissen ist wesentlich höher als der Siedepunkt, wodurch die Wassermoleküle dissoziieren, den PH-Wert in der Grenzschicht ändern und so die Metallionen reduzieren können – oder in verständlich: Der Tropfen bildet seine eigenen Reduktionsmittel und die Nano-Cluster können wachsen.

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Kommentare (5)

  1. #1 Eheran
    9. Januar 2014

    “Auch auch bei den “MythBusters” gab es einmal ein Experiment, bei dem die beiden Moderatoren Unfug mit kochendem Blei getrieben haben”
    Kondendes Blei wäre dann doch etwas zu heiß mit über 1700°C.

    Witzig finde ich vorallem das “dont try this at home” beim 1. Video.

    • #2 Tomi
      9. Januar 2014

      Ja stimmt, war ‘nur’ flüssig.
      Ich hab’s im Text korrigiert.

  2. […] Herstellungsverfahren, Leidenfrost-Effekt: Tanzende Tropfen auf der Herdplatte […]

  3. […] Flugzeuge schauen sich Federspitzen an, Schwimmanzüge imitieren Haihaut, Nanotechniker nutzen selbstorganisierte Prozesse. Damit ist der Ansatz für die genannte Idee eigentlich nur logisch, sich Zucker und Enzyme als […]

  4. […] werden Nanomaterialien hergestellt? Mit dieser Frage beschäftige ich mich heute wieder. Das Stichwort ist dieses […]