Wie klingt eine Batterie, die günstig, wieder aufladbar und biologisch abbaubar ist?
Eine Batterie mit einer hohen Energiedichte, die ohne Lithium auskommt und stattdessen eine Quelle nutzt, die sprichwörtlich auf Bäumen wächst?

Forscher von der Virginia Tech haben die erste Batterie auf Zuckerbasis gebaut!

Zhiguang Zhu und sein Professor Y.H. Percival Zhang vom “biological systems engineering in the College of Agriculture and Life Sciences and the College of Engineering at Virginia Tech” präsentieren ihre Biobatterie. [1]

Heutzutage gilt alles als innovativ, was sich direkt an der Natur orientiert. Hier drei Beispiele:
Flugzeuge schauen sich Federspitzen an, Schwimmanzüge imitieren Haihaut, Nanotechniker nutzen selbstorganisierte Prozesse. Damit ist der Ansatz für die genannte Idee eigentlich nur logisch, sich Zucker und Enzyme als neue Energiespeicher von der Natur abzugucken.

Maltodextrin besteht aus der Aneinanderkettung von Glukose-Molekülen

Die Idee an sich, Zucker für die Erzeugung von elektrischer Energie zu verwenden, ist zwar nicht neu, aber einen Mechanismus zu entwickeln, der mit modernen Akkus mithalten kann, ist überaus komplex. Die Forscher verwenden eine Auswahl von 13 verschiedenen aeroben Enzymen, die in ausgeklügelten Kaskaden die Moleküle gleichmäßig zerlegen und so eine kontinuierlichen Stromfluss erzeugen können. So können sie einem einzelnen Glukose-Molekül bis zu 24 Elektronen “entziehen”.
Als Grundzutat werden Glukose-Ketten, hier das Maltodextrin, verwendet. Maltodextrin (oder auch Maltrin) ist ein Polysaccharid (Mehrfachzucker, modifizierte Stärke), dass als Verdickungsmittel bekannt ist. Man findet es auch in Sportler- und Ergänzungsnahrung, da es zwar kalorisch aber kaum süß ist.

Vergleich der Energiedichte verschiedener Typen. Dunkelblau: 15% Maltodextrin EFC (Enzymatic Fuel Cell). [1]

Für eine 15%-ige Maltrin-Lösung geben die Forscher an, die Energiedichte moderner Lithium-Ionen Akkus sogar mehr um das doppelte zu übertreffen. Aber selbst wenn die Batterien, nur die Hälfte der  Kapazität erreichen würden, wären diese “grünen” Energiespeicher ein großer Erfolg. Es bleibt abzuwarten, welche Werte die Batterien erreichen werden, wenn sie in größerer Stückzahl und nicht mehr im Labor hergestellt werden.

Die Vorteile dieser Technik liegen auf der Hand:
die Enzyme sind sehr leicht zu synthetisieren, Zucker findet man praktisch überall und der Hauptabfallstoffe ist Wasser.

[2] Modell der enzymatische Energiezelle.
lila: Enzyme, ‘CNT’: Carbon Nanotubes.

Die Hauptherausforderungen bei der Technik, die die Forscher erfolgreich gelöst haben, sind, die freibeweglichen Enzyme lange arbeitsfähig zu halten und den erzeugten Strom auch effizient abgreifen zu können. Dieses haben sie hauptsächlich durch den Einsatz von ausgefeilten Anoden erreicht, die die große Oberfläche von Carbon Nanotubes (CNT) ausnutzen.
Auf den ersten Blick wirkt der Reaktor wie jede andere Brennstoffzelle, nur dass Enzyme die Arbeit machen und das Auffüllen wesentlich leichter funktioniert als z.B. bei einer Wasserstoff betriebenen Zelle.

Der Autor des Papers ist mit den Gedanken schon einen Schritt weiter. Wenn in drei Jahren (wie der Autor schätzt) der Prototyp ausgereift ist, dann könnte diese Technik weiterentwickelt werden, um damit z.B. Herzschrittmacher auszustatten. Diese könnten sich dann direkt an Ort und Stelle selbst wieder aufladen, in dem sie den vorhandenen Zucker nutzen.

 

Ich gehe nicht davon aus, dass diese Technik den Li-Ionen Akkus Konkurrenz machen
oder sie gar ersetzen könnte, aber selbst wenn nur ein kleiner Bereich in der
Elektronik ressourcenschonend  ausgestattet werden könnte,
wäre dies ein Schritt in die richtige Richtung.

 

Nachtrag:
Wenn man diesen Akku mit der Idee der Open Source Hardware für Handys und dem 3D-Scanner kombiniert, könnte ein interessantes Gerät dabei herauskommen. Mal schauen, was ich da sonst noch finde ^^

 

—–

Quelle:

Zhu Z et al. (2014). A high-energy-density sugar biobattery based on a synthetic enzymatic pathway Nature Communications, 5 DOI: 10.1038/ncomms4026

Fotos verlinkt von:

[1] VirginaTech: Environmentally friendly, energy-dense sugar battery developed to power the world’s gadgets
[2] Extremetech.com: Sugar-powered biobattery has 10 times the energy storage of lithium: Your smartphone might soon run on enzymes

 

1 / 2 / Auf einer Seite lesen

Kommentare (8)

  1. #1 Theres
    25. Januar 2014

    @Tomi
    Das ist ja super. eine tolle Entwicklung.
    Ist doch etwas weiter als die Apfelbatterie, die ich noch in der Schule kennen lernte 🙂 Aber wie nennt man das jetzt, Biotechnologie oder Bionik oder wie? Mir fehlt ein Schlagwort, obwohl ich hier gern mitlese .
    Und ich frage mich, wieso vorher keiner auf die Idee kam – oder wieso sie nicht umzusetzen war … Sind die verwendeten Enzyme erst seit kurzem bekannt?

    • #2 Tomi
      25. Januar 2014

      Hi,

      bislang wurde immer versucht, Enzyme zu verwenden, wie sie auch aus bekannten Prozessen – wie in den Muskeln – zu finden sind. Diese sind aber zu empfindlich und arbeiten eben nur in den Muskeln effizient; in diesen Zellen würden sie einfach eingehen oder den Zucker nicht gleichmäßig genug abbauen.
      Dementsprechend hat man Enzyme gezielt verändert und synthetisiert. Und bei diesem Prozess die richtige Menge der verschiedenen Komponenten einzustellen bedarf sehr viel Geduld. Und anders als bei einer Kartoffelbatterie wird hier nicht einfach nur Galvanik ausgenutzt, sondern es wird gezielt eine Organik oxidiert und die freiwerdenden Elektronen effizient eingefangen.

      In der “supplementary information”, die auch frei zugänglich ist, kann man sich weitere Diagramme und das Genom der Enzyme angucken.
      https://www.nature.com/ncomms/2014/140121/ncomms4026/full/ncomms4026.html#supplementary-information

      Was wäre nun eine passende Bezeichnung? Hm … Biontech passt eigentlich ganz gut, für Bionik sind mir einzelne Enzyme nicht lebendig genug 😉

  2. #3 Hobbes
    25. Januar 2014

    Wow, in die Richtung hatte ich noch gar nichts gehört. Überaus interessant. Und Potential scheint ja vorhanden zu sein. Für mehr Infos wäre ich dankbar.
    Besonders die Herstellung interessiert mich. Es ist doch bestimmt möglich solche Enzyme irgendwann in gentechnisch veränderten Bakterien her zu stellen. Sollte das der Fall sein werden einzig die Herstellung und Anbringung der CNBs ein relevanter Kostenfaktor sein.

    • #4 Tomi
      25. Januar 2014

      Wenn ich das in der Arbeit richtig verstanden habe, werden die Enzyme genauso hergestellt.
      Die Arbeit ist noch recht frisch, ich schätze mal, dass deswegen noch nicht viele andere Quellen aufgetaucht sind, aber wenn die angegebenen elektrischen Werte wirklich reproduzierbar und stabil sein sollte, werden wir in der nächsten Zeit sicherlich noch mehr davon hören 🙂

  3. #5 Fliegenschubser
    25. Januar 2014

    Oha. Sehr coole Sache. Aber ich denke, dass es noch ein wenig dauern wird, bis ein deratiges Produkt wirklich marktreif ist. Die Effizienz von Enzymen ist im allg. sehr stark temperaturabhängig. Wenn dieser Akku nun nur bei 30°C (wild geraten) plusminus 5°C gut funktioniert, ist es leider nicht alltagstauglich. Aber für bestimmte Anwendungen (der angesprochene Herzschrittmacher) mit konstanter Umgebungstemperatur ist es trotzdem ein großer Schritt nach vorn.

  4. #6 Alderamin
    27. Januar 2014

    @Tomi

    Für eine 15%-ige Maltrin-Lösung geben die Forscher an, die Energiedichte moderner Lithium-Ionen Akkus sogar mehr um das doppelte zu übertreffen.

    Wow, das ist mal eine Ansage.

    Ich gehe nicht davon aus, dass diese Technik den Li-Ionen Akkus Konkurrenz machen
    oder sie gar ersetzen könnte

    Wo siehst Du denn da das Hauptproblem? Die Automobilindustrie ist doch verzweifelt auf der Suche nach Akkus mit höherer Kapazität für den Elektrofahrbetrieb. Taugen diese Zellen dafür nicht? Sind sie zu teuer und zu aufwändig in der Herstellung? Am Rohstoffpreis dürfte es ja nicht liegen.

    • #7 Tomi
      29. Januar 2014

      Ich sehe das Hauptproblem im Temperaturbereich.
      Enzyme haben nur einen bestimmten Temperaturbereich, in dem sie gut funktionieren.
      Damit ist diese Technologie für Autos wohl nicht interessant. Da sind Anwendungen im Haus besser geeignet – vllt. sogar Laptops. Aber die Frage werden wir wohl erst beantworten können, wenn die Spezifikationen der Batterie fest stehen.

  5. #8 Alderamin
    29. Januar 2014

    @Tomi

    Verstehe, danke. Klar, Autos müssen ja auch im Winter fahren können.